# taz.de -- "Hausbesuch" bei Herrmann: Echt alle Maßstäbe verloren | |
> Politische Hausbesuche sind ein umstrittenes, aber genutztes Instrument | |
> linker Aktivisten. Wieso bringen sie die Grünen mit der NS-Zeit in | |
> Verbindung? | |
Bild: Kreuzbergs Bürgermeisterin Herrmann und die Flüchtlinge, hier im April … | |
Ein Dutzend Pappkartons vor der Wohnungstür. Der zynische Gruß „Frohes | |
Fest“ ins Treppenhaus gesprüht. Mit ihrem [1][„Besuch“ im Wohnhaus von | |
Kreuzbergs grüner Bürgermeisterin Monika Herrmann] hat die Aktivistengruppe | |
„autonome zelle umzug“ am Sonntag die Kreuzberger Flüchtlingspolitik | |
kritisieren wollen. Und im Wortsinn eine Schwelle überschritten. | |
Die Reaktionen waren entsprechend. Über den „Anschlag“ stöhnten Presse und | |
Politiker aller Parteien. Der Grünen-Landesverband echauffierte sich auf | |
Facebook: „Wir dachten immer: Diese Art der politischen Hausbesuche sind | |
seit 1945 beendet.“ Nun ja, Nazi-Vergleiche rutschen schnell mal raus bei | |
großer Empörung. Sinnvoll sind sie selten. Kritisch wird es, wenn sie auch | |
noch falsch sind. | |
Politische Hausbesuche sind ein umstrittenes, aber dennoch genutztes | |
Instrument linker Aktivisten. So organisierte der FU-Professor Peter | |
Grottian [2][2002 einen Grunewald-Spaziergang zu den Privathäusern von | |
Bankern und Politikern], um sie an ihre Verantwortung im Berliner | |
Bankenskandal zu erinnern. 1.500 Leute kamen. Die Grünen-Fraktion | |
[3][begrüßte die Aktion]. | |
Vorläufer war ein Grunewald-Spaziergang 1981. „Demonstranten besuchen | |
Spekulanten“ hieß damals das Motto beim Protestzug von 5.000 Sympathisanten | |
der Hausbesetzer. Wer sich daran nicht mehr erinnert, kann ganz aktuell die | |
[4][West:Berlin-Ausstellung] im Ephraim-Palais besuchen. Dort findet sich | |
ein Plakat zu der Demo, samt Stadtplan mit Adressen und Namen aller | |
Spekulanten. Als Erstaufrufer steht darunter die AL. Also: die Alternative | |
Liste. So hießen damals die Berliner Grünen. | |
Nun kann man streiten, was schlimmer ist: wenn jemandem ein paar Kartons | |
vor die Wohnungstür gestellt werden oder wenn Tausende vor der Villentür | |
defilieren? Doch der Effekt ist der gleiche. [5][Der Spiegel warf damals in | |
einem Interview] den Früh-Grünen vor, sie hätten „21 Bürger an den Pranger | |
gestellt“ und „Angst und Schrecken verbreitet“. Die angesprochenen ALer | |
hielten das für „überzogen“. Schade, wenn die heutigen Grünen vergleichb… | |
Aktionen in die Nähe des Faschismus rücken. | |
Und unnötig. Denn tatsächlich alle Maßstäbe verloren haben diese Autonomen, | |
die der einzigen Politikerin auf die Füße treten, die etwas für die | |
Flüchtlinge tun wollte. Nähme man die Papp-Aktivisten ernst, hieße das, | |
dass man es als verantwortlicher Politiker nicht einmal mehr versuchen | |
sollte. | |
6 Dec 2014 | |
## LINKS | |
[1] /Protest-gegen-gruene-Fluechtlingspolitik/!150463/ | |
[2] /1/archiv/ | |
[3] /1/archiv/ | |
[4] http://west.berlin/ | |
[5] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14331969.html | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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