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# taz.de -- Machtkampf in Bangladesch: Opposition streikt sich ins Abseits
> Die oppositionelle BNP hat stark an Bedeutung verloren. Ihre Aufrufe zu
> Protesten werden kaum befolgt. Die Regierung hat Tausende verhaften
> lassen.
Bild: Die frühere Ministerpräsidentin und heutige Oppositionsführerin Khaled…
DHAKA taz | Nach drei Monaten hat Bangladeschs Oppositionsführerin klein
beigegeben. Am Sonntag verließ Khaleda Zia, Chefin der konservativen
National-Partei (BNP), erstmals seit Anfang Januar ihr Büro. Sie stellte
sich einem Gerichtsverfahren wegen Korruption und kehrte dann in ihre Villa
zurück.
Damit kommt ein wenig Bewegung in einen festgefahrenen und gewalttätigen
politischen Konflikt, der in den vergangenen Monaten 120 Menschen das Leben
gekostet hat.
Anfang Januar hatte die Regierung der linksliberalen Awami-Liga (AL) eine
Demonstration der BNP verboten und Parteichefin Zia in ihrem Büro
eingeschlossen. Seitdem hat die BNP fast täglich zu Generalstreiks
aufgerufen, bei denen ihre Aktivisten Brandanschläge auf Busse verübten.
Allein dabei starben 80 Menschen, zahlreiche weitere erlitten schwere
Verbrennungen.
Die Regierung griff hart durch, bezeichnete die BNP als „Terroristenpartei“
und ließ 15.000 Oppositionsaktivisten festnehmen. Bei Straßenkämpfen und
Razzien wurden 40 Oppositionelle von der Polizei erschossen.
Auch der Generalsekretär der Partei, Salahuddin Ahmed, ist seit knapp einem
Monat verschwunden. Laut Zeugen wurde er von der Polizei festgenommen,
diese leugnet aber, ihn in Gewahrsam zu haben. Parteichefin Zia ist nun
wegen der Brandanschläge angeklagt.
## Regierungspartei hat Opposition ausgestochen
Der Konflikt zwischen der BNP und der AL ist ein langjähriger politischer
Machtkampf. Beide Parteien haben seit Einführung demokratischer Wahlen 1991
regelmäßig vergleichbare Wahlergebnisse eingefahren und sich an der
Regierung abgewechselt. Seitdem versuchen sie jeweils ihre Macht zu
festigen und eine zweite Wahl in Folge zu gewinnen.
Das, so scheint es nun, ist der AL durch eine Kombination von geschickter
Politik und Repression erstmals gelungen, während die BNP zugleich in der
Bedeutungslosigkeit zu versinken droht.
Als Garant freier Wahlen galt bis vor wenigen Jahren das System neutraler
technokratischer Übergangsregierungen, die faire Wahlen unparteiisch
organisierten. Das änderte sich 2006, als sich eine solche
Übergangsregierung mit Unterstützung des Militärs verselbstständigte und
selbst zwei Jahre lang an der Macht blieb.
Als internationaler Druck Wahlen erzwang, gewann die AL eine
Zweidrittelmehrheit und nutzte diese, um die Institution der
Übergangsregierungen wieder abzuschaffen. Bei den nächsten Wahlen Anfang
2014 weigerte sich darauf die BNP teilzunehmen mit der Begründung, sie
traue der AL-Regierung nicht zu, faire Wahlen zu organisieren.
## Der Konflikt eskaliert
Doch dieser Wahlboykott ging schief: Ohne nennenswerte Opposition gewann
die AL die Wahl haushoch – in mehr als der Hälfte der Wahlkreise wurde gar
nicht erst abgestimmt, weil es keine Gegenkandidaten gab. Trotz der Farce
blieben internationale Proteste aus, die AL blieb an der Macht. Die BNP,
nun im Parlament nicht einmal mehr vertreten, trug darauf ihren Protest auf
die Straße.
Anfang 2015 eskalierte der Konflikt. Zum ersten Jahrestag der boykottierten
Wahl rief die BNP zu einer Demonstration mitten in der Hauptstadt Dhaka
auf, Parteichefin Khaleda Zia sollte den Protest anführen.
Die Regierung verbot die Demonstration und riegelte die Straße von Zias
Büro ab, Polizisten sperrten sie in ihrem Büro ein. Als Zia dennoch
versuchte, das Gelände zu verlassen, wurde sie mit Pfefferspray beschossen.
Die letzten Monate lebte sie dort in einer Art Hausarrest.
Seitdem ist auch das politische Repertoire der BNP stark eingeschränkt.
Wochenlang bestand es darin, samstags einen dreitägigen Streik anzukündigen
und diesen dann dienstags um zwei Tage zu verlängern – also die gesamte
Arbeitswoche abzudecken.
## Generalstreiks laufen ins Leere
Doch auf den Straßen war dieser Massenstreik wegen der tausendfachen
Festnahmen von Aktivisten kaum zu spüren. In den Medien wurden die
Brandanschläge auf trotzdem verkehrende Busse wegen der damit verbundenen
Todesopfer heftig kritisiert.
Nun scheint die BNP resigniert: Seit letzter Woche ist nicht mehr jeder Tag
ein „Streik“, die BNP nimmt nach anfänglicher Weigerung doch an Dhakas
Bürgermeisterwahl teil, und am Sonntag ließ sich Khaleda Zia ins Gericht
fahren, um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Von der einst mächtigen
Oppositionspartei ist wenig übrig.
7 Apr 2015
## AUTOREN
Lalon Sander
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