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# taz.de -- Reform des „Vergewaltigungsparagrafen“: Manchmal ist ein „Nei…
> Der Rechtsausschuss im Bundestag berät über das
> Vergewaltigungsstrafrecht. Über die juristische Definition des
> Tatbestands besteht Uneinigkeit.
Bild: Wenn Frauen sich aus Angst nicht wehren, muss das trotzdem als Vergewalti…
BERLIN taz | Juristisch kompliziert, politisch umstritten. Im
Rechtsausschuss des Bundestages streiten am Mittwochabend RechtsexpertInnen
und Verbände über die Reform des Artikels 177 im Strafgesetzbuch, des
„Vergewaltigungsparagrafen“. Selbst diejenigen, die etwas ändern wollen,
sehen juristische Hindernisse.
Er will Sex mit ihr. Sie sagt Nein. Er schubst sie vom Sofa. Sie hat Angst
um ihr ungeborenes Kind, denn er war schon vorher gewalttätig. Nebenan sind
die Kinder, deshalb sagt sie nichts und lässt die Tat über sich ergehen.
Das ist einer der Fälle, die der Verband der Frauennotrufe gesammelt hat.
Vor Gericht wurde die Tat nicht als Vergewaltigung eingeschätzt. Denn
juristisch liegt hier eine Situation vor, in der keine der drei
Anforderungen den Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt ist.
Weder hat der Freund Gewalt angewandt, noch hat er sie in eine Situation
gebracht, in der er ihren Leib und ihr Leben bedrohte, noch war sie in
einer schutzlosen Lage, sie hätte sich wehren können, so die
Rechtsprechung. Das sind die Voraussetzungen, von denen mindestens eine
erfüllt sein muss, damit eine Tat als Vergewaltigung verurteilt werden
kann.
Die Fachanwältin Christina Clemm aus Berlin kritisiert in ihrer
Stellungnahme für die heute stattfindende Anhörung, dass „stets die
Voraussetzung sein muss, dass ein erfolgter oder erwarteter Widerstand der
Betroffenen zur Durchführung der sexuellen Handlung überwunden werden
muss“. Weinen oder Passivität aus Angst werden als nicht hinreichend
betrachtet.
## Alles, was nicht einvernehmlich ist
In ihrem der taz vorliegenden Gutachten fordert Tatjana Hörnle, Professorin
für Strafrecht an der Humboldt-Universität, eine Reform des Paragrafen 177:
Darin soll es in Zukunft heißen: „Wer gegen den erklärten Willen einer
anderen Person oder unter Umständen, in denen fehlende Zustimmung
offensichtlich ist“, sexuelle Handlungen vornehme, werde bestraft. Damit
geht Hörnle sogar noch weiter als die [1][aus den USA bekannte
Formulierung] „Nur Ja heißt Ja“, denn das Ja muss nicht explizit erklärt
werden.
Hintergrund für die Debatte ist die sogenannte [2][Istanbul-Konvention des
Europarats]. Dieses von Deutschland ratifizierte Dokument besagt, dass alle
nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen strafrechtlich verfolgt werden
müssen. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat bereits angekündigt, die
Gesetzeslage auf Schutzlücken hin zu überprüfen.
Es gibt aber auch ExpertInnen, die keinen Reformbedarf sehen. So
beispielsweise Birgit Cirullies, Oberstaatsanwältin aus Dortmund. In ihrer
Stellungnahme sagt sie, dass kaum Fälle denkbar seien, „in denen das
erwachsene, mündige Opfer zwar ausdrücklich und entschieden 'Nein' sagt,
jedoch sexuelle Handlungen hinnimmt, ohne sich körperlich zu wehren, sodass
also nicht Gewalt angewendet werden muss – oder ohne mit gegenwärtiger
Gefahr für Leib oder Leben bedroht zu sein“.
28 Jan 2015
## LINKS
[1] /Kalifornisches-Yes-means-Yes-Gesetz/!146956/
[2] /Debatte-Vergewaltigungsparagraf/!152267/
## AUTOREN
Alina Leimbach
## TAGS
Frauenrechte
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Strafrecht
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