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# taz.de -- Krieg im Jemen: Attacke der „sunnitischen Allianz“
> Saudi-Arabiens Luftangriffe auf schiitische Huthi-Rebellen sollen Irans
> Einfluss schwächen. Zugleich braucht der Westen Iran im Kampf gegen den
> IS.
Bild: Die jemenitische Stad Sanaa nach einem Luftangriff
KAIRO taz | Mit atemberaubender Geschwindigkeit wird aus dem Bürgerkrieg im
Jemen ein regionaler Konflikt. Am Mittwochabend waren die Jemeniten ins
Bett gegangen mit der Nachricht, dass die schiitischen Huthi-Kämpfer, die
schon längst die Regierung aus der Hauptstadt vertrieben haben, vor Aden
stehen und Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi an einen unbekannten Ort
geflohen ist.
Huthi-Fernsehkanäle hatten auf den Präsidenten sogar ein Kopfgeld
ausgesetzt. Nach Mitternacht überschlugen sich dann die Ereignisse, als
saudische Kampfjets begannen, mutmaßliche Huthi-Stellungen im Jemen zu
bombardieren. Die Luftangriffe, das zeigte sich bei Tageslicht am
Donnerstag, richteten verheerende Schäden an.
Spontan war die saudische Intervention nicht. Der Golfkooperationsrat, mit
Ausnahme Omans, erklärte, die „Huthi-Aggression“ gemeinsam zurückdrängen…
wollen. Neben nach amtlichen Angaben 100 saudischen Kampfjets wollen auch
die Vereinigten Arabischen Emirate 30 Flugzeuge, Bahrain und Kuwait mit
jeweils 15 und Jordanien sechs Flugzeuge für den Einsatz im Jemen stellen.
Marokko, Sudan und Pakistan sagten Unterstützung zu, am Donnerstag auch
Ägypten.
Saudi-Arabien hat, wie sich zeigt, hinter den Kulissen ein riesige
„sunnitische Allianz“ geschmiedet, die in dieser Nacht im Jemen in Aktion
getreten ist. Nun blickt alles auf den Iran, dem vorgeworfen wird, die
schiitischen Huthis zu unterstützen.
## Grünes Licht aus Washington
Die ersten Reaktionen sind verhalten. Irans Außenminister Mohammad Javad
Zarif forderte am Donnerstag den Stopp der Luftangriffe. „Militäraktionen
von außerhalb, die Jemens territoriale Integrität verletzten, führen nur zu
mehr Blutvergießen und Tod“, erklärte der oberste iranische Diplomat. Auf
die Frage eines TV-Senders, ob man den Iran um Hilfe bitten werde, wiegelte
ein Huthi-Sprecher ab: „Das jemenitische Volk ist darauf vorbereitet, auf
diese Aggression ohne ausländische Einmischung zu antworten.“
Klar wurde, dass die saudischen Luftangriffe grünes Licht aus Washington
haben. „Präsident Obama hat die logistische und geheimdienstliche
Zusammenarbeit mit den Golfkooperationsstaaten autorisiert, die die
Militärschläge anführen“, erklärte die Sprecherin des Nationalen
Sicherheitsrates, Bernadette Meehan.
Die Gefahr der saudischen Militäraktion im Jemen: Mit einer militärischen
Intervention wird ein immer noch vorwiegend lokaler Konflikt nicht nur
regionalisiert, sondern auch konfessionalisiert. Saudi-Arabien und seine
Verbündeten sehen die schiitischen Huthis als verlängerten Arm Teherans.
Die Wirklichkeit ist aber weitaus komplexer.
## Jemen ist kompliziert
Insgesamt sechs blutige Kriege hat die jemenitische Zentralregierung in
Sanaa gegen die Huthi-Rebellen geführt. Dabei ging es nicht um
sunnitisch-schiitische Widersprüche, sondern darum, dass die Provinz der
Huthis im Norden des Landes vollkommen vernachlässigt war und die
Huthi-Rebellen für mehr Macht gegenüber der Zentralregierung kämpften.
Dabei konnten die Huthis niemals entscheidend geschlagen werden, auch nicht
als saudische Truppen der Zentralregierung vor sechs Jahren direkt zur
Seite traten.
Mit dem Arabischen Frühling vor vier Jahren hatte sich die Lage verändert.
Jemens Diktator Abdallah Saleh ging nach langen Protesten ins Exil, in
Sanaa wurde eine schwache Übergangsregierung unter Salehs Vizepräsident
Hadi installiert. Das wurde damals als unblutige „jemenitische Lösung“
gefeiert. Doch die Regierung erwies sich als schwach, die Huthi-Bewegung
witterte eine neue Chance und marschierte Richtung Sanaa. Viele, auch
Sunniten, sahen das durchaus positiv.
Dann ging alles schief. Der Versuch, eine Einheitsregierung zu bilden,
scheiterte. Staatspräsident Hadi wurde von den Huthi-Rebellen in Hausarrest
genommen und konnte später in Richtung Aden fliehen. Fast jede staatliche
Institution war zweigeteilt – auch die regulären Sicherheitskräfte. Die
Huthis regierten in Sanaa und breiteten ihr Territorium aus, Hadi saß in
Aden mit täglich schrumpfender Macht. Diese Woche floh er. Das war die
Ausgangslage, bevor die saudische Intervention begann, die Karten
neuzumischen.
## Dilemma der USA
Für die Saudis und ihre Koalition geht es aber in erster Linie nicht um die
Krise im Jemen, sondern um den ihrer Meinung nach wachsenden Einfluss des
Iran. Das bringt den Westen und allen voran die USA in ein Dilemma. Im
Jemen paktieren die USA mit ihren saudischen Verbündeten gegen Freunde
Irans – im Irak bombardieren sie IS-Positionen, während am Boden iranische
Generäle lokale Anti-IS-Bodentruppen dirigieren.
Im Norden gehen die USA mit dem Iran gegen den IS, im Süden mit den Saudis
gegen den Iran vor. Im Chaos der arabischen Welt wird es auch für die USA
und Europa immer schwerer sich zu positionieren. Die aktuelle Frage lautet,
was ist die Priorität: effektiv die Dschihadisten des IS zu bekämpfen oder
den iranischen Einfluss einzudämmen.
26 Mar 2015
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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