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# taz.de -- Bundestag debattiert über Nachtzüge: Einstellen statt investieren
> Die Deutsche Bahn schafft Nachtzuglinien ab. Bei einer Anhörung wird
> klar: Das Unternehmen scheut notwendige Investitionen.
Bild: Gut gebucht, aber dennoch diskutiert: die Nachtzüge der Bahn.
BERLIN taz | Zum Anfang eine gute Nachricht: „Wir haben in den Nachtzügen
eine stabile Nachfragesituation“, stellt Ulrich Homburg, Vorstand der
Deutschen Bahn, klar. Und meint damit nicht: stabil desaströs. Sondern:
stabil gut. Die Züge, sagt er, seien „gut gebucht“.
Der Verkehrsausschuss des Bundestages hat Homburg samt weiteren Experten
zum Thema Bahn eingeladen, um über die Abschaffung der Nachtzüge zu
debattieren. Eine Reihe von Nachtzugverbindungen hatte die Bahn in den
vergangenen Monaten eingestellt, darunter die aus den Städten Hamburg,
München und Berlin nach Paris und von Kopenhagen nach Amsterdam, Basel und
Prag. Begründet wurde das mit wirtschaftlichen Zwängen – das Segment sei in
den vergangenen Jahren zunehmend defizitär. Defizite trotz hoher Nachfrage?
Was stimmt da nicht? Das fragte man sich auch im Verkehrsausschuss.
Ein Verlust in zweistelliger Millionenhöhe im Jahr 2013, so beziffert es
die DB in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Ausschussmitglieder wollen
sich erst gar nicht auf Zahlenspiele einlassen – die Rechnung legt die Bahn
ohnehin nicht offen, insofern können sie nur annehmen, dass die Zahlen
stimmen. Oder dass der Betriebsrat recht hat, der im Herbst immerhin von
einem leichten Plus sprach.
Doch bei der Anhörung kristallisiert sich schnell heraus: Es ist nicht nur
die aktuelle wirtschaftliche Bilanz. Es sind vor allem die
Zukunftsaussichten. Denn die Nachtzüge bekommen Konkurrenz von den
Fernbussen, in denen es zwar keine Betten, aber Steckdosen und WLAN gibt
und die mitunter so neu sind, dass sie noch nach Teppich riechen. Die Bahn
hingegen, das räumt selbst Homburg ein, müsste in ihre Nachtzüge demnächst
investieren, die „maximale Lebensdauer“ sei bei vielen erreicht. „Und mit
neuen Gardinen ist es da nicht getan“, sagt Marion Jungbluth vom
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Neue Züge sind teuer.
Verbindungen einstellen kommt da billiger.
Doch ohne Investitionen, da ist sich die Expertenrunde schnell einig,
verlieren die Nachtzüge an Attraktivität. Nicht jeder mag den Charme einer
Jugendherberge der 70er, und die üblichen stundenlangen Verspätungen
schrecken gerade Geschäftsreisende ab. „Der Nachtzug wurde in den letzten
Jahren bei den Investitionen nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisiert
Alexander Kirchner von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Und
Verbraucherschützerin Jungbluth ergänzt: „Das Angebot ist nicht
ausreichend, um neue Fahrgäste zu gewinnen.“
Um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, braucht es nach Ansicht von Thomas
Sauter-Servaes von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
eine entscheidende Änderung – und zwar aus der Politik: Die Benachteiligung
von Zügen, etwa was die Besteuerung angehe, müsse beendet werden. „Mit
derart großen Nachteilen können wir nicht gegen den Flieger ankommen“, sagt
Sauter-Servaes.
Homburg kündigt an, dass die Bahn in den nächsten anderthalb Jahren in
einem Konzept analysieren werde, unter welchen Bedingungen wirtschaftlicher
Nachtzugverkehr möglich sei. Und das ist die schlechte Nachricht:
Investitionen werde es erst dann geben, wenn man ein „tragfähiges
Geschäftsmodell“ für die Nachtzüge sehe.
14 Jan 2015
## AUTOREN
Svenja Bergt
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Mobilität
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