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# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Leichen auf den Straßen
> Rund eine Million Menschen sind vor den Gefechten im Osten der Ukraine
> geflohen. Dagebliebene berichten aus den Städten des Kriegsgebiets.
Bild: Buskonvoi mit Flüchtlingen in der Nähe von Donezk.
KIEW taz | Galina ist mit ihrer Tochter Nelli vor drei Tagen der Hölle von
Debaltsewe entronnen. Sie haben den nur wenige Stunden währenden
Waffenstillstand am Freitag genutzt, um sich aus der umkämpften Stadt
nordöstlich von Donezk evakuieren zu lassen. Sie habe die Wahl gehabt, sich
entweder in ein von Kiew kontrolliertes Gebiet oder in eine angeblich
ruhige Stadt in der „Volksrepublik Donezk“ evakuieren zu lassen. Sie habe
sich für das von Kiew kontrollierte Artjemowsk entschieden. Denn faktisch
gebe es in der „Volksrepublik“ keine ruhige Stadt mehr, sagt sie.
Die prorussischen Separatisten haben sich nach Angaben der ukrainischen
Armee offenbar zu neuen Angriffen auf zwei Städte zusammengezogen. Man gehe
von Offensiven gegen den Eisenbahnknotenpunkt Debaltzewe und die
Küstenstadt Mariupol aus, sagte ein Militärsprecher am Samstag. Und auch an
anderen Orten gehen die Kämpfe weiter.
„In Gorlowka wird rund um die Uhr geschossen“ berichtet eine Einwohnerin
telefonisch. Man habe keine funktionierende Heizung und keinen Strom. Hinzu
käme eine seltsame Grippeepidemie bei den Kindern, für die die Ärzte keine
Erklärung hätten. Man munkele, aus einem der Chemiewerke sei giftiges Gas
in die Umwelt entwichen.
Valja aus der Bergarbeiterstadt Jenakiewo ist hingegen froh, dass sie in
einem relativ ruhigen Gebiet der „Volksrepublik Donezk“ lebt. In der
Nachbarstadt Uglegorsk, so Valja, siehe es jedoch anders aus. „Dort liegen
Leichen auf den Straßen. Man kann sie gar nicht zählen. Niemand macht sich
die Mühe, die Toten zu beerdigen“, sagt sie.
„Bei uns ist es sehr ruhig“, berichtet Tatjana Schneidmüller aus dem Ort
Zugres, 40 km von Donezk entfernt. Deswegen lebten in Zugres auch
Flüchtlinge aus anderen Orten der „Volksrepublik“.
## Fast eine Million Flüchtlinge
In der Ukraine spitzt sich die Flüchtlingskrise weiter zu. Inzwischen seien
innerhalb der Ukraine offiziell 980.000 Menschen vor den Kämpfen im Osten
des Landes zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen
geflohen, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Freitag mit. Die Zahl
der Binnenflüchtlinge werde weiter steigen, da noch nicht alle Geflohenen
registriert seien.
Wer irgendwie kann, versucht das Gebiet der „Volksrepublik“ zu verlassen.
Seit Inkrafttreten einer Passierscheinregelung durch die ukrainischen
Behörden ist es kaum noch möglich, aus dem Gebiet zu kommen. „Wir hatten
befürchtet, dass mehr Menschen Donezk verlassen wollen, als der Bus fassen
kann“, sagte ein Busfahrer gegenüber der in Kiew erscheinenden Donezkie
Novosti, „tatsächlich aber sind viele Plätze frei geblieben.“ Man habe
viele abweisen müssen, weil sie keine von den ukrainischen Behörden
ausgestellte Erlaubnis zum Verlassen des Gebietes vorlegen konnten.
8 Feb 2015
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Flüchtlinge
Volksrepublik Donezk
Donezk
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Waffenstillstand
Frank-Walter Steinmeier
Barack Obama
Ukraine
Minsk
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Francois Hollande
Lugansk
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