# taz.de -- Freihandelsabkommen TTIP: Schiedsgerichte rücken in weite Ferne | |
> Die Verhandlungen zum Investorenschutz ISDS werden ausgesetzt, so | |
> Kommissarin Malmström. Eine Anhörung dazu hatte vernichtende Ergebnisse. | |
Bild: TTIP-Gegner im Dezember in Brüssel | |
Brüssel taz | Schwere Schlappe für die EU-Kommission: Wegen des massiven | |
Widerstands in vielen EU-Ländern rücken die geplanten Schiedsgerichte für | |
Investoren im geplanten Freihandelsabkommen TTIP in weite Ferne. Die | |
Verhandlungen über die Schiedsverfahren (ISDS) blieben auf unbestimmte Zeit | |
ausgesetzt, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström in Straßburg. Man | |
müsse sich zunächst mit den Regierungen und dem Europaparlament abstimmen. | |
Zuvor hatte die Brüsseler Behörde die Ergebnisse einer öffentlichen | |
Anhörung zu ISDS bekannt gegeben. Sie sind vernichtend: Bei der | |
Konsultation, die rund um die Europawahl 2014 stattfand, sprachen sich etwa | |
97 Prozent der rund 150.000 Teilnehmer gegen ISDS aus. „Aus der | |
Konsultation geht klar hervor, dass gegenüber dem Instrument der ISDS | |
äußerste Skepsis herrscht", räumte Malmström ein. | |
Die meisten Einwände kamen aus Großbritannien, Deutschland und Österreich. | |
Aber auch in Frankreich, Belgien und Spanien machten die ISDS-Gegner mobil. | |
Insgesamt haben 180 Nichtregierungs-Organisationen an der Umfrage | |
teilgenommen, teilte die EU-Kommission mit. 139.000 Antworten seien auf | |
Mailaktionen und Online-Seiten zurückzuführen, allerdings waren nur 6346 | |
Antworten exakt gleich. | |
Von einer simplen Copy-und-Paste-Kampagne kann also keine Rede sein, zumal | |
auch Firmen und Gewerkschaften an der Befragung teilgenommen haben. Die | |
EU-Kommission erhob denn auch keine Vorwürfe gegen die Gegner. Malmström | |
und Kommissionschef Jean-Claude Juncker haben sich eine andere Strategie | |
ausgedacht: Sie haben die Einwände in vier Kategorien eingeordnet und | |
wollen sie nun der Reihe nach entkräften. | |
## Die Änderungen kosten Zeit | |
So wollen sie dem Argument entgegnen, dass TTIP und ISDS den EU-Staaten das | |
Recht rauben würden, eigene Umweltgesetze und andere Regulierungen | |
einzuführen. Außerdem möchte die EU-Kommission Licht ins Dunkel der | |
ISDS-Schiedsgerichte bringen. Schon bisher gibt es rund 1400 bilaterale | |
Vereinbarungen für solche Schiedsgerichte. „Die meisten dieser Abkommen | |
enthalten nicht die Art Garantien, die sich die EU vorstellt", betont | |
Malmström. | |
Anders ausgedrückt: Die EU-Kommission will es besser machen - zumindest | |
behauptet sie dies. Doch das kostet Zeit. Bei der nächsten | |
TTIP-Verhandlungsrunde im Februar wird ISDS daher nicht auf der | |
Tagesordnung stehen. Das Thema bleibt tabu, bis man in Brüssel meint, ein | |
positives Meinungsklima geschaffen zu haben. Damit gerät allerdings der | |
gesamte Zeitplan für TTIP ins Wanken. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich kürzlich für ein Abkommen noch in | |
diesem Jahr eingesetzt. Doch das scheint kaum noch erreichbar. Aus Sicht | |
der TTIP-Fans droht sogar noch mehr Ungemach: In den USA drohen die | |
Verhandlungen Thema im Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu werden. Ein | |
Abschluss würde damit in weite Ferne rücken. | |
Allerdings haben Malmström und Juncker noch einen Trumpf im Ärmel: Frans | |
Timmermans. Der Vizepräsident der EU-Kommission hat von Juncker eine Art | |
Vetorecht bei TTIP zugestanden bekommen. Timmermans könnte ISDS damit | |
endgültig stoppen – oder auch wiederbeleben, trotz aller Proteste. | |
13 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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