# taz.de -- Nach Exekution von Parteifunktionär: Proteste in Bangladesch | |
> Hunderte Demonstranten, die das Todesurteil gutheißen, versammelten sich | |
> in Dhaka und in anderen Städten. Die Partei des Erhängten ruft zum | |
> Generalstreik auf. | |
Bild: Tod durch den Strick: In Dhaka ein Grund zum Feiern. | |
Dhaka ap | Bangladesch rüstet sich nach der Hinrichtung eines hohen | |
Funktionärs der Oppositionspartei Jamaat-e-Islami für mögliche neue | |
Unruhen. Bereits nach der Exekution versammelten sich am Sonntag in Dhaka | |
und anderen Städten Hunderte Demonstranten, die den Prozess und das | |
Todesurteil gegen Mohammad Kamaruzzaman wegen Verbrechen im | |
Unabhängigkeitskrieg von 1971 gutheißen. Dessen Partei rief für Montag zum | |
Generalstreik gegen die Regierung auf. Aus Furcht vor einer | |
Gewalteskalation wurden die Sichervorkehrungen im Land erhöht. | |
Der hingerichtete Kamaruzzaman war der Vize-Generalsekretär der | |
islamistischen Jamaat-e-Islami. Er soll während des Unabhängigkeitskriegs | |
als Chef einer Miliz mit der pakistanischen Armee zusammengearbeitet haben | |
und für den Tod von mindestens 120 Bauern verantwortlich sein. | |
Kamaruzzaman war 2013 von einem Sondertribunal verurteilt worden. Am Montag | |
hatte das Oberste Gericht des Landes seine Berufung endgültig abgelehnt. | |
Ein Gnadengesuch wollte der Verurteilte nicht stellen. Am Samstag besuchte | |
ihn seine Familie ein letztes Mal, wie sein Anwalt mitteilte. | |
Nach Angaben der Gefängnisleitung wurde er um 22.30 Uhr (Ortszeit) gehängt. | |
Danach zeigten Fernsehbilder, wie ein Krankenwagen mit seinem Leichnam das | |
Gelände verließ. Am Sonntag wurde Kamaruzzaman in seinem Heimatbezirk | |
Sherpur beerdigt. 2013 war bereits sein Parteikollege Abdul Quader Mollah | |
für ähnliche Verbrechen verurteilt und hingerichtet worden. Damals gab es | |
gewaltsame Proteste. | |
Die Geschichte des neunmonatigen Kriegs um die Unabhängigkeit von Pakistan | |
im Jahr 1971 ist für das asiatische Land nach wie vor heikel. Bangladesch | |
macht Pakistan und mit ihm verbündete Kräfte für den Tod von drei Millionen | |
Menschen verantwortlich. Schätzungsweise 200 000 Frauen wurden | |
vergewaltigt, zehn Millionen Menschen flohen nach Indien. | |
## Zweifel am juristischen Verfahren | |
Die Aufarbeitung der Grausamkeiten wurde jäh unterbrochen als 1975 | |
Staatsgründer Mujibur Rahman in einem Militärputsch gestürzt und getötet | |
wurde. Seine Tochter, Ministerpräsidentin Sheikh Hasina gründete 2010 zwei | |
Sondertribunale, die inzwischen mehr als ein Dutzend Personen wegen | |
Kriegsverbrechen verurteilt haben, vor allem hohe Vertreter der | |
Jamaat-e-Islami, die damals gegen die Unabhängigkeit war. Die Partei sieht | |
die Urteile jedoch als politisch motiviert an. Sie kommt bei Wahlen auf | |
einen Stimmenanteil von zwei bis drei Prozent. | |
Beim UN-Hochkommissariat für Menschenrechte gibt es offenbar Zweifel an dem | |
juristischen Verfahren. Eine Sprecherin appellierte bereits am Mittwoch an | |
Bangladesch, die Exekution nicht auszuführen, da Kamaruzzamans Prozess | |
internationalen Standards nicht genügt habe. Auch das US-Außenministerium | |
hatte noch am Samstag geraten, die Hinrichtung zu stoppen. Die | |
bangladeschische Regierung hält den Prozess hingegen für ordnungsgemäß. | |
12 Apr 2015 | |
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