# taz.de -- Flüchtlingspolitik der EU: Die Tragödie findet kein Ende | |
> Innenkommissar Dimitris Avramopoulos legt ein Vier-Punkte-Programm für | |
> Flüchtlinge vor. Auf schnelle Hilfe können sie nicht mehr hoffen. | |
Bild: Da gab es „Mare Nostrum“ noch: afrikanische Flüchtlinge auf einem Sc… | |
BRÜSSEL taz | Die EU findet keine Antwort auf die neue Flüchtlingskrise im | |
Mittelmeer. „Menschen sollten nicht ihr Leben riskieren müssen, um in | |
Europa Schutz zu finden“, sagte Innenkommissar Dimitris Avramopoulos bei | |
einer Anhörung vor dem Europaparlament in Straßburg. Doch eine Antwort auf | |
die neue skrupellose Taktik der Schlepper, Flüchtlinge in unbemannten | |
Geisterschiffen nach Europa zu schicken, blieb der Grieche schuldig. | |
Vor zwei Wochen waren die Frachtschiffe „Ezadeen“ und „Blue Sky M“ nur | |
knapp einer Katastrophe entgangen, als sie mit mehr als 1.000 Menschen an | |
Bord führerlos auf die italienische Küste zusteuerten. Insgesamt vermeldet | |
die EU seit September 2014 schon 15 Zwischenfälle mit alten, oft | |
schrottreifen Frachtschiffen. Viele Boote kommen aus der Türkei mit | |
syrischen Flüchtlingen an Bord. | |
Das EU-Parlament wollte nun mit Avramopoulus über mögliche Gegenstrategien | |
beraten. Doch die Sitzung endete ohne konkrete Ergebnisse. Zwar stellte die | |
EU-Kommission einen Vier-Punkte-Plan vor. So will Brüssel in Zukunft | |
verhindern, dass sich Menschen überhaupt in die Hände von Schmugglern und | |
Seelenverkäufern begeben – etwa mittels Informationskampagnen und mehr | |
Schutzangeboten außerhalb Europas. | |
Zweitens will Avramopoulos mehr Informationen über die Routen und die | |
Arbeitsweisen der Schlepper sammeln lassen. Nationale und internationale | |
Polizeibehörden sollen sich besser austauschen. Weitere Aktionen zielen auf | |
eine bessere Strafverfolgung von Schmugglern und auf eine intensivere | |
Zusammenarbeit mit Durchreise- und Herkunftsländern. So will die EU ihnen | |
Geld und Expertise zukommen lassen, damit sie selbst gegen Schleuser | |
vorgehen. | |
## Linderung der humanitären Katastrophe | |
Schon bisher hatte die EU-Kommission hilflos auf die Boat-People im | |
Mittelmeer reagiert. Nur die von Italien ausgerufene Hilfsaktion „Mare | |
nostrum“ hatte vorübergehend für eine Linderung der humanitären Katastrophe | |
mit vielen hundert Ertrunkenen gesorgt; doch sie wurde ersatzlos | |
eingestellt. | |
Grüne und Sozialdemokraten reagierten denn auch verbittert auf das | |
Scheitern der EU. „Das Seenotrettungsprogramm 'Mare nostrum' auslaufen zu | |
lassen war ein großer Fehler“, kritisierte die grüne Europaabgeordnete Ska | |
Keller. So überlasse die EU das Mittelmeer brutalen Schleuserbanden und | |
gefährde das Leben von Hunderten von Menschen. „Wir brauchen sichere und | |
legale Wege für Flüchtlinge“, fordert Keller. | |
Kritik kam auch von der SPD. „Die Schlepperbanden und ihre neuen Methoden, | |
Flüchtlinge über das Mittelmeer zu schleusen, sind bloß ein Symptom, aber | |
nicht der Kern des Problems,“ so die innenpolitische Sprecherin Birgit | |
Sippel. „Die eigentliche Tragödie ist, dass Menschen, die Schutz suchen, | |
keine Möglichkeit haben, über sichere Wege nach Europa zu gelangen.“ Die EU | |
müsse hierfür neue Mittel und Wege finden. | |
14 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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