# taz.de -- Schäuble trifft griechischen Minister: In Uneinigkeit vereint | |
> Die Finanzminister Varoufakis und Schäuble geben sich diplomatisch. Den | |
> Forderungen aus Athen nachzugeben kommt für Schäuble aber nicht infrage. | |
Bild: Werden keine besten Freunde: Die Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) … | |
BERLIN taz | Vor den Toren des Bundesfinanzministeriums demonstrierten ein | |
paar Dutzend Anhänger der Linkspartei für Solidarität mit den Griechen. | |
Drinnen setzte sich der neue Finanzminister Gianis Varoufakis mit seinem | |
Amtskollegen Wolfgang Schäuble auseinander. | |
Wie gewohnt trat der Ökonom lässig auf. Schickes blaues Hemd, nicht in die | |
Hose gestopft, ohne Krawatte. Das Treffen dauerte länger als geplant. Fast | |
eine Stunde warteten über 100 Journalisten auf das Ergebnis des Gesprächs. | |
„Wir stimmen darüber ein, dass wir nicht übereinstimmen“, fasste Schäuble | |
das Resultat anschließend zusammen. | |
Die Positionen beider Seiten liegen weit auseinander. Die Bundesregierung | |
beharrt auf einer Kontrolle des Hilfsprogramms durch die Troika aus | |
Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank | |
(EZB): „Die Vereinbarungen, die wir treffen, müssen auch eingehalten | |
werden.“ | |
Varoufakis, der die Zusammenarbeit mit der Troika gerade erst aufgekündigt | |
hat, bewegte sich inhaltlich ebenso wenig. Zusammen mit Regierungschef | |
Alexis Tsipras tourte er in dieser Woche ziemlich erfolglos von Hauptstadt | |
zu Hauptstadt. „Wir wollen eine Überbrückungslösung“, wiederholte der | |
Finanzminister, „Sie können von uns höchste Vernunft erwarten.“ | |
## Schäuble lehnt Änderungen ab | |
Bis Ende Mai will die Linksregierung ein eigenes Programm ausarbeiten, mit | |
dem der siechenden Volkswirtschaft wieder auf die Beine geholfen werden | |
kann. Die im Land so verhasste Troika soll dabei außen vor bleiben. Über | |
die eigenen Pläne will Varoufakis dann mit den anderen europäischen Ländern | |
verhandeln. Zu den Vorhaben gehört die verstärkte Korruptionsbekämpfung, | |
aber auch eine konsequentere Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen. | |
Konkreter wollte oder konnte der Minister nicht werden. | |
Im Finanzministerium biss er damit auf Granit. Schäuble stellte in einem | |
langen Statement klar, dass Verstöße gegen die Vereinbarungen zwischen | |
Griechenland und den anderen Euroländern nicht einseitig verändert werden | |
dürfen. Auch in anderen Ländern seien die Regierungen gewählt worden, | |
betonte er, jede Veränderung könne nur im Einklang mit den europäischen | |
Ländern geschehen. | |
Die tiefere Bedeutung dieser Feststellung sprach Schäuble nicht aus. Wenn | |
die Euroländer jetzt nachgeben, erstarken allerorten die eurofeindlichen | |
Kräfte, Le Pen in Frankreich, die wahren Finnen im Norden oder die AfD in | |
Deutschland. | |
So bleibt die Werbetour der neuen Führung in Athen bisher erfolglos. Ohne | |
Troika gibt es keine neuen Darlehen. Ab Ende Februar droht Griechenland | |
wieder einmal der Staatsbankrott. Die Frage, ob dieses Szenario realistisch | |
ist, ließ Varoufakis unbeantwortet. Doch es wird allmählich eng für die | |
Linksregierung. Die Entscheidung der EZB, ab 11. Februar keine griechischen | |
Staatsanleihen mehr als Sicherheiten zu akzeptieren, verstärkt den Druck | |
weiter. | |
Es mag schwer nachweisbar sein, dass sich die EZB damit in die Politik | |
einmischt, was sie nicht darf. Aber der Verdacht liegt zumindest bei der | |
Wahl des Termins für den Finanzierungsstopp nahe. Einen Tag später treffen | |
sich die europäischen Regierungschefs zum Gipfel. Alexis Tsipras muss | |
seinen Kollegen dann wohl in einigen Punkten entgegenkommen, wenn er die | |
Insolvenz seines Landes noch verhindern will. | |
5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
## TAGS | |
Europäische Zentralbank | |
Griechenland | |
Schuldenschnitt | |
Yanis Varoufakis | |
Wolfgang Schäuble | |
Sparprogramm | |
Troika | |
Staatssender ERT | |
Syriza | |
Deutschland | |
Wladimir Putin | |
Troika | |
Syriza | |
Eurozone | |
Angela Merkel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar europäische Finanzpolitik: Euphemismen statt Lösungen | |
Wolfgang Schäuble gesteht, keine Ahnung von der portugiesischen Wirtschaft | |
zu haben. Gleichzeitig diktierte er ihr die europäische Austeritätspolitik. | |
Griechischer Minister zu Steuerfahndung: „Es mangelt an Leuten“ | |
Panagiotis Nikoloudis ist Griechenlands Minister für den Kampf gegen | |
Steuerhinterziehung. Er will sich auf Vermögen von mehr als 200.000 Euro | |
konzentrieren. | |
Kommentar Griechenland: Tränen und die Tücken der Realpolitik | |
Wie wird Alexis Tsipras gegenüber der EU agieren? Die Rede des Syriza-Chefs | |
brachte keine Klarheit. Stattdessen: viel Pathos für die Parteibasis. | |
Grunsatzrede des griechischen Premiers: Tsipras will Wunden heilen | |
Bei der Ansprache vor dem griechischen Parlament zeigt sich der neue | |
Regierungschef Alexis Tsipras optimistisch. Eine Lösung der Schuldenkrise | |
mit der EU sei möglich. | |
Neue Regierung in Griechenland: Warum hat Syriza keinen Kredit? | |
Die Tsipras-Regierung hat sich vom Klientelsystem ihrer Vorgänger | |
verabschiedet. Dennoch wendet man sich in Deutschland von ihr ab. | |
Nach dem Syriza-Sieg in Griechenland: Die virile Regierung | |
Das griechische Männerkabinett, die Rückkehr der Putzfrauen und die | |
Annäherung an russische Antifeministen sind ein grober Fehler in der | |
Symbolpolitik. | |
Griechische Finanz-Diplomatie: Tsipras’ Roadshow | |
Er kommt, lächelt, spricht und rast weiter: Wie Alexis Tsipras in Europa | |
für sein neues Griechenland wirbt. | |
Kommentar Griechenland: Mathematik schlägt Politik | |
Höhere Renten und ein angemessener Mindestlohn sind fast so nötig wie die | |
Luft zum Atmen. Dies alles muss aber auch finanzierbar sein. | |
Peer Steinbrück über die Finanzkrise: „Mich stört dieser apodiktische Ton�… | |
Ein Schuldenschnitt für Athen wäre vorauseilender Gehorsam. | |
Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück glaubt, die griechische Wirtschaft | |
könne sich erholen. | |
Allianz der krisengeplagten EU-Staaten: Griechischer Premier sucht Partner | |
Tsipras hofft in Frankreich, Italien und Brüssel auf Unterstützung im Kampf | |
gegen die Sparpolitik. Der US- Präsident sendet positive Signale. |