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# taz.de -- Hannovers SPD bleibt autotreu: Bahn setzt Rot-Grün unter Dampf
> Schon im Koalitionsvertrag haben Niedersachsens Regierungsparteien eine
> Politik weg vom PKW, hin zu umweltfreundlichen Zügen versprochen – doch
> SPD-Minister Olaf Lies gibt den Automann.
Bild: Hat gute Chancen, wieder ans Schienennetz angeschlossen zu werden: Nordho…
HANNOVER taz | Wie es sich für einen klassischen Sozialdemokraten gehört,
gibt Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies gern den
Automann. Bei jeder Gelegenheit lobt der 47-Jährige Volkswagen als
Vorzeigeunternehmen, fordert vehement den Weiterbau der zum Wolfsburger
Werk führenden A 39 oder der Küstenautobahn A 20.
Geht es um die Bahn, äußert sich Lies verhaltener. Berichte von Anfang der
Woche, nach denen er maximal „einer oder vielleicht zwei“ derzeit
stillgelegten Schienenstrecken die Chance auf Wiedereröffnung geben will,
klangen deshalb nicht unplausibel.
Doch mit seiner über die Nachrichtenagentur dpa verbreiteten, von vielen
regionalen Medien aufgegriffenen Einschätzung hat der stellvertretende
SPD-Landesvorsitzende rote und grüne Verkehrspolitiker ebenso in Aufregung
versetzt wie Verkehrsclubs und Fahrgastverbände: Die wollen von einer
vorschnellen Ministerentscheidung nichts wissen – und stattdessen die
Bewertung externer Gutachter abwarten, die Anfang Februar vorliegen sollen.
Die Folge: Das Verkehrsministerium musste zurückrudern. War am Dienstag
bereits von „einer Handvoll“ Bahnlinien die Rede, die für eine
Reaktivierung in Frage kämen, redete ein Sprecher am Mittwoch wieder von
acht Strecken, über die bald wieder Personenzüge rollen könnten – ganz so,
wie es auch den in einem „Lenkungskreis“ zusammengeschlossenen
Abgeordneten, Verkehrsunternehmen und -verbänden zugesagt worden war.
Denn schließlich ist die Verlagerung von mehr Verkehr auf die
umweltfreundliche Schiene ein zentrales Element des rot-grünen
Koalitionsvertrages: „Umgehend“ solle geprüft werden, „welche
Schienenstrecken und Haltepunkte mit wirtschaftlicher Vernunft reaktiviert
werden können“, verspricht die Regierung von SPD-Ministerpräsident Stephan
Weil. Konkrete Untersuchungen laufen seit 2013. Zunächst wurden 74 Linien
betrachtet, auf denen einst Personenzüge rollten; von diesen schafften es
29 in eine Vorauswahl.
Intensiv begutachtet wurden schließlich acht Strecken: Im Raum Hamburg geht
es um die Verbindung von Maschen nach Buchholz, in der Heide um die
Bahnlinie von Lüneburg nach Soltau. In Südostniedersachsen könnte die
Strecke von Braunschweig nach Harvesse ebenso wieder in Betrieb gehen wie
Vorortbahnen in Salzgitter und Einbeck. Auch zwischen Rinteln im
Weserbergland und Stadthagen könnten bald wieder Personenzüge rollen.
Größte Chancen auf Reaktivierung werden aber zwei Verbindungen in der
Grafschaft Bentheim und in Ostfriesland eingeräumt. Die Strecken zwischen
Bad Bentheim und Neuenhaus sowie Aurich und Abelitz gelten als problemlos –
hier fahren noch heute Güterzüge. In der vom Ministerium in Auftrag
gegebenen Nutzwertanalyse (siehe Kasten) dürften sie besonders gut
abgeschnitten haben.
Minister Lies wolle so wenig Geld wie möglich für die Bahn ausgeben,
kritisiert deshalb der Landesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs
VCD, Hans-Christian Friedrichs: „Die von Lies geforderten Autobahnen kosten
Milliarden“, rechnet er vor. Die Reaktivierung einer Bahnlinie werde nur
mit zehn Millionen Euro zu Buche schlagen, schätzt Lies’ Ministerium.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Susanne Menge,
geht deshalb fest davon aus, das auch im Norden und Osten Niedersachsens
Bahnverbindungen reaktiviert werden. Die von Lies in die Welt gesetzte
Begrenzung auf zwei könne sie sich nur mit der Jahreswende erklären, sagte
sie der taz: „Vielleicht hat der Minister ein Sektchen zu viel getrunken.“
7 Jan 2015
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Umweltfreundlichkeit
Auto-Lobby
Bahn AG
Güterverkehr
Schwerpunkt Landtagswahlen
Bundestag
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