# taz.de -- Zum Vorwurf der Flüchtlingsausbeutung: „Wir finanzieren uns übe… | |
> Erpresst die Ahmadiyya-Gemeinde Mitglieder, die in Deutschland Asyl | |
> suchen? Ihr Vorsitzender Abdullah Wagishauser wehrt sich. | |
Bild: In der Berliner Khadija-Moschee der islamischen Ahmadiyya-Gemeinde. | |
taz: Herr Wagishauser, Anhänger der Ahmadiyya-Gemeinde, die in Deutschland | |
Asyl suchen, brauchen einen Nachweis, dass sie in Pakistan religiös aktiv | |
waren und deshalb verfolgt wurden. Der Spiegel und das ARD-Magazin „Report | |
Mainz“ werfen Ihrem Verband vor, er würde diese Nachweise nur gegen hohe | |
Spendenzahlungen ausstellen. Was sagen Sie zu dem Vorwurf? | |
Abdullah Wagishauser: Der Kronzeuge aus dem ARD-Report ist vor etwa 15 | |
Jahren aus der Gemeinde ausgeschieden: Er wurde exkommuniziert, weil er für | |
einen Verwandten so eine Bescheinigung erschlichen hat, indem er falsche | |
Angaben gemacht hat. Dass sich so jemand negativ über die Gemeinde äußert, | |
ist nachvollziehbar, aber es wurde in dem Report nicht erwähnt. Die | |
Vorwürfe sind schlicht absurd. | |
Dass Ihr Verband ein Monopol darauf besitzt, solche Nachweise auszustellen, | |
öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Könnte nicht jemand anderes diese | |
Nachweise ausstellen? | |
Wir sind einfach die einzige autoritative Quelle. Diese Praxis wurde 1987 | |
durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden eingeführt und wird von anderen | |
Gerichten fortgeführt, mittlerweile ist das eine gängige Praxis. Und in all | |
diesen Jahren gab es keinen konkreten Fall, wo man der Gemeinde Missbrauch | |
vorgeworfen oder nachgewiesen hat. | |
Können Sie denn ausschließen, dass es in Ihrer Gemeinde schwarze Schafe | |
gibt, die aus der Notlage anderer Menschen Profit schlagen? | |
Natürlich nicht. Aber die Amtsinhaber unserer Gemeinde stehen unter einer | |
gewissen Kontrolle. Und es gibt keine Bereicherung in unserer Gemeinde, auf | |
keiner Ebene. Unser ganzes Führungsgremium arbeitet ehrenamtlich. Man muss | |
aber auch sagen, dass so eine Beurteilung – egal, wie sie ausfällt – nicht | |
allein über den Ausgang des Asylverfahrens entscheidet. Da gibt es eine | |
Verhandlung, die dauert sechs bis sieben Stunden. Die Bescheinigung fällt | |
da nur zu einem kleinen Teil ins Gewicht. | |
Könnte es für manche attraktiv sein, zur Ahmadiyya-Gemeinde zu | |
konvertieren, um hierzulande Asyl zu erhalten? | |
Das Verfahren wurde 1987 eingeführt, weil damals viele Pakistaner versucht | |
haben, mit der falschen Behauptung, sie wären Ahmadis, Asyl in Deutschland | |
zu erhalten. Aber in den letzten zwei Jahren gab es unter den Ahmadis, die | |
um Asyl gebeten haben, ganze zehn Konvertiten. Und von den 300.000 | |
Flüchtlingen, die in dieser Zeit nach Deutschland gekommen sind, waren | |
1.000 Ahmadis. Das sind überschaubare Zahlen. | |
Wie ist die Lage für die Anhänger der Ahmaidyya-Gemeinschaft in Pakistan | |
derzeit? | |
Katastrophal. In Pakistan gibt es Gesetze, die es Ahmadis verbieten, sich | |
als Muslime zu bezeichnen. Ein Verwaltungsgericht hat die Situation der | |
Ahmadis dort mit dem mittelalterlichen Begriff „vogelfrei“ bezeichnet. Wir | |
gehen davon aus, dass es in Pakistan 400.000 noch aktive Mitglieder unserer | |
Gemeinschaft gibt – und andere, die sich aus Angst nicht mehr als Ahmadis | |
bekennen. | |
Wie finanzieren sich die Gemeinden in der Diaspora? | |
Wir erhalten keine Schecks von irgendwelchen Scheichs und verfügen über | |
keine sprudelnden Ölquellen. Wir finanzieren uns ausschließlich aus den | |
Spenden unserer 36.000 aktiven Mitglieder. Spenden- und Opferbereitschaft | |
sind ein Teil des Islam, das steht schon im Koran. Alle unsere Mitglieder | |
beteiligen sich daran, und je länger sie hier sind, desto mehr spenden sie, | |
auch wenn ihr Asylverfahren längst abgeschlossen ist. Aber diese Spenden | |
sind freiwillig. Sie sind eher wie eine Kirchensteuer. | |
Es heißt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüfe die Vorwürfe. | |
Ermittelt auch die Polizei? | |
Nein. Ich glaube auch nicht, dass da viel hängen bleiben wird. Aber es ist | |
natürlich unangenehm und nimmt uns emotional mit. | |
2 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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