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# taz.de -- Debatte: Einschüchterung von rechts
> Wer sich gegen Neonazis engagiert, wird bedroht – eine Diskussion zum
> Umgang mit Bedrohung durch rechte Gewalt in der Evangelischen Akademie.
Bild: Wer sich in Hellersdorf für Flüchtlinge einsetzt, lebt gefährlich.
„Vielleicht war ich naiv, aber ich dachte, das Landeskriminalamt würde mir
helfen“, sagt Luisa Seydel. Die junge Frau engagiert sich bei „Hellersdorf
hilft e. V.“ für Flüchtlinge und geriet in den vergangenen Monaten durch
ihre Arbeit ins Fadenkreuz der rechten Gegner. Bei der
Diskussionsveranstaltung „Keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung�…
in der Evangelischen Akademie zu Berlin erzählt sie am Montagabend von
ihren Erlebnissen.
Seydel ist eine von vielen UnterstützerInnen der Flüchtlinge, die
öffentlich bedroht werden. Nach einem Medienbericht über ihre Arbeit in
Hellersdorf seien etwa auf der Facebookseite der „Bürgerbewegung
Hellersdorf“ ihr bis dahin öffentlich nicht genannter Nachname, ihre
Arbeitsadresse und Fotos von ihr veröffentlicht worden. Im Netz habe sie
dann allerlei Beschimpfungen und Bedrohungen lesen müssen. „Tolle Frau –
180 Zentimeter unter der Erde“ oder „An die Wand und Loch in den Kopf
schießen“ habe da gestanden.
Gegen das LKA 5 erhebt Seydel nun Vorwürfe. Beim Sicherheitsgespräch hätte
man sie nicht ernst genommen und die Drohungen verharmlost, weil „Nazis und
Rassisten in der Regel nicht gewalttätig werden“ und „Brandanschläge
üblicherweise von Linksextremisten verübt werden“, steht in dem von ihr
verfassten Protokoll des Gesprächs.
## Gesprengte Briefkästen
Es werden in Berlin immer noch Migranten direkt bedroht, allerdings habe
sich die Stimmung ein Stück weit zugunsten der Flüchtlinge verändert, sagt
Bianca Klose von der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin“.
„Nun stehen die Menschen im Fokus, die sich für Flüchtlinge engagieren“,
sagt sie. Aktivisten, Journalisten und alle anderen Unterstützer der
Flüchtlinge seien die primären Gegner. Eingeworfene Scheiben, gesprengte
Briefkästen und brennende Autos sind wirksame Einschüchterungen, das
Internet vereinfacht zudem die anonyme Hetze und schnelle Verbreitung
persönlicher Daten enorm.
Allerdings seien die Gegner nicht so einfach an einer bestimmten Gruppe
festzumachen. „Diese Bürgerinitiativen, die sich vor allem in der Umgebung
der Flüchtlingsheime auftun, werden zwar von einigen in der Szene bekannten
Personen initiiert, aber unterstützt werden sie von konservativen Bürgern“,
sagt Frank Metzger vom „Antifaschistischen Pressearchiv und
Bildungszentrum“. Hier werde gezielt Stimmungsmache betrieben mit
Flugblättern, Demonstrationen und Übergriffen auf Unterstützer und
Flüchtlinge.
## Zivilcourage ermöglichen
Die Redner fordern am Montag mehr Schutz durch Beamte. „Die Täter könnten
sich durch das Verhalten der Polizei ermutigt fühlen weiterzumachen“, sagt
Bianca Klose. Man könne nicht einerseits Zivilcourage fordern, aber die
Menschen dann alleinlassen. Auch die NSU-Ermittlungen würden zeigen, dass
bei den Beamten Sensibilisierungsbedarf für Rechtsextremismus bestehe,
darüber sind sich Petra Pau (Linke) und Clara Herrmann (Grüne) bei der
Diskussionsveranstaltung einig.
Nur ein paar Stunden zuvor wurde der Innenausschuss des Berliner
Abgeordnetenhauses über die Konsequenzen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss
informiert. 47 Empfehlungen sollen eine gezielte Bekämpfung von
Rechtsextremismus unterstützen. So soll etwa bei jedem Opfer mit
Migrationshintergrund routinemäßig ein rassistisches Tatmotiv geprüft
werden, bislang entsprach das nicht dem Standard. „Das ist ein Anfang“,
sagt Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann abends. „Die Frage ist nun, ob diese
Empfehlungen auch praxistauglich sind.“
16 Sep 2014
## AUTOREN
Saskia Hödl
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