# taz.de -- Greenpeace-Aktion gegen Bohrinsel: Schiffsbesetzer auf hoher See | |
> Greenpeace-Aktivisten haben eine Ölplattform geentert, die Shell ins | |
> Nordpolarmeer bringen will. Sie protestieren gegen Bohrungen in der | |
> Arktis. | |
Bild: „Normale Leute gegen Shell“, könnte man das Transparent der Aktivist… | |
BERLIN taz | Das Foto ist spektakulär: Ein Mann baumelt an einem | |
Kletterseil, unter ihm nur die wogende See, viele Meter über ihm der | |
Fotograf und das Ziel des Kletterers: Die Polar Pioneer, eine Ölplattform | |
auf einem Transportschiff. Sechs Greenpeace-Aktivisten haben so am | |
Montagabend das 1.500 Kilometer nordwestlich von Hawaii gelegene Boot | |
bestiegen, um gegen die Ölförderung in der Arktis zu protestieren. Die | |
