# taz.de -- Fünf Journalisten im Südsudan getötet: Harte Hand der Regierung? | |
> Bei einem Überfall im Südsudan sind fünf Journalisten ermordet worden. | |
> Vieles spricht dafür, dass eine regierungsnahe Miliz dahinter steckt. | |
Bild: Stecken sie hinter dem Anschlag? Milizionäre der regierungsnahen JEM. | |
NAIROBI taz | Südsudan ist entsetzt über den Tod von fünf Journalisten, die | |
bei einem Anschlag auf ihren Autokonvoi ums Leben gekommen sind. Sechs | |
andere Menschen wurden bei dem Überfall im Nordwesten des Landes am Sonntag | |
ebenfalls getötet. Alle toten Journalisten, zwei Frauen und drei Männer, | |
arbeiteten für Staatsmedien in dem Land, das seit knapp über einem Jahr von | |
einem blutigen Bürgerkrieg erschüttert wird. | |
Musa Mohamed war Direktor von Raja FM, dem örtlichen Staatsradio. Adam Juma | |
arbeitete bei dem Sender als Moderator, Dalia Marko und Randa George als | |
Reporterinnen beim selben Sender. Boutros Martin war Kameramann beim | |
Staatsfernsehen. Sie alle waren in einem offiziellen Konvoi lokaler | |
Politiker zwischen den Orten Sepo and Magaya im Bundesstaat Bahr el-Ghazal | |
unterwegs, um eine Stelle zu besichtigen, wo kürzlich ein Angriff | |
stattgefunden hatte. Der Konvoi hatte keine Polizei- oder Militäreskorte | |
dabei. | |
Südsudans Regierung beschuldigt die ugandische Terrorbewegung LRA (Lord’s | |
Resistance Army), die seit vielen Jahren nicht mehr in Uganda, sondern im | |
riesigen, dünn besiedelten Grenzgebiet zwischen Südsudan, der | |
Demokratischen Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik und Sudan | |
aktiv ist. Die Region, wo der Anschlag stattfand, liegt in der Nähe der | |
Grenze Südsudans zur Zentralafrikanischen Republik, wo sich LRA-Gruppen | |
aufhalten. Die Opfer wurden alle durch Kugeln getötet, aber danach wurden | |
die Körper in Stücke gehackt und teilweise verbrannt. Diese grausame | |
Methode könnte auf die LRA deuten, die für unvorstellbare Brutalität | |
gegenüber der Zivilbevölkerung berüchtigt ist. | |
Aber die LRA, deren zweithöchster Militärkommandant, Dominic Ongwen, sich | |
erst vor Kurzem in der Zentralafrikanischen Republik ergab und inzwischen | |
an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt worden ist, greift | |
meistens nur noch an, um zu plündern und Kinder zu entführen. Dieser | |
Angriff war anders. Er sollte offensichtlich alle in dem Konvoi töten. Die | |
Autos wurden nach Angaben von Überlebenden von beiden Seiten der Straße | |
intensiv beschossen. Ein Verwundeter erzählte im Krankenhaus, dass die | |
Angreifer auf Arabisch miteinander kommunizierten. Die Ugander in der LRA | |
sprechen kein Arabisch. | |
## Hinweis: Rebellen | |
„Das könnte auf JEM deuten“, meint ein südsudanesischer Journalist, der d… | |
Gegend gut kennt. JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) ist eine | |
Rebellengruppe aus der nahe gelegenen sudanesischen Region Darfur, die seit | |
zehn Jahren gegen Sudans Regierung kämpft. „Vielleicht wollten sie es so | |
aussehen lassen, als ob die LRA dahintersteckt.“ | |
Seit im Südsudan Krieg zwischen der Regierung von Präsident Salva Kiir und | |
Rebellen unter dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar herrscht, kämpfen | |
JEM-Einheiten auch im Südsudan mit – aufseiten der Regierung. Denn | |
Südsudans Regierung, die selbst aus einem Befreiungskrieg gegen Sudan | |
hervorgegangen ist, hat in früheren Jahren sudanesischen Rebellengruppen | |
wie der JEM mit Waffenlieferungen geholfen. | |
In Zeiten des Krieges hat die südsudanesische Regierung die Pressefreiheit | |
im Land mit harter Hand eingeschränkt. Öfters verschwinden Journalisten im | |
Gefängnis oder werden Radiosender für einige Monate abgeschaltet. Es sind | |
auch in der Vergangenheit schon kritische Berichterstatter ermordet worden. | |
Aber einen so blutigen Überfall auf Medien wie jetzt gab es bisher noch | |
nicht. | |
29 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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