# taz.de -- UN und Bürgerkrieg in Syrien: Gescheiterte Gemeinschaft | |
> Die UN konnten den Krieg in Syrien bis heute nicht beenden – weil die | |
> Interessensgegensätze zu einer Dauerblockade des Sicherheitsrates geführt | |
> haben. | |
Bild: Hat die Friedenspläne von ihren Auftraggebern Kofi Annan und Lakdhar Bra… | |
GENF taz | In keinem anderen Gewaltkonflikt der letzten zwanzig Jahre | |
gelten die Vereinten Nationen und insbesondere der UN-Sicherheitsrat in | |
weiten Teilen der Öffentlichkeit dermaßen als gescheitert wie im syrischen | |
Bürgerkrieg. | |
Beim Völkermord in Ruanda im Frühjahr 1994 wurden zwar innerhalb der kurzen | |
Zeitspanne von wenigen Wochen fast 900.000 Menschen hingemetzelt. Und der | |
Völkermord an fast 8.000 muslimischen Jungen und Männern im ostbosnischen | |
Srebrenica im Juli 1995 gilt auch deswegen als besonders gravierendes | |
„Versagen der UN“, weil dieser Völkermord in einer vom Sicherheitsrat | |
proklamierten und von Blauhelmsoldaten bewachten „UN-Schutzzone“ stattfand. | |
Zudem waren die weltweite mediale Aufmerksamkeit und Erschütterung auch | |
deshalb so groß, weil dieser Völkermord in Europa stattfand. Vergleichbare | |
Gewaltakte mit ähnlicher oder noch größerer Grausamkeit und höherer | |
Opferzahl auf dem afrikanischen Kontinent stoßen auf viel weniger | |
Interesse. | |
Doch der Bürgerkrieg in Syrien zieht sich inzwischen schon vier Jahre hin | |
und ist während dieser Zeit ständig eskaliert. Zu den bislang über 210.000 | |
Toten und 840.000 Verwundeten kommen noch 8 Millionen Binnenvertriebene und | |
über 4 Millionen syrische Flüchtlinge im Ausland. Das ist die größte | |
Flüchtlingskatastrophe und die größte Herausforderung für die humanitären | |
Organisationen des UN-Systems seit Ende des Zweiten Weltkrieges. | |
Trotz aller diplomatischen Bemühungen durch zwei sehr erfahrene Vermittler | |
– Kofi Annan und Lakdhar Brahimi – konnten die UN diesen grausamen | |
Bürgerkrieg bis heute nicht beenden. Denn die Interessengegensätze zwischen | |
den fünf Vetomächten, insbesondere zwischen Russland und den USA, haben zu | |
einer Dauerblockade des Sicherheitsrates geführt. Die beiden Vermittler | |
mussten scheitern, weil ihre Friedenspläne von ihren Auftraggebern im | |
Sicherheitsrat sabotiert wurden. | |
Im Unterschied etwa zum Koreakonflikt der 50er Jahre, als eine ähnliche | |
Blockade und Handlungsunfähigkeit des Rates durch die „United for | |
Peace“-Resolution der Generalversammlung überwunden wurde, gibt es im | |
Syrienkonflikt bislang keine Initiative aus den Reihen der 193 | |
UN-Mitglieder für eine derartige Resolution. Zu den Interessengegensätzen | |
zwischen Russland und den USA kommen erschwerend hinzu die | |
machtpolitischen, zum Teil religiös verbrämten Rivalitäten zwischen den mit | |
jeweils einem dieser beiden UN-Vetomächte verbündeten Nachbarstaaten | |
Syriens, in erster Linie Iran, Saudi-Arabien und die Türkei. | |
## Auch humanitäre Organisationen scheitern | |
Über das politische Versagen der UN, den syrischen Bürgerkrieg zu beenden, | |
hinaus scheitern auch die humanitären Organisationen in einem bislang noch | |
nie dagewesenen Ausmaß an ihrem Auftrag der Not- und Überlebenshilfe für | |
die Opfer des Krieges. | |
Das gilt gleichermaßen für das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge, das | |
Welternährungsprogramm und andere im Syrienkonflikt tätige Organisationen | |
des UN-Systems wie für die dort engagierten Nichtregierungsorganisationen. | |
Denn der Zugang zu den innerhalb Syriens zu versorgenden Menschen wird den | |
Hilfsorganisationen in diesem unübersichtlichen Bürgerkrieg mit seinen | |
zahlreichen widerstreitenden Akteuren und unklaren Frontverläufen noch | |
häufiger erschwert oder völlig verwehrt als etwa in den jugoslawischen | |
Zerfallskriegen oder in anderen innerstaatlichen Gewaltkonflikten der | |
letzten 25 Jahre seit Ende des Kalten Krieges. | |
Und zur ausreichenden Versorgung der syrischen Flüchtlinge in den vier | |
Hauptaufnahmeländern Libanon, Jordanien, Irak und Türkei sind die | |
Hilfsorganisationen der UN immer weniger in der Lage, weil die | |
Mitgliedsstaaten die dafür erforderlichen Finanzmittel nicht zur Verfügung | |
stellen. | |
12 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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