# taz.de -- Kampf gegen Islamischen Staat: Libyen will Waffen | |
> Der UN-Sicherheitsrat spricht sich gegen die Teilaufhebung des Embargos | |
> gegen Libyen aus. Man setzt auf eine politische Lösung: eine | |
> Einheitsregierung. | |
Bild: Libysche Kämpfer schießen mit ihren Waffen auf Einheiten des IS in Beng… | |
KAIRO taz | Libyen hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, das | |
Waffenembargo gegen das nordafrikanische Land aufzuheben. Außenminister | |
Muhammad Al-Dari erklärte bei einer Sitzung am Mittwochabend, ein solcher | |
Schritt würde der Regierung helfen, die Armee aufzubauen, um den sich | |
ausbreitenden Terror des Islamischen Staates (IS) zu bekämpfen. | |
Unterstützt wird diese Forderung von Ägypten. Dessen Präsident Abdel Fatah | |
El-Sisi hatte diese Woche in einem Interview zunächst gefordert, eine | |
internationale Allianz für eine Militärintervention in Libyen zu bilden. | |
Ägypten und die von ihr unterstützte libysche Regierung, die in der Stadt | |
Tobruk im Osten des Landes residiert, waren aber gegenüber dem | |
UN-Sicherheitsrat von dieser Forderung abgerückt, nachdem sie keinen | |
internationalen Rückhalt gefunden hatten. | |
Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens, | |
Großbritanniens und der USA hatten in einer Erklärung im Vorfeld der | |
Sitzung des UN-Sicherheits verlauten lassen, dass sie zwar den Mord an 21 | |
ägyptischen Bürgern durch Dschihadisten des IS verurteilen. Sie treten | |
jedoch für eine politische Lösung ein. Terrorismus beeinträchtige das Leben | |
aller Libyer, eine Fraktion allein könnte diesen nicht bekämpfen, hieß es | |
in einer gemeinsamen Erklärung. Die Hoffnung liege in der Bildung einer | |
Einheitsregierung, die nur durch einen von der UN geförderten | |
Verhandlungsprozess erreicht werden könne. | |
Auch der UN-Sondergesandte Bernardino Leon erklärte gegenüber dem | |
Sicherheitsrat, dass der IS in Libyen nur von einer Einheitsregierung | |
bekämpft werden könne, die starken internationalen Rückhalt genießen müsse. | |
Hintergrund der Forderung ist, dass es in Libyen zwei rivalisierende | |
Machtzentren gibt. In Tobruk residiert die international anerkannte | |
„säkulare“ Regierung, geschützt von der Armee des Generals Khalifa Haftar. | |
In der Hauptstadt Tripolis haben das von Islamisten kontrollierte alte | |
Parlament und die islamistischen Fajr-Milizen das Sagen. | |
## Politisches Vakuum | |
Die radikalen Dschihadisten des IS nutzen das dadurch entstandene | |
politische Vakuum und haben sich vor allem in der Stadt Derna, aber auch in | |
Syrte, der Geburtsstadt des 2011 gestürzten Dikatators Muammar al-Gaddafi, | |
ausgebreitet. Sowohl eine militärische Intervention auf Seiten General | |
Haftars, wie ursprünglich von Ägypten gewünscht, als auch die nun von der | |
libyschen Regierung in Tobruk geforderte Teilaufhebung des Waffenembargos, | |
um eines der beiden rivalisierenden Lager mit Waffen zu versorgen, würde | |
bedeuten, dass sich die internationale Gemeinschaft für die Unterstützung | |
einer der beiden Lager entscheidet. Das ist wohl der Grund, warum sowohl | |
eine militärische Intervention als auch eine Teilaufhebung des | |
Waffenembargos im UN-Sicherheitsrat auf große Zurückhaltung stoßen. | |
In Ägypten werden unterdessen weiterhin mögliche militärische Szenarien für | |
Libyen diskutiert, nachdem ägyptische Kampfjets diese Woche mutmaßliche | |
Stellungen der IS bombardiert hatten. Eine Reihe ägyptischer | |
Militärexperten äußern sich skeptisch zu weiteren Einsätzen der Armee. Wenn | |
Bodentruppen entsandt würden, würde das die ägyptische Armee in einem | |
offenen Krieg hineinziehen, fürchtet Hussam Suwailiym gegenüber der | |
Tageszeitung El-Masy El-Youm. Auch der General a.D. des | |
Militärgeheimdienstes, Hussein Kamal, warnt davor, die ägyptischen Armee zu | |
überlasten. Die Armee sei schon jetzt in einer großen Operation im | |
Nordsinai beschäftigt. Dort kamen in einem Kleinkrieg mit militanten | |
islamistischen Gruppen, die seit Ende Jahres auch im Namen des IS | |
operieren, bisher Hunderte von Soldaten um. | |
Daneben, so Kamal, müsse die Armee auch in anderen Teilen Ägyptens für | |
Sicherheit sorgen. Selbst die ägyptischen Luftschläge will er nicht mit | |
jenen der Anti-IS-Koalition im Irak oder in Syrien vergleichen, da es sich | |
nur um Vergeltungsschläge gehandelt habe. Die Nachrichtenwebseite Youm | |
El-Sabaa zitiert einen namentlich nicht genannten Militärexperten mit den | |
Worten, dass Ägypten in Übereinstimmung mit Tobruk Spezialeinheiten nach | |
Libyen schicken könnte. Ägyptische Spezialeinheiten seien für derartige | |
Aufgaben ausgebildet. | |
## Arabische Diplomatie gespalten | |
Laut der Tageszeitung Shourouk werde derzeit hinter den Kulissen bereits | |
die Möglichkeit debattiert, die Spezialeinheit 999 nach Libyen zu | |
entsenden. Wenn die libysche Seite dem zustimme, könne diese Einheit an der | |
Seite libyscher Truppen die Terroristen bekämpfen. Berichte, dass | |
ägyptische Spezialeinheiten diese Woche bereits in der ostlibyschen Stadt | |
Derna eine Stellung der IS angegriffen und über 50 Dschihadisten | |
gefangengenommen hat, wurden von ägyptische Seite bisher nicht bestätigt. | |
Die Frage des weiteren Vorgehens in Libyen spaltet auch die arabische | |
Diplomatie. Am Dienstag wurde der Botschafter des Emirates Katar in Kairo | |
zu Konsultationen nach Hause berufen. Anlass war einer Erklärung des | |
ägyptischen Delegierten der Arabischen Liga. Ägypten hatte am Mittwoch die | |
anderen arabischen Staaten aufgefordert, „das legitime Recht auf | |
Selbstverteidigung“ zu unterstützen, also die ägyptischen Luftschläge in | |
Libyen. Der ägyptische Delegierte Tarek Adel warf Katar vor, „den Terror zu | |
unterstützen“, nachdem sich der Golfstaat gegen die Bombardierungen | |
ausgesprochen hatte. | |
Das katarische Außenministerium stellte sich auch gegen die ägyptische | |
Forderung nach einer Teilaufhebung des Waffenembargos, weil dies, so heißt | |
es in einer Erklärung, „nur eine Seite auf Kosten der anderen unterstützt, | |
ehe ein Dialog zur Bildung einer nationalen Einheitsregierung beendet | |
worden ist“. | |
19 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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