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# taz.de -- Japanische Reaktionen auf den IS-Terror: Plötzlich rückt der Nahe…
> Nach der Ermordung zweier Geiseln durch IS-Terroristen debattieren die
> Japaner über die Außenpolitik von Premier Abe. Der will das Militär
> weiter stärken.
Bild: Trauer um den von der IS-Miliz ermordeten japanischen Journalisten Kenji …
TOKIO taz | „Zu hassen ist kein Unterfangen der Menschen, das haben mich
meine arabischen Brüder gelehrt.“ Diese fast fünf Jahre alte
Twitter-Nachricht von Kenji Goto ist am Montag in Japan Zehntausende Male
weitergeleitet worden – zum Zeichen des Mitgefühls für den Journalisten,
den die Terrormiliz Islamischer Staat am Wochenende enthauptet hat.
In der Vergangenheit reagierten viele Japaner eher verärgert, wenn ihre
Landsleute sich im Ausland in Gefahr brachten und dadurch die Gesellschaft
in Unruhe versetzten. Doch der Reporter Goto war in den Irak gefahren, um
den befreundeten Japaner Haruna Yukawa aus den Händen des Islamischen
Staates freizubekommen – und das, obwohl seine Frau gerade ein Baby
bekommen hatte.
Vor dem Sitz des Premierministers in Tokio weht nun die Flagge auf
Halbmast. Der konservative Regierungschef Shinzo Abe nutzt die Geiselmorde
aber auch für seine Agenda: Im Parlament hat er einen rechtlichen Rahmen
gefordert, damit das Militär auch im Ausland Japaner retten könne.
Luftschläge schloss Abe aus, ihm schwebt wohl eine mobile Eingreiftruppe
vor.
Bisher erlaubt die Verfassung nur die Verteidigung des eigenen Landes. Abe
propagiert jedoch einen „proaktiven Pazifismus“. Dabei sollen die
Streitkräfte auch Verbündete verteidigen und im Ausland operieren dürfen.
Mit seiner offensiveren Außenpolitik will der Nationalist dem großen
Nachbarn China auf der Weltbühne Paroli bieten.
## Reise nach Ägypten und Israel
Kritiker werfen Abe vor, er habe Japans traditionell „ungerichtete“
Außenpolitik im Nahen Osten aufgegeben. Wegen der großen Abhängigkeit vom
Öl hatte Tokio lange Zeit Distanz zu Israel gehalten. Vor zwei Wochen
besuchte der Regierungschef dann Ägypten und Israel und versprach 2,5
Milliarden Dollar Hilfe für die Region.
Abes Rede sei „ohne Zweifel ein Auslöser“ des Mordes an dem Journalisten
gewesen, meinte Japans Exbotschafter im Iran, Ukeru Magosaki, auf Twitter.
Im Parlament erklärte der Premier am Montag, er habe von der
Lösegeld-Forderung über 200 Millionen Dollar nichts gewusst. Exakt die
gleiche Summe soll Japan für den Wiederaufbau der derzeit von der IS
beherrschten Gebiete spenden. Die Terrormiliz begründet die Geiselmorde mit
der Beteiligung Japans am „Kreuzzug“ gegen den IS. Jetzt verlangt auch Abes
Koalitionspartner Natsuo Yamaguchi eine Aufklärung der Hintergründe.
Die Öffentlichkeit in Japan scheint gespalten. Die Bevölkerung ist
überrascht, dass sich der Terror plötzlich gegen Japaner richtet. Die
globalen Brennpunkte sind weit weg, nur 180.000 Muslime leben im Land. Nur
wenige Japaner hatten bemerkt, dass sich die Regierung der US-geführten
Allianz gegen den IS angeschlossen hatte. „Wir leben nicht mehr in einer
Zeit, in der sich Japaner sicher fühlen können“, schrieb die liberale
Zeitung Mainichi. Dabei habe Japan sich doch nicht an den Militäreinsätzen
beteiligt.
Allerdings hat der japanische Kurswechsel im Nahen Osten schon früher
begonnen: 2004 stationierte die damalige Regierung mehrere hundert Soldaten
als Aufbauhelfer im Irak. Ein halbes Dutzend Soldaten wurde damals
entführt. Einer wurde enthauptet und dann in eine US-Flagge gewickelt. In
den Augen der Islamisten ist Japan also schon länger nicht mehr neutral.
2 Feb 2015
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Militär
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Japan
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