# taz.de -- Offizieller Umgang mit Pegida: Gegenwind für Richter | |
> Erste Stimmen fordern den Rücktritt von Frank Richter als Leiter der | |
> Landeszentrale für politische Bildung. Auch die Bundeszentrale kritisiert | |
> ihn. | |
Bild: Wenig Distanz: Frank Richter, Chef der Landeszentrale, mit den Pegida-Spr… | |
BERLIN taz | Nach seiner umstrittenen Entscheidung, den Sprechern von | |
Pegida die Räume der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung für | |
deren erste Pressekonferenz zur Verfügung stellen, wird die Kritik an deren | |
Direktor Frank Richter immer lauter. Auch sein Kollege Thomas Krüger, | |
Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn, zeigt | |
Unverständnis. | |
„Aufgabe der politischen Bildung ist es, politische Konflikte abzubilden. | |
Kontroverse Themen gehören auf den Tisch“, sagte Krüger am Dienstag der | |
taz. Bei der einseitigen Vergabe von Räumlichkeiten bestehe aber „die | |
Gefahr der Propaganda durch Pegida“ – vor allem, „wenn Gegendemonstranten | |
oder Flüchtlingsinitiativen nicht das gleiche Angebot erhalten“. Krügers | |
Forderung lautet: „Dialog ja – aber nicht zum Nulltarif, sondern nur unter | |
bestimmten Bedingungen.“ Krüger, 55, ist wie Richter, 64, ein ehemaliger | |
Pfarrer und war wie dieser einst in der DDR-Bürgerrechtsbewegung aktiv. | |
Auch der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer, ein weiterer | |
Weggefährte Richters, rät von einem Dialog mit der Pegida-Bewegung ab. „Die | |
Parteien selbst sollten da keine Initiative ergreifen“, sagte der | |
Ex-DDR-Bürgerrechtler. „Man muss nicht mit jedem Idioten reden.“ Er lobte | |
Richter zwar als „fairen Moderator“, aber: „Diesen Raum hätte ich denen | |
nicht gegeben. Das ist eine Propagandaveranstaltung gewesen“, fügte er aber | |
hinzu. „Die gesamte Presse hätte den Stolz haben müssen, zu sagen: 'Wir | |
gehen da nicht hin.'“ | |
Richter sei als Leiter der Landeszentrale für politische Bildung nicht mehr | |
tragbar, findet die Grüne Jugend Sachsen. Er habe „mit seinem einseitigen | |
Agieren“ das „für politische Bildung so essenzielle Gebot der | |
Überparteilichkeit verletzt“. Schon 2013 habe Richter die rechtsextreme NPD | |
zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Ihm fehle offenbar „jegliches | |
Bewusstsein für die Bedeutung seines Amtes“, so die jungen Grünen. Wenn er | |
nicht freiwillig zurücktrete, sollte er seines Amtes enthoben werden, | |
erklärten sie am Dienstag. | |
## Flüchtlinge haben Angst | |
Auch der Geschäftsführer des sächsischen Flüchtlingsrats, Ali Moradi, | |
kritisierte die Landeszentrale für politische Bildung. Wichtiger als der | |
Dialog mit Pegida-Anhängern sei, mit den Flüchtlingen und Bürgern mit | |
Migrationshintergrund zu sprechen, die jetzt große Angst hätten. Frauen mit | |
Kopftuch trauten sich nicht auf die Straße, und manche Eltern schickten | |
ihre Kinder nicht in die Schule, berichtete der gebürtige Iraner, der seit | |
20 Jahren in Deutschland lebt, am Dienstag in Deutschlandfunk. | |
Die Landeszentralen für politische Bildung sind nicht der Bundeszentrale, | |
sondern den Landesparlamenten untergeordnet. Das sächsische Regierung | |
stärkt Richter bislang den Rücken. Der will sich jetzt seinen Kritikern | |
stellen, und hat dafür am Donnerstag zu einer Diskussion in die | |
