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# taz.de -- Radsport in Deutschland: Renaissance der Berufsradler
> Nach dem Neustart wollen nun alle bei der Tour de France dabei sein: zwei
> Profirennställe, das Fernsehen und die deutschen Städte.
Bild: Lobbying machte sich bezahlt: In Deutschland glaubt man wieder an den Rad…
Deutschland ist wieder Radsportland. Auch offiziell und auf höchster Ebene.
Das kann man ganz gut am Terminkalender der wohl wichtigsten Figur in der
Sport-Entertainmentbranche Straßenradsport ablesen: Im November letzten
Jahres eilte Christian Prudhomme, Direktor der Tour de France, ins
oberbayrische Raubling, um dort als Ehrengast die Teampräsentation des
zweitklassigen deutschen Teams Bora Argon 18 aufzuwerten.
In dieser Woche schaute er beim medialen Großereignis der Teampräsentation
des ebenfalls mit deutscher Lizenz angemeldeten Pro Tour Rennstalls Giant
Alpecin in der französischen Botschaft in Berlin vorbei. Zwischendurch war
er in Münster. Die Stadt hat sich für den Grand Depart der Tour de France
2017 beworben. Bad Homburg und das gesamte Saarland wollen da Etappenstädte
sein.
Pikante Personalie ist zudem, dass Heiko Maas, einst SPD-Spitzenkandidat im
Saarland und politischer Ziehsohn Oskar Lafontaines, der sich jetzt als
Bundesminister für Justiz für ein Antidopinggesetz stark macht, ebenfalls
beim Alpecin-Event in der französischen Botschaft anwesend war. Maas ist
selbst als Triathlet aktiv und dürfte einige politische Drähte für ein
Tour-Abenteuer in der alten Heimat spielen lassen.
Deutschland jedenfalls ist von Bedeutung im globalen Radsportgeschäft. Das
betonte auch UCI-Präsident Brian Cookson, der beim Schaulaufen in Berlin
nicht fehlte. Man darf all dies als späten indirekten Beweis werten, welche
Verwerfungen der Ausstieg von ARD und ZDF aus der Tourberichterstattung
ausgelöst hatte. Zwar spielten Prudhomme & Co. die Auswirkungen gern
herunter. Die intensive Reisetätigkeit der Radsportprominenz nach
Deutschland weist aber auf die Wichtigkeit des deutschen Werbemarkts für
diese Branche hin.
Das Lobbying machte sich bezahlt. Die ARD steigt wieder in die
Tourübertragung ein und zahlt wieder für ihre Übertragungsrechte.
Allerdings weit weniger als zuvor. Knapp 5 Millionen Euro kosten nach
ARD-Informationen die Jahre 2015 und 2016. Für 2009 bis 2011 waren noch 20
Millionen Euro fällig. Die Dopingskandale haben den Radsport rabattfähig
gemacht. Auch eine Doping-Ausstiegsklausel ist im Vertrag vereinbart.
Ergebnis eines langen Lernprozesses.
## Kittel und Degenkolb als Galionsfiguren des neuen Radsports
Umso verständlicher wird auch, warum UCI-Präsident Cookson nur eine einzige
Teampräsentation in diesem Jahr besucht und nicht etwa zum unter
Performance-Aspekten sicherlich spektakulären Teamlaunch von Astana in die
kasachische Ölboomtown eilt. Astana mit zuletzt fünf Dopingfällen im Pro
Tour Team und dessen Ausbildungsfiliale ist sicher das Gegenbeispiel zum
neuen deutschen Rennstall, der im letzten Jahr noch unter holländischer
Flagge fuhr und sich – durchaus glaubwürdig – Performance-Verbesserung ohne
den Gang zur Apotheke zur Geschäftsgrundlage auserkoren hat.
Marcel Kittel, der Vorzeigefahrer des Teams, begrüßt jedenfalls die neuen
Regelungen der UCI, die Sperren für ein komplettes Team bei mehreren
Dopingfällen binnen eines Jahres vorsehen. „Es ist sicher gut, die Regeln
zu verschärfen und klarzumachen, dass es keine Toleranz gegenüber
Manipulationen gibt“, erklärte Kittel und wertete die Änderung als eine Lex
Astana: „Man wusste im letzten Jahr beim Lizenzverfahren ja nicht, wie weit
man mit den Regeln gehen kann.“
Andererseits: Hätte UCI-Präsident Brian Cookson die Chuzpe gehabt, die
verschärften Regelungen bereits im letzten Jahr einzuführen, hätte das Team
des Toursiegers Vincenzo Nibali die neue Saison als Zuschauer begonnen.
Kittels Teamkollege John Degenkolb fordert sogar noch härtere Konsequenzen.
„Das geht in die richtige Richtung. Man hätte die Schraube aber noch mehr
anziehen und aggressiver vorgehen können“, stellte er in Berlin fest.
Kittel und Degenkolb sind zu Galionsfiguren des neuen Radsports auserkoren
worden. Zudem hofft der zweitklassige deutsche Rennstall Bora-Argon 18 auf
eine Tour-de-France-Teilnahme. Was aber passiert bei einer sportlichen
Krise? Der Druck und die lange Zeit branchenüblichen Versuchungen würden
zunehmen. Der deutsche Radsport steht vor großen Bewährungsproben.
10 Jan 2015
## AUTOREN
Tom Mustroph
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