# taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik: Mindeststandard Menschlichkeit | |
> Das Gerede von „Wirtschaftsflüchtlingen“ lenkt ab von den Schicksalen der | |
> betroffenen Menschen. Es bleibt die Pflicht, ihnen zu helfen. | |
Bild: Ein griechischer Rot-Kreuz-Helfer mit einem im Mittelmeer geretteten Flü… | |
Über sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge wird hierzulande gern geredet, als | |
handele es sich um Trickbetrüger, die redliche Menschen um ihr sauer | |
verdientes Geld bringen wollen. Was für ein Zynismus. Schließlich muss man | |
sehr verzweifelt sein, um sich in einem Schlauchboot aufs offene Meer zu | |
wagen. Und in welcher Situation befindet sich wohl eine Familie, die ihr | |
letztes Geld für einen Schlepper zusammenkratzt, wenigstens einen der Ihren | |
auf den Weg zu schicken? Hinter jedem einzelnen Flüchtling steht eine lange | |
Geschichte von Elend und Angst. | |
Das abfällige Gerede über „Wirtschaftsflüchtlinge“ ist ein bequemer Weg,… | |
die Einzelschicksale nicht an sich herankommen zu lassen. Sonst müsste man | |
ja Mitleid empfinden. Und dann? Dann wird es richtig schwierig. | |
Für das grundsätzliche Problem gibt es nämlich keine Lösung, die menschlich | |
vertretbar und zugleich realistisch ist. Gut gemeinte Ratschläge, die auf | |
die Verbesserung der Lage in armen Ländern abzielen, werden niemandem | |
kurzfristig helfen. Und es ist wahr: Europa kann nicht alle Männer, Frauen | |
und Kinder aufnehmen, die in ihrer Heimat keine Chance haben. Das ist | |
schrecklich für die Betroffenen, und gerecht ist die Zufälligkeit des | |
Geburtsorts wahrlich nicht. Aber aus diesem moralischen Dilemma gibt es | |
keinen Ausweg. Jedenfalls ist bisher niemandem einer eingefallen. | |
Das zu akzeptieren bedeutet jedoch nicht, dass achselzuckend hingenommen | |
werden darf, wenn Flüchtlinge elend verrecken. Es genügt eben nicht, wenn | |
Frontex bei der Sicherung der europäischen Außengrenzen gelegentlich einige | |
Schiffbrüchige unweit der Küste aufnimmt und im Übrigen darauf verweist, in | |
internationalen Gewässern nicht zuständig zu sein. Tausende sind allein | |
letztes Jahr ums Leben gekommen, und die Zahl steigt. | |
Neun Millionen Euro monatlich kostete die Operation „Mare Nostrum“ zur | |
Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Italien wollte das nicht mehr | |
allein bezahlen, und der Rest von Europa fand es auch zu teuer. Neun | |
Millionen Euro: So viel kosten viele Bürogebäude in guter Innenstadtlage. | |
Die Prioritäten, die das christliche Abendland setzt, sind eine Schande. | |
Die Rettung Schiffbrüchiger ist eine der ältesten zivilisatorischen Normen | |
weltweit. Will Europa wirklich hinter diesen Standard zurückfallen? | |
11 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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