# taz.de -- Aufenthaltsgesetz neu geregelt: Leichter rein, leichter raus | |
> Das Kabinett hat beschlossen, dass gut integrierte Ausländer einfacher | |
> ein Bleiberecht erhalten. Doch auch Abschiebungen sollen erleichtert | |
> werden. | |
Bild: Unterricht in Erfurt. Wer bleiben will, muss Deutsch lernen. | |
BERLIN dpa | Bleiberecht für die einen, Abschiebung für die anderen: Die | |
Bundesregierung hat umfangreiche Änderungen im Aufenthaltsgesetz auf den | |
Weg gebracht. Ausländer, die bislang nur geduldet sind, sich aber gut | |
integriert haben, sollen bessere Möglichkeiten bekommen, längerfristig in | |
Deutschland zu bleiben. | |
Auf der anderen Seite will die Regierung dafür sorgen, dass kriminelle | |
Ausländer, aber auch andere Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung einfacher | |
abgeschoben und mit Wiedereinreisesperren belegt werden können. Das | |
Kabinett beschloss dazu am Mittwoch einen Gesetzentwurf. | |
In Deutschland leben derzeit mehr als 100.000 Geduldete - also Menschen, | |
deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber | |
nicht abgeschoben werden. Die Regierung will nun das Bleiberecht für | |
Geduldete ausweiten, und zwar – anders als bislang – unabhängig von einem | |
gesetzlichen Stichtag. | |
Voraussetzung ist, dass jemand mindestens acht Jahre in Deutschland lebt, | |
ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen und seinen Lebensunterhalt | |
überwiegend selbst sichern kann. Für Jugendliche, aber auch für Menschen | |
mit minderjährigen Kindern soll dies früher greifen – nach vier | |
beziehungsweise sechs Jahren. Nach Schätzungen der Regierung könnten | |
mehrere Zehntausend Menschen davon profitieren. | |
## Neuer „Ausreisegewahrsam“ | |
An anderer Stelle sind Verschärfungen geplant, und eine grundsätzliche | |
Neuordnung des Ausweisungsrechts. Künftig sollen die zuständigen Stellen | |
abwägen zwischen den Ausweisungsinteressen des Staates (zum Beispiel wenn | |
ein Ausländer eine Straftat begeht oder einer Terrorvereinigung angehört) | |
und den „Bleibeinteressen“ des Betroffenen (etwa familiäre Verhältnisse | |
oder Bindungen zu Deutschland). Außerdem bekommen die Behörden mehr | |
Möglichkeiten, Einreise- und Aufenthaltsverbote zu verhängen. | |
Die Regierung beklagt Vollzugsprobleme bei der Ausweisung und Abschiebung | |
von Ausländern und will diese mit den Änderungen beseitigen. Derzeit gibt | |
es demnach fast 40.000 ausreisepflichtige Menschen ohne Duldung. 2013 seien | |
aber nur etwa 10.000 Menschen abgeschoben worden. Hinzu kamen freiwillige | |
Ausreisen. | |
Zur Abwicklung von Abschiebungen will die Regierung einen neuen | |
„Ausreisegewahrsam“ einführen. Wenn eine Abschiebung anberaumt ist, der | |
Betroffene aber im Verdacht steht, dass er sich dem entziehen will, soll er | |
in Zukunft für maximal vier Tage in Gewahrsam genommen werden können – | |
möglichst direkt im Transitbereich eines Flughafens. | |
## Kritik von Pro Asyl | |
Auch die Möglichkeiten für die Anordnung von Abschiebehaft sollen | |
ausgeweitet werden. Als Anhaltspunkt dafür, dass sich jemand einer | |
Abschiebung entziehen will, soll etwa gelten, wenn er seine Identität | |
verschleiert oder „erhebliche Geldbeträge“ an einen Schleuser gezahlt hat, | |
um nach Deutschland zu gelangen. In solchen Fällen kann der Betroffene in | |
Abschiebehaft landen. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisiert dies | |
scharf – wie auch andere Teile der Reform. | |
Das Innenministerium hatte bereits vor Monaten einen ersten Entwurf dazu | |
vorgelegt. Seitdem lief die Ressortabstimmung. Nach Angaben aus | |
Regierungskreisen ist eine Zustimmung des Bundesrates nicht nötig. Die | |
Länderkammer hatte sich zuletzt gerade bei Gesetzesplänen zur Asylpolitik | |
mehrfach quergestellt. | |
3 Dec 2014 | |
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