# taz.de -- Der Hausbesuch: Eine ewige Liebe | |
> Kristen und Rob, die Stars aus „Twilight“, sind ihre Inspiration. Zuhause | |
> bei den Vampirfilm-Fans Leonie, Bruni und Jenny in Berlin. | |
Bild: Einmal „Twilight“-Fan, immer „Twilight“-Fan. | |
Eine ruhige Seitenstraße in Berlin-Zehlendorf. Hier wohnt Leonie, 18, mit | |
ihrem Vater und ihrem jüngeren Bruder. Zu Besuch sind Bruni, 24, und Jenny, | |
29, mit denen sie den Fan-Blog [1][stewartandpattinsonsupport.blogspot.de] | |
betreibt. Die drei befassen sich dort mit Kristen Stewart und Robert „Rob“ | |
Pattinson – dem Hauptdarstellerduo aus den „Twilight“-Verfilmungen. In | |
„Twilight“ – den vier Romanen von Stephenie Meyer sowie den fünf | |
Filmadaptionen – wird die Liebesgeschichte zwischen der Schülerin Bella und | |
dem Vampir Edward erzählt: eine ewige Liebe dank ewigem Leben. | |
Draußen: Ein Grundstück mit drei Hausnummern – der Wohnraum mehrerer | |
Familien mit Kindern. Ein breites Gebäude aus den 1920er Jahren, mit | |
blassgelb-weißem Anstrich, vielen Fenstern und braunen Ziegeln. Links und | |
rechts führen Wege zu Seitengebäuden. | |
Drinnen: Leonies Schatzkammer – das zwölf Quadratmeter große Zimmer eines | |
Fan-Girls. Hier lebt jemand mit tief empfundener Leidenschaft für zwei | |
Stars. Auf einem Holzbrett am Bett steht ein Hochzeitsfoto von Bella und | |
Edward aus dem vierten „Twilight“-Teil. An der Wand hängt ein Vogue-Cover | |
mit Kristen-Stewart-Signatur, ergattert bei einem Fan-Event in Berlin. Im | |
Regal lehnt sich eine Edward-Figur lässig gegen die „Twilight“-Bände. Und | |
überall an den Wänden Poster: Kristen Stewart als Rockstar, Kristen Stewart | |
als Schneewittchen, Robert Pattinson als Milliardär. | |
Alles in diesem Zimmer ist Zeugnis glühender Begeisterung für die beiden | |
„Twilight“-Schauspieler. Aus der Parfümflasche im DVD-Regal strömt der | |
Duft, den Kristen beworben hat. Bücher, die keine „Twilight“-Bände sind, | |
sind Romane, auf denen Stewart- oder Pattinson-Filme basieren. Keine | |
Zierde, sondern Lesestoff. Darunter sind auch Klassiker wie „Unterwegs“ von | |
Jack Kerouac – der Roman wurde 2012 mit Kristen Stewart verfilmt. | |
Was machen sie? Wenn Leonie, Bruni und Jenny sich treffen, schwelgen sie in | |
Erinnerungen (Jenny: „Man kann Erlebtes immer wieder miteinander | |
austauschen“). Zum Beispiel Bruni und Jenny bei der Londonpremiere des | |
letzten „Twilight“-Teils – „wir sind um drei Uhr morgens aufgestanden�… | |
sagt Bruni; sie warteten 14 Stunden am roten Teppich, bis Kristen und Rob | |
auftauchten (Bruni: „Der Platz war megatoll, in der ersten Reihe“) – dann | |
konnten sie Fotos machen (Bruni: „Das war der Fan-Girl-Moment für mich“). | |
Sie schauen sich die Bilder immer wieder an. Alle drei haben auch schon bei | |
einem zehnstündigen „Twilight“-Kinomarathon mitgemacht – mit allen fünf | |
Filmen nacheinander. | |
Was denken sie? „Alles, was wir mögen, hat mit denen zu tun“, sagt Leonie | |
über Kristen und Rob. Bruni, Jenny und sie lesen sämtliche Interviews mit | |
den beiden und suchen möglichst alle Fotos von ihnen – auf Facebook, | |
Twitter und so weiter. Erwähnt Rob in einem Interview beispielsweise, dass | |
ihm ein Sänger gefällt, informieren die drei sich im Netz über dessen | |
Musik. Leonie nennt Kristen und Rob eine „Inspiration“. | |
Leonie: Sie wurde 1996 in Berlin geboren und wohnt in dieser Wohnung beim | |
Vater und auch ganz in der Nähe bei ihrer Mutter. Seit sie zwölf ist, ist | |
sie „Twilight“-Fan. Sie wurde durch Mitschülerinnen auf die Bücher | |
aufmerksam, dann kam der erste Film („Twilight war meine Jugend“). Nach dem | |
Abi hat sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau bei einem Filmverleih | |
begonnen: „Auf der Arbeit fühl ich mich total wohl.“ | |
Bruni und Jenny: Bruni stammt aus Gera. Sie lieh sich 2009 aus Neugier die | |
„Twilight“-DVD aus und guckte den Film dann wochenlang, jeden Tag. Sie lebt | |
in Dresden in einer WG, seit sie vor anderthalb Jahren eine Ausbildung zur | |
