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# taz.de -- Flüchtlingsauffanglager in Afrika: „Zynisch und realitätsfern“
> Die EU-Staaten sind uneins, ob in Afrika Auffanglager für Flüchtlinge
> eingerichtet werden sollen. Auch in Deutschland gehen die Meinungen weit
> auseinander.
Bild: Flüchtlingslager in einem ehemaligen Oktoberfestzelt in München
BRÜSSEL dpa | Die EU streitet über die Einrichtung von Auffanglagern für
Flüchtlinge in Nordafrika. Bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen
warb Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für solche Lager, um das
Flüchtlingsproblem abzumildern. „Die Aufnahmezentren (...) könnten eine
solche Lösung sein“, sagte der Minister am Donnerstag in Brüssel.
Die Idee solcher Lager ist, Flüchtlinge von der gefährlichen Überfahrt über
das Mittelmeer nach Europa abzuhalten. Bereits in den Lagern soll die
Entscheidung fallen, wer legal nach Europa kommen darf und wer in seine
Heimat zurückkehren muss. Dies soll Schleppern das Handwerk legen.
Allerdings seien keine schnellen Schritte möglich, sagte de Maizière. „Das
braucht Zeit, man muss die menschenrechtlichen Bedingungen dort sehr genau
untersuchen.“ Deutschland werde die Debatte „sehr sorgsam, aber
entschlossen“ führen. Die Zentren sollten laut de Maizière vom
UN-Flüchtlingskommissar betrieben werden. Die EU-Innenminister diskutierten
über diesen Vorschlag, Beschlüsse waren nicht vorgesehen.
Innerhalb der Bundesregierung gibt es Unstimmigkeiten über die Idee.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich skeptisch. „Ob
Flüchtlinge in solchen Auffangstellen in Nordafrika alle rechtsstaatlichen
Möglichkeiten haben würden, die sie innerhalb der EU hätten, wäre
fraglich“, sagte Maas der Rheinischen Post. Die Menschen könnten zudem
befürchten, dass ihre Anträge keinen Erfolg hätten. „Wenn die Flüchtlinge
diese Zentren nicht als Tür, sondern als Mauer wahrnehmen, werden sie sich
leider nicht abhalten lassen, weiter den Weg über das Meer zu suchen“,
sagte Maas.
Auf EU-Ebene unterstützt Österreich den deutschen Vorschlag. Die
österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte: „Ich glaube,
das ist eine Initiative, die intensiv diskutiert gehört.“ Viele EU-Staaten
halten die Idee dagegen für nicht realisierbar. Nach Angaben von
EU-Diplomaten gilt etwa die Lage in Libyen als zu unsicher. Zudem stellen
sich rechtliche Fragen, etwa wer vor Ort über Asylanträge entscheidet. Die
EU-Staaten müssten sich zudem auf ein System einigen, um anerkannte
Flüchtlinge gerecht zu verteilen – dies ist höchst umstritten. Abgelehnte
Asylsuchende würden wohl weiter die lebensgefährliche Überfahrt nach Europa
versuchen.
## Seenotrettung und Aufnahmeprogramme
Die EU-Kommission prüft derzeit die Idee. EU-Innenkommissar Dimitris
Avramopoulos will im Mai eine Agenda zum Thema Flüchtlinge und Asyl mit
neuen Vorschlägen präsentieren. Kritik kam von Menschenrechtsorganisationen
sowie von Grünen und Linken. Der Europareferent von Pro Asyl, Karl Kopp,
nannte die Debatte „zynisch, realitätsfern und geschwätziges Blendwerk“. …
forderte eine europäische Seenotrettung und Aufnahmeprogramme.
Die EU-Abgeordnete Ska Keller von den Grünen kritisierte die Auffanglager
als „eine neue Spielart der Festung Europa“. Die Innenexpertin der Linken
im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte in Berlin, solche Lager seien „ein
weiterer Baustein bei der Abschottung der EU gegen schutzsuchende
Menschen“.
12 Mar 2015
## TAGS
Afrika
Flüchtlinge
Europa
Asylsuchende
Auffanglager
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Flüchtlinge
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