# taz.de -- Führerloses Flüchtlingsschiff „Ezadeen“: 360 Menschen sind in… | |
> Die „Ezadeen“ ist in Italien gelandet. Das Frachtschiff trieb ohne | |
> Besatzung und mit hunderten Flüchtlingen an Bord im Mittelmeer. Die | |
> meisten von ihnen stammen aus Syrien. | |
Bild: Überlebt: Flüchtlinge nach ihrer Rettung in Corigliano. | |
ROM dpa | Hunderte Migranten sind nach ihrer Rettung durch die italienische | |
Küstenwache von einem führerlosen Frachter in Italien an Land gegangen. Die | |
etwa 360 Flüchtlinge, unter ihnen viele Kinder und schwangere Frauen, | |
stammen überwiegend aus Syrien. Sie konnten am frühen Samstagmorgen im | |
kalabrischen Corigliano Calabro den Frachter „Ezadeen“ verlassen. Die | |
Küstenwache hatte die Zahl der Flüchtlinge zuerst mit 450 angegeben; laut | |
Nachrichtenagentur Ansa waren aber deutlich weniger Menschen auf dem | |
Schiff. | |
Die Flüchtlinge wurden medizinisch betreut und danach in Aufnahmelager | |
gebracht, wie Ansa berichtete. Sie waren bei der Fahrt über das Meer von | |
Schleusern auf dem Frachter ohne Besatzung ihrem Schicksal überlassen | |
worden. | |
Der zweite Vorfall dieser Art binnen weniger Tage hat Diskussionen über | |
diese neue Methode der Menschenschmuggler-Banden ausgelöst. Seit September | |
sei ein Trend zum Einsatz von Frachtschiffen zu beobachten, um „die Zahl | |
der Flüchtlinge auf den Booten zu erhöhen“, sagte Carlotta Sami, die | |
Sprecherin der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR für Südeuropa, der Zeitung | |
La Repubblica. Mit dem Ende des italienischen Rettungseinsatzes „Mare | |
Nostrum“ wachse der Druck auf Länder wie die Türkei und Griechenland. | |
Italiens Küstenwache hatte den fast 50 Jahre alte Viehtransporter | |
„Ezadeen“, der unter der Flagge Sierra Leones fuhr, am Donnerstagabend | |
entdeckt. Mit Hunderten Migranten an Bord trieb das Schiff manövrierunfähig | |
vor der italienischen Küste. Der Treibstoff war ausgegangen und die | |
Besatzung hatte den Frachter verlassen. In einer dramatischen | |
Rettungsaktion seilten sich die Einsatzkräfte von einem Helikopter auf das | |
Schiff ab. Anschließend wurde es zur Küste geschleppt. | |
„Die Frachter müssten eigentlich sicherer sein als die kleinen Boote“, | |
erklärte Sami. „Aber es handelt sich um alte Schiffe ohne elektronische | |
Ausrüstung oder Radar. Das erhöht das Risiko von Tragödien.“ Auch die | |
Küstenwache warnte vor der Gefahr führerloser Frachter auf Autopilot für | |
andere Schiffe. [1][Bereits am Mittwoch] hatten die italienischen Behörden | |
den Frachter „Blue Sky M“ mit knapp 800 Menschen an Bord auf hoher See | |
gestoppt und die Menschen gerettet. | |
## Kritik von Polizeigewerkschaftler Wendt | |
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, nannte es | |
einen großen Fehler, dass „Mare Nostrum“ vom Einsatz „Triton“ abgelöst | |
wurde, der von der EU-Grenzschutzagentur Frontex koordiniert wird. Nun | |
werde den gut organisierten „Schleusern das ganze Mittelmeer überlassen, | |
und nur in Küstennähe wird Europa aktiv“, [2][sagte Wendt dem | |
Handelsblatt]. | |
„Die Europäische Union wäre gut beraten, in den (Mittelmeer-) | |
Anrainerstaaten mit Verhandlungen, Anreizen und Beratung dafür zu sorgen, | |
dass Flüchtlinge möglichst gar nicht erst diese Schrottkähne besteigen | |
können.“ Asylbegehren könnten außerhalb der EU vorgeprüft werden, sagte | |
Wendt. | |
3 Jan 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Fluechtlingsboot-vor-Italien-gerettet/!152096/ | |
[2] http://www.handelsblatt.com/politik/international/kritik-der-polizeigewerks… | |
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