Landeszentrale in Dresden eingeladen. | |
Bereits für diesen Mittwoch haben die Staatsregierung Sachsens und die | |
Stadt Dresden rund 300 Menschen zu einem Bürgerforum zu den Themen Asyl, | |
Integration und Zuwanderung eingeladen, an dem auch Ministerpräsident | |
Stanislaw Tillich (CDU) teilnimmt. Während Grüne, Linke und SPD zumindest | |
mit den Wortführern von Pegida jeden Dialog kategorisch ablehnen, zeigt | |
sich die CDU dafür offener. Voraussetzung sei aber, dass sich Pegida „viel | |
klarer als bisher“ von Hass, Fremdenfeindlichkeit und plumpen Parolen | |
abgrenze, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Dienstag dem ZDF. | |
20 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Pegida | |
Politische Bildung | |
Frank Richter | |
Schwerpunkt AfD | |
Rechtspopulismus | |
Meißen | |
Islam | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Polizei | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Pegida | |
Rechtspopulismus | |
Dresden | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sachsen und die Flüchtlinge: Das Bedürfnis nach einem Feind | |
Ali Moradi vom Sächsischen Flüchtlingsrat erzählt, wer Pegida und AfD in | |
die Hände gespielt hat. Und wie er trotzdem optimistisch bleibt. | |
Umgang mit Rechtspopulisten: Hass bei Pegida-Dialogversuchen | |
Hofiert die sächsische Landeszentrale für politische Bildung Rassisten? Die | |
Opposition warnt vor „Foren für Hassausbrüche“. | |
Kontroverse um Flüchtlinge in Sachsen: Landrat hinter NPD-Fahnen | |
Meißens CDU-Landrat lud NPD-Demonstranten zum Gespräch über ein | |
Flüchtlingsheim. Der Kreistag berät über eine Missbilligung. | |
Kommentar Tillich und Islam: Hauptstadt der Orient-Liebe | |
Sachsens Ministerpräsident Tillich meint, dass der Islam nicht zu Sachsen | |
gehört. Da kennt er die Geschichte seines Landes aber schlecht. | |
Debatte Dialog mit Pegida: Die falsche Adresse | |
Politische Bildung ohne Haltung normalisiert den rassistischen Diskurs. | |
Widerspruch sollte das eigentliche Gebot der Stunde sein. | |
Kommentar Anzeige gegen Volker Beck: Blutige Gleichgültigkeit in Dresden | |
„Üble Nachrede“ wird dem Abgeordneten vom Bund der Kriminalbeamten | |
unterstellt. Das Schutzbedürfnis der Flüchtlinge ist den Polizisten egal. | |
Die bittere Wahrheit über die „Bild“: „Wir waren zuerst Pegida“ | |
„Bild“ will Pegida entlarven – und entlarvt vor allem sich selbst. Sie | |
erkennt endlich, was andere schon wussten: dass sie eine rassistische | |
Zeitung ist. | |
Sportfans bei Pegida und Legida: Die Unterwanderungsbewegung | |
Pegida und Legida wären nicht denkbar ohne Anführer aus dem Sport. | |
Hooligans und rechte Sportfans bilden eine Allianz der Aufgebrachten. | |
Kommentar Pegida und der Dialog: Strikte Weigerung hilft nicht | |
Pegida ist ein Sammelbecken für eine diffuse Gruppe der Unzufriedenen. Ihr | |
den Dialog zu verweigern, ist das falsche Konzept. | |
Offizieller Umgang mit Pegida: Ein Podium für die Populisten | |
Die sächsische Landeszentrale für politische Bildung zeigt viel Verständnis | |
für Pegida. Jetzt aber hat ihr Direktor für manche eine Grenze | |
überschritten. | |
Kommentar Günther Jauch: Eine schrecklich nette Runde | |
Bei Günther Jauch trat erstmals eine Pegida-Organisatorin vors TV-Publikum. | |
Die Talkshow zeigte: Die Anbiederung an die Protestbewegung hat begonnen. |