Medienkauffrau angefangen hat. Ihr Freund wohnt in Gera. Jenny machte nach | |
dem Abi ein freiwilliges soziales Jahr in einem Kinderladen, dann eine | |
Ausbildung. Seit achteinhalb Jahren arbeitet sie bei einer Softwarefirma; | |
per Abendstudium hat sie noch den Bachelor in Business Administration | |
gemacht. | |
Die „Twilight“-Werke haben Jenny durchs Abendstudium begleitet: Sie spielte | |
eine Zeit lang die Bella in Online-Rollenspielen auf der | |
Community-Plattform studiVZ („Zwei, drei Leute treffen sich online und | |
erzählen eine Geschichte“). Sie wohnt mit ihrem Freund in Ku’damm-Nähe. | |
Fan sein: Leonie fand früher „Die Wilden Hühner“ toll – eine Buch- und | |
Filmserie über eine Mädchenbande („In der Schule hatten wir dann auch | |
selber so eine Bande“). Zudem war sie „Harry Potter“-Fan – wie Jenny, d… | |
noch Hertha BSC verehrte. Auch Bruni war schon immer Fan – sie mochte etwa | |
die Girlgroup „No Angels“. Für „Twilight“ hält die Begeisterung bei a… | |
bis heute an. | |
Warum „Twilight“? Das Reizvollste: die Beziehung zwischen den Hauptfiguren, | |
„dieses Knistern“, diese bedingungslose Liebe zwischen Bella und dem | |
Vampir. Leonie gefällt, dass Bella „ein ganz normales Mädchen“ ist. Und | |
Edward? „Ein Beschützer, ein Gentleman“, sagt Jenny. | |
Alltag: Neben ihrer Berufstätigkeit bloggen die drei über Kristen und Rob | |
(Leonie stieß im April 2014 hinzu). Sie stellen in ihrem Blog Fotos und | |
Interviews zusammen und kommentieren sie. Das kann auch mal Zeit fressen | |
(„zwei bis drei Stunden“). Sie könnten so aber ihre Kreativität ausleben, | |
sagt Jenny. Und es gehe ihnen nicht um Promi-Klatsch, sondern um die neuen | |
Filmprojekte der beiden – um Filmkunst. | |
Edward – ihr Traummann? „Nee! Haben wir schon oder suchen wir noch“, sagt | |
Bruni. „In der Fiktion kann’s nicht kitschig genug sein.“ Aber in der | |
Realität müsse es nicht so sein wie in „Twilight“, sagt Leonie. | |
Wann sind sie glücklich? „Just live your dreams“, sagt Jenny. Sie ist | |
letztes Jahr einen 10-Kilometer-Lauf gelaufen. Und hat bei einem | |
US-Roadtrip den „Twilight“-Schauplatz (Forks, Washington) aufgesucht. Den | |
Traum, mal in Ruhe mit Kristen und Rob zu quatschen, hoffen Leonie, Bruni | |
und Jenny irgendwann noch ausleben zu können. | |
3 Feb 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://stewartandpattinsonsupport.blogspot.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Köhnemann | |
## TAGS | |
Fankultur | |
Hausbesuch | |
Social Media | |
Vampire | |
Feminismus | |
Monika Herrmann | |
Vampire | |
Halloween | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
StudiVZ-Gründer zieht Bilanz: „Das war total crazy“ | |
Er gründete das Online-Netzwerk StudiVZ, erfand das Gruscheln und wurde so | |
steinreich. Heute ist StudiVZ pleite – und Dennis Bemmann? | |
Spielfilm „Underworld: Blood Wars“: Neue und alte Käfige | |
Es ist der erste Film aus der Underworld-Reihe, in der eine Frau Regie | |
geführt hat. Auch in diesem Teil treten Vampire gegen Werwölfe an. | |
Feministischer Vampirfilm: Tröstliche Schatten | |
Kleinkriminelle, Prostituierte, Junkies und andere Nachtschattengewächse | |
bevölkern „A Girl Walks Home Alone at Night“, von Ana Lily Amirpour. | |
"Hausbesuch" bei Herrmann: Echt alle Maßstäbe verloren | |
Politische Hausbesuche sind ein umstrittenes, aber genutztes Instrument | |
linker Aktivisten. Wieso bringen sie die Grünen mit der NS-Zeit in | |
Verbindung? | |
Film über Vampir-WG: Der Abwasch der Vampire | |
Die schrullig-liebevolle Fake-Doku-Komödie „5 Zimmer, Küche, Sarg“ | |
beobachtet den ganz gewöhnlichen Vampir-Alltag. | |
Vampirfilme zu Halloween: Vergnügungssüchtige Hedonisten | |
Es ist Halloween: Vampirfilme laufen deshalb auf allen Kanälen. Die | |
Geschichte eines Blutsaugers, der aus der Aufklärung stammt. | |
„Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 2“: Die Wunschmaschine der Mädchen | |
Mit „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht“ endet die „Twilight“-… | |
Auch Teil 2 bedient hemmungslos Mädchenfantasien und -eitelkeiten. |