# taz.de -- Asyl für US-Deserteur: Der Fall André Shepherd | |
> Das Bundesamt für Migration lehnte 2011 Shepherds Asylantrag ab. Nach dem | |
> EuGH-Urteil ist nun das Verwaltungsgericht München am Zug. | |
Bild: Das Verfahren ist ein Präzedenzfall: Shepherd selbst droht wohl keine Au… | |
KARLSRUHE taz | André Shepherd ist der erste US-Deserteur, der in | |
Deutschland einen Asylantrag stellte. 2003 meldete er sich aus Geldnot | |
freiwillig bei der U.S. Army. Schon bald wurde er für ein halbes Jahr im | |
Irak eingesetzt – als Hubschrauber-Mechaniker. Von September 2004 bis | |
Februar 2005 reparierte er Apache-Kampfhubschrauber. Anschließend | |
verlängerte er seinen Vertrag um acht Jahre. | |
Ab 2007 sollte Shepherd erneut im Irak eingesetzt werden. Das konnte der | |
Soldat aber nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Denn inzwischen hatte er | |
erfahren, dass die von ihm gewarteten Hubschrauber im Irak immer wieder zu | |
Einsätzen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wurden. Mit derartigen | |
Einsätzen, die er als Kriegsverbrechen wertet, wollte er nichts zu tun | |
haben. | |
Zu dieser Zeit war André Shepherd in einer US-Kaserne in Franken | |
stationiert. Ab April 2007 tauchte er deshalb in Deutschland unter. | |
Neunzehn Monate lebte er bei deutschen Freunden und finanzierte seinen | |
Lebensunterhalt mit Gartenarbeiten. In den USA drohen ihm seitdem eine | |
Haftstrafe und die unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Im November 2008 | |
stellte er dann einen Asylantrag. 2010 verliehen ihm die taz-Leser den | |
Panther Preis für Zivilcourage. Doch das Bundesamt für Asyl und Migration | |
lehnte im März 2011 seinen Asylantrag ab. | |
Als Techniker drohe ihm keine persönliche Verwicklung in Kriegsverbrechen. | |
Er habe auch keine konkreten Verbrechen seiner Einheit bei seinem ersten | |
Irak-Aufenthalt nennen können. Der Irakkrieg sei jedenfalls nicht als | |
ganzer völkerrechtswidrig. Denn ab 2003 habe die UNO den Aufenthalt der | |
US-Truppen legitimiert. Gegen diesen Bescheid erhob Shepherd Klage beim | |
Verwaltungsgericht München. | |
## Einsatz war von UNO gestützt | |
Die dortigen Richter legten den heiklen Fall dann [1][dem Europäischen | |
Gerichtshof (EuGH) vor], denn das deutsche Asylrecht ist inzwischen | |
weitgehend durch EU-Vorgaben bestimmt. Nachdem der EuGH die konkreten | |
Maßstäbe für Deserteurs-Fälle definiert hat, ist nun wieder das | |
Verwaltungsgericht München am Zug und muss jetzt konkret über Shepherds | |
Asylantrag entscheiden. | |
Nach den EuGH-Vorgaben dürfte Shepherd aber wenig Erfolgsaussichten haben. | |
So ist die Beweislast für drohende Kriegsverbrechen besonders hoch, weil | |
der Irak-Einsatz der US-Truppen jedenfalls zum Zeitpunkt der Desertion von | |
der UNO akzeptiert war. Außerdem haben US-Gerichte durchaus in Einzelfällen | |
Kriegsverbrechen von US-Soldaten im Irak bestraft, allerdings sehr milde. | |
Der EuGH warf die Frage auf, ob Shepherd wirklich keine andere Wahl hatte, | |
als zu desertieren. Immerhin habe er sich 2003 freiwillig verpflichtet, zu | |
einem Zeitpunkt also, zu dem die US-Truppen bereits im Irak standen. | |
Außerdem habe er nach seinem Irak-Einsatz den Vertrag sogar verlängert. | |
Shepherd argumentierte bisher, er habe durch die Verlängerung eine | |
Einberufung als Reservist vermeiden wollen. Auch ein Antrag auf Anerkennung | |
als Kriegsdienstverweigerer hätte laut Shepherd keinen Sinn gemacht. Da er | |
Kriege nicht generell, sondern konkret die US-Intervention im Irak | |
ablehnte, hätte er keine Chance auf Anerkennung gehabt. | |
Shepherd wird von der [2][Organisation Connection e. V.] unterstützt, die | |
sich weltweit für Deserteure einsetzt. Er kämpft mit seinem Präzedenzfall | |
auch für „viele Tausende“ anderer Soldaten, die ebenfalls über eine | |
Desertion nachdenken. Shepherd selbst hat inzwischen eine deutsche Frau | |
geheiratet und somit einen relativ gesicherten Aufenthalt in Deutschland. | |
Da er eine politische Tat begangen hat, droht ihm auch keine Auslieferung | |
in die USA. | |
26 Feb 2015 | |
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[1] /!141078/ | |
[2] http://www.connection-ev.de/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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