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# taz.de -- Untersuchung zu Bakterien: Filet mit gefährlichen Keimen
> Umweltschützer finden antibiotika-resistente Bakterien auf Putenfleisch,
> zum Beispiel von Aldi. Sie sehen die Schuld bei der industriellen
> Tierhaltung.
Bild: Putenfleisch (ganz links) ist oft mit Keimen belastet.
BERLIN taz | Putenfleisch aus Discountern enthält oft Krankheitskeime, die
sich nicht mit Antibiotika bekämpfen lassen. Ein Labor habe derartige
Bakterien in 88 Prozent von insgesamt 57 Proben in Filialen von Aldi, Lidl,
Netto und Penny sowie Real gefunden, teilte der Bund für Umwelt und
Naturschutz (BUND) am Montag mit. Zwar sei diese Stichprobe nicht
repräsentativ. Aber sie weise darauf hin, „dass offensichtlich eine
erhebliche Belastung von Lebensmitteln mit antibiotikaresistenten Keimen
vorliegt“.
Solche Bakterien können besonders gefährlich sein. Patienten mit der gegen
die Medikamente unempfindlichen Keimart MRSA beispielsweise haben laut
Weltgesundheitsorganisation ein 64 Prozent höheres Todesrisiko als die
Patienten mit einer nicht resistenten Variante. Die EU-Seuchenschutzbehörde
ECDC schätzt, dass jährlich 25.000 Menschen in Europa infolge von
Infektionen mit resistenten Erregern sterben.
MRSA hat auch das vom BUND beauftragte Labor im Putenfleisch nachgewiesen.
Außerdem fanden die Experten Bakterien, die ESBL-Enzyme bilden und so
ebenfalls bestimmte Antibiotika unwirksam machen.
Bei guter Küchenhygiene sollte das für den Verbraucher aber keine Gefahr
sein. Denn die Bakterien werden dem staatlichen Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) zufolge beim Garen getötet. Allerdings: Werden etwa
Hände, Messer oder Bretter nach Kontakt mit kontaminiertem Fleisch nicht
richtig gewaschen, so können Keime auf nicht zu kochende Lebensmittel wie
Salatblätter übertragen werden.
## Fleisch von den größten Geflügelfleischfirmen Deutschlands
Die Proben stammten den Umweltschützern zufolge aus 12 deutschen
Metropolregionen wie Berlin, Hamburg und München. Dort kauften die Tester
jeweils in Filialen der fünf untersuchten Handelsketten frisches,
abgepacktes Putenfleisch. Es wurde den Angaben nach von Schlachtunternehmen
wie PHW/Wiesenhof, der Sprehe-Gruppe und Heidemark geliefert, also von den
größten Geflügelfleischfirmen Deutschlands.
Zwar hat der BUND nicht untersuchen lassen, wie viele Keime jeweils auf den
Proben gefunden wurden. Laut BfR ist jedoch bislang nicht bekannt, ab
welcher Keimzahl Probleme entstehen. Deshalb sind antibiotikaresistente
Erreger in jeder Dosis erst einmal Anlass zur Besorgnis.
Die Umweltaktivisten stellten die Funde in Zusammenhang mit dem
Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung: „Über 90 Prozent der Puten erhalten
während der Mast Antibiotika.“ Das begünstige die Bildung resistenter
Keime.
Die zuständige Fachgruppenleiterin des BfR, Annemarie Käsbohrer, wollte die
BUND-Veröffentlichung nicht bewerten, weil nicht bekannt sei, wie die
Proben ausgewählt und untersucht wurden. Sie verwies aber darauf, dass es
bisher nur sehr wenige Hinweise auf Ansteckungen mit MRSA gebe, bei denen
Lebensmittel möglicherweise eine Rolle spielten. Damit ist die
Landwirtschaft aber nicht aus dem Spiel: „Der direkte Kontakt zu Tieren
spielt die Hauptrolle bei Infektionen mit MRSA“, sagte Käsbohrer der taz.
„Es deutet sich an, dass Tiere im ökologischen Landbau weniger mit
antibiotikaresistenten Keimen besiedelt sind als im konventionellen“,
ergänzte die Wissenschaftlerin. Das kann einerseits daran liegen, dass der
Antibiotika-Einsatz auf Biohöfen kaum erlaubt ist. Zum anderen halten
Biobetriebe im Schnitt meist weniger Tiere. Größere Betriebe sind aber
Untersuchungen zufolge häufiger von MRSA betroffen.
Einen Hinweis darauf gab auch die BUND-Stichprobe: Zusätzlich haben die
Umweltschützer bei drei Hofschlachtereien ökologischer Betriebe und einer
eines konventionellen Betriebs mit Freilandhaltung gekauft. Alle vier
enthielten keine antibiotikaresistenten Keime.
13 Jan 2015
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Resistenz
Antibiotika
Keime
Fliegen
MRSA-Keime
Bundesinstitut für Risikobewertung BfR
Landwirtschaft
Gesundheit
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