| # taz.de -- Kommentar Günther Jauch: Eine schrecklich nette Runde | |
| > Bei Günther Jauch trat erstmals eine Pegida-Organisatorin vors | |
| > TV-Publikum. Die Talkshow zeigte: Die Anbiederung an die Protestbewegung | |
| > hat begonnen. | |
| Bild: Sagt, sie sei „eine ganz normale Frau aus dem Volk“: Pegidistin Kathr… | |
| Das hatte sich Alexander Gauland von der AfD womöglich ganz anders | |
| vorgestellt. Er hätte der weiße Ritter werden können, der der | |
| medienunerfahrenen Pegida-Frau Kathrin Oertel zur Seite springen würde, | |
| wenn die politischen Gegner sie zu sehr in die Mangel nehmen würden. Doch | |
| dann waren die vermeintlichen Gegner ganz zahm – und Gauland blieb außen | |
| vor. | |
| Im Laufe des Tages waren die Demo der Pegida (Patriotische Europäer gegen | |
| die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden sowie alle weiteren | |
| Kundgebungen in der sächsischen Landeshauptstadt abgesagt worden. | |
| Anschlagsgefahr zu hoch, beschied die Polizei. Es gab also einiges zu | |
| bereden bei dem Talk: „Politik trifft auf Protest – Pegida bei Günther | |
| Jauch.“ Oertel („Ich bin eine ganz normale Frau aus dem Volk“) sollte | |
| erklären, was Pegida eigentlich ist und was Pegida eigentlich will. Schlau | |
| wurde man aus ihren Aussagen („wachrütteln“, „auf Defizite aufmerksam | |
| machen“) nicht. Dennoch unternahm niemand zumindest den Versuch, den | |
| Pudding an die Wand zu nageln. | |
| Im Gegenteil: Jens Spahn, Bundestagsabgeordneter und Mitglied des | |
| CDU-Parteipräsidiums, gab Oertel gar recht, als sie forderte, dass | |
| schneller abgeschoben werden müsste. Man tue ja schon was, sagte Spahn. Man | |
| habe ja schon Serbien und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklärt. | |
| Dadurch würden die Verfahren verkürzt. Denn ein Eindruck dürfte in Serbien | |
| auf keinen Fall entstehen: „Wenn du es einmal nach Deutschland geschafft | |
| hast, egal wie der Asylantrag ausgeht, kannst du dauerhaft da bleiben.“ Das | |
| sei dann „natürlich die Einladung, auch tatsächlich zu kommen“. | |
| Was glaubt Herr Spahn eigentlich? Dass alle Serben und Montenegriner nur | |
| darauf warten, endlich nach Deutschland auszuwandern? Dass sie sich nichts | |
| Schöneres vorstellen können, als Heimat, Familie und Freunde zu verlassen, | |
| um endlich hier zu landen? Im Pegida-Land? All das fragte keiner in der | |
| Runde. | |
| Auch Wolfgang Thierse nicht. Der frühere Bundestagspräsident von der SPD | |
| hob lieber immer wieder zu kürzeren Vorträgen über das Wesen der Demokratie | |
| ab und ärgerte sich am meisten darüber, dass Pegida sein „Wir sind das | |
| Volk“ okkupierte. | |
| ## Was ohne Patrioten | |
| Blieb noch Frank Richter von der Sächsischen Landeszentrale für politische | |
| Bildung. Doch der scheint so krampfhaft den Dialog mit | |
| Pegida-Sympathisanten zu suchen, dass er sich gar entblößte, den PR-Berater | |
| von Frau Oertel zu geben: Gleich zwei Mal wies er sie darauf hin, sich doch | |
| besser einen anderen Namen als Pegida zu suchen. Irgendwas ohne Patrioten | |
| und ohne Islamisierung. „Meiner Wahrnehmung nach sind 90 Prozent der dort | |
| Mitlaufenden tatsächlich besorgte Bürger, die sich viele Gedanken machen.“ | |
| Die Angst vor der Islamisierung treibe sie nicht auf die Straße. Sondern? | |
| Dass sich der Staat nicht an die Gesetze halte, die er selbst gemacht habe. | |
| „Die Maastricht-Kriterien zum Beispiel.“ | |
| Jaja, den besorgten Bürger treibt um, dass der Staat einst sein | |
| Haushaltsdefizit nicht unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken | |
| konnte. | |
| So blieb es bei der Kanzlerin, das deutlichste Zeichen für Toleranz und | |
| gegen Pegida an diesem Abend zu senden. Kälte, Vorurteile und Hass hatte | |
| Merkel bei Pegida erkannt. „Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen“, | |
| sagte sie in einem eingespielten Video. Es war ihre Neujahrsansprache. | |
| Weiter ist die Diskussion bis heute nicht gekommen. | |
| Und bei diesem Satz gab es dann doch Widerspruch: „Diesen Satz hätte unsere | |
| Bundeskanzlerin lieber unterlassen sollen“, sagte: nein, nicht Kathrin | |
| Oertel, sondern Frank Richter. | |
| 19 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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