# taz.de -- Berliner Handy-App: Smart gegen Nazis | |
> Eine Handy-App vermeldet rechte Demos. Der Senat, BSR und Vattenfall | |
> unterstützen das Projekt. Das zeigt: Der Kampf gegen Rechte ist Konsens. | |
Bild: Hier sind keine Nazis zu sehen. Aber die App auf den Handys weiß, wo sie… | |
BERLIN taz | Auf dem Weg nach Hause vibriert das Handy. Angezeigt wird aber | |
keine SMS der Freundin oder E-Mail des Kollegen, sondern per sogenannte | |
Push-Nachricht die Information, dass nur zwei U-Bahn-Stationen weiter | |
gerade eine Kundgebung der NPD stattfindet, gegen die eine | |
Flüchtlings-Willkommensinitiative mit einer Kundgebung protestiert. | |
Die App des Netzwerks „Berlin gegen Nazis“ verdeutlicht die Standorte der | |
Kundgebungen auf einer Karte, informiert auf Deutsch, Türkisch oder | |
Englisch über Anmelder und Motto der Gegenkundgebung und leitet weiter zu | |
einem Hintergrundartikel zu aktuellen rechtsextremen Mobilisierungen gegen | |
Flüchtlinge. | |
Die App, bundesweit einmalig und seit Dienstag kostenlos verfügbar, soll | |
den Protest gegen Rechtsextreme vereinfachen. „Berlin braucht und verdient | |
ein breiteres, diverseres zivilgesellschaftliches Engagement gegen rechts“, | |
sagte Bianca Klose, Geschäftsführerin des Vereins für demokratische Kultur | |
in Berlin, der wiederum Träger des Netzwerks „Berlin gegen Nazis“ ist, am | |
Dienstag bei der Vorstellung des Kleinstprogramms. | |
„Mit der App schaffen wir eine zeitgemäße Ansprache und vervollständigen | |
das Informationsangebot“, so Klose, die als Leiterin der Mobilen Beratung | |
gegen Rechtsextremismus (MBR) gleichzeitig einen der wichtigsten Partner | |
des Netzwerks vertritt. | |
Eingespeist werden die Informationen von dessen MitarbeiterInnen. „Im | |
Gegensatz zu den sozialen Netzwerken werden Informationen hier nach | |
Verlässlichkeitskriterien gefiltert“, sagt Projektkoordinatorin Jessica | |
Zeller. Gerade bei unübersichtlichen Situationen sei das ein großer Vorteil | |
– für den man den Nachteil, dass die NutzerInnen nicht direkt selbst | |
Informationen über die App verbreiten können, in Kauf nehme. | |
Ob und wie man am Ende tatsächlich protestiert, bleibt natürlich jedem | |
selbst überlassen. Die über die App weitergegebenen Informationen | |
beschränken sich nicht nur auf angemeldete Kundgebungen: Auch Sitzblockaden | |
oder spontane Gegendemonstrationen sollen hier angezeigt werden. Die | |
ebenfalls am Dienst präsentierten Sitzkissen, bedruckt mit dem | |
Netzwerk-Logo, empfiehlt Klose augenzwinkernd „für Parkbänke, aber auch | |
lange Spaziergänge am nächsten Samstag oder Montag“. Gemeint sind damit | |
Proteste gegen die aktuellen rassistischen Mobilisierungen in Marzahn, Buch | |
und Köpenick – das Netzwerk gibt auf seiner Seite durchaus auch Tipps zu | |
Blockaden. | |
## Keine exklusive Angelegenheit | |
Antifa für alle, könnte man den dahinterstehenden Gedanken formulieren. Das | |
ist beachtlich: Denn unter den 20 Partnern von „Berlin gegen Nazis“ finden | |
sich keinesfalls nur die üblichen Verdächtigen einer Mobilisierung gegen | |
rechts. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) und der Energiekonzern Vattenfall | |
sind dabei, die Yorck-Kinogruppe und das „Tipi am Kanzleramt“, der | |
Landesseniorenbeirat und die Club Commission. | |
Gefördert wird das Netzwerk, die dazugehörige Internet-Plattform und auch | |
die App von der Senatsverwaltung für Integration. Senatorin Dilek Kolat | |
(SPD) nennt die App einen „persönlichen Begleiter für alle engagierten | |
Bürgerinnen und Bürger der Stadt“. | |
Neonazi-Aufmärsche zu blockieren ist also längst keine exklusive | |
Angelegenheit vermummter Linksradikaler mehr; an einer Gegenkundgebung | |
teilzunehmen schon gar nicht – die neue App ist ein Ausdruck dieser | |
Entwicklung. Von Antifa-Gruppen abgrenzen will man sich nicht: „Die Antifa | |
– das möchte ich deutlich sagen – ist unglaublich wichtig bei der | |
Verhinderung von Neonazi-Aufmärschen: | |
Die haben einen viel höheren Mobilisierungsfaktor als wir“, sagte Beatrice | |
Morgenthaler, Mitglied der AG Rechtsextremismus der Gewerkschaft Verdi. Die | |
App zeige aber auch anderen Menschen, „wo man hin muss, um den Nazis zu | |
zeigen: In meinem Namen sprecht ihr nicht“, so die 61-Jährige. | |
2 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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