# taz.de -- Der Mindestlohn kommt: Umgehungsversuche der Arbeitgeber | |
> Der Mindestlohn kommt zum 1. Januar - nicht für alle. Und die Arbeitgeber | |
> suchen nach weiteren Wegen, um ihn nicht zahlen zu müssen. | |
Bild: Auch Zeitungsausträger bekommen den Mindestlohn nur, wenn sie über 18 J… | |
BERLIN dpa | Gut zwei Wochen vor dem Start des Mindestlohns wirft der | |
Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Arbeitgebern gezielte Versuche zur | |
Umgehung der Lohnuntergrenze vor. Anwälte berieten Unternehmen dabei, sagte | |
das DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur in | |
Berlin. „Eine der größten Lücken betrifft die Jugendlichen.“ Die | |
Arbeitgeber wiesen die Vorwürfe zurück. | |
Beim DGB suchen laut Körzell etwa Austräger Rat. Sie seien vom Arbeitgeber | |
gefragt worden, ob Minderjährige in der Familie seien. „Auf diese sollte | |
dann der Auftrag umgeschrieben werden, so dass der Mindestlohn entfällt – | |
auch wenn weiter die Erwachsenen die Zustellung machen würden“, sagte | |
Körzell. „Diesen Umgehungstatbestand halte ich für eine Sauerei.“ | |
Andere Unternehmen wollten Langzeitarbeitslose nur für sechs Monate | |
einstellen. So lange wird kein Mindestlohn fällig. Die Strategie sei, die | |
Betroffenen dann durch andere Arbeitslose zu ersetzen. „Wir werden | |
diejenigen, die bereit sind, gegen solche Praktiken zu klagen, vor den | |
Gerichten vertreten“, kündigte Körzell an. Es könnten aber nur | |
Gewerkschaftsmitglieder vertreten werden. | |
„Wir werden auch dafür sorgen, dass diese Arbeitgeber bei der zuständigen | |
Finanzkontrolle Schwarzarbeit an den Pranger gestellt werden, damit sie auf | |
lange Sicht ihr Handwerk gelegt bekommen.“ | |
Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums warnte: „Arbeitgeber müssen bei | |
Nichteinhaltung der geltenden Regeln mit hohen Strafen rechnen.“ | |
Entsprechend Angebote für Rechtsberatung seien auch unseriös, „wenn sie | |
vorgaukeln, es gäbe legale Wege der Zahlung von weniger als 8,50 Euro pro | |
Stunde.“ Der Mindestlohn gilt ab 1. Januar. | |
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warf dem DGB | |
vor, den Unternehmen rechtswidrige Absichten zu unterstellen, bevor der | |
Mindestlohn überhaupt in Kraft getreten ist. | |
## Arbeitgeberverbände sind erbost | |
„Statt die Risiken eines flächendeckenden Mindestlohns für Beschäftigung | |
und Konjunktur in den Blick zu nehmen, wird mit haltlosen Vorwürfen | |
Stimmung gemacht“, so ein Sprecher. | |
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Welt am Sonntag zudem, | |
viele Betriebe reagierten geschockt auf die neue Pflicht, die Arbeitszeiten | |
für zusätzliche Beschäftigtengruppen zu erfassen und zu dokumentieren. | |
„Das Gesetz wird eine Bürokratie-Geißel gerade für kleinere Betriebe“, so | |
Wollseifer. Auch die Bauindustrie übte scharfe Kritik. „Wirtschaftsminister | |
Sigmar Gabriel redet von Bürokratieabbau, und Sozialministerin Nahles setzt | |
neue Bürokratie-Monster in die Welt“, sagte Michael Knipper, | |
Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie. | |
Laut Focus sollen die Folgen des Mindestlohns in den kommenden drei Jahren | |
in einer großen Studie erforscht werden. Unter Federführung des DIW Berlin | |
würden dazu 25.000 Beschäftigte befragt. | |
14 Dec 2014 | |
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