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# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Hunderte Christen fliehen vor dem IS
> Über 220 Assyrer wurden vom IS entführt und ihr Kulturerbe zerstört. Die
> Islamisten liefern sich derzeit heftige Kämpfe mit kurdischen Einheiten.
Bild: Das assyrische Dorf Abu Tina in der Provinz Hassaka wurde vom IS erobert
BERLIN taz | Die Zahl der in der Provinz Hassaka im Nordosten Syriens
verschleppten christlichen Assyrer ist offenbar höher als zunächst
angenommen. Hatte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für
Menschenrechte am Dienstag noch von mindesten 90 Entführten gesprochen,
korrigierte sie die Zahl am Donnerstag auf mindestens 220.
Der assyrische Politiker Ablahd Kourieh sprach gegenüber Reuters gar von
350 bis 400 Christen, die von den Extremisten des Islamischen Staats (IS)
gefangen genommen worden seien. Vermutlich wurden sie in Orte gebracht, die
vom IS kontrolliert werden. Die Extremisten bekannten sich zunächst nicht
zu der Tat.
In der Vergangenheit nutzte der IS in Syrien Entführte gelegentlich als
Faustpfand, um sie gegen eigene Kämpfer auszutauschen, die von anderen
bewaffneten Gruppen in gefangen genommen wurden. Letzte Woche hatten
IS-Kämpfer in Libyen allerdings 21 gefangene koptische Ägypter ermordet.
Hunderte von Assyrern sind inzwischen in die beiden größten Städte der
Provinz geflohen, die Hauptstadt Hasaka und die syrisch-kurdische
Hauptstadt Qamishli.
## Auch Assyrer kämpfen auf der Seite der Kurden
Vermutlich hängen die Entführungen der Assyrer mit den Kämpfen zwischen dem
IS und kurdischen Einheiten zusammen, die derzeit in der Provinz Hassaka
stattfinden. Die Minderheit der Assyrer lebt in der Umgebung der kurdisch
dominierten Provinzhauptstadt. Im Jahr 2011, vor Beginn der Massenproteste
gegen das Regime von Baschar al-Assad, wurde ihre Zahl auf 30.000
geschätzt.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle eroberte der IS in den vergangenen
Tagen zehn Dörfer in der Region. Zuvor hatten kurdische Einheiten bei einer
Offensive gegen den IS mehrere Dörfer in der Gegend zwischen Hasaka und der
syrisch-kurdischen Hauptstadt Qamishli erobert. Auch Assyrer beteiligten
sich aufseiten der Kurden an den Kämpfen. Daher könnt es sich bei den
Entführungen auch um einen Racheakt handeln.
## Im Nordirak zerstört der IS Kulturgüter aus Assyrien
Am Donnerstag bombardierte die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition
Stellungen der Extremisten in der Region. Der Nordosten Syriens ist für den
IS strategisch wichtig, weil er die von ihm in Syrien und im Irak
gehaltenen Gebiete miteinander verbindet.
Die Assyrer sind eine ethnische Gemeinschaft, deren Ursprünge im antiken
Mesopotamien liegen. Sie nahmen früh das Christentum an; heute folgen sie
fünf verschiedenen christlichen Konfessionen. Nach dem Ersten Weltkrieg
wurden sie als Flüchtlinge von den Franzosen in der heutigen Provinz Hasaka
angesiedelt. Hoffnungen auf einen eigenen Staaten erfüllten sich nicht.
Spuren ihrer alten Kultur finden sich auch heute noch in der ganzen Region.
Am Donnerstag meldete dpa, dass der IS im Nordirak einzigartige Kulturgüter
aus altorientalischer Zeit zerstört hat. Bei vielen zertrümmerten Stücken
handelt es sich demnach um mehr als 2.600 Jahre alte Originale aus
Assyrien.
26 Feb 2015
## AUTOREN
Beate Seel
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
„Islamischer Staat“ (IS)
Assyrer
Kopten
John Kerry
Milizen
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Flüchtlingshilfe
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„Islamischer Staat“ (IS)
Waffen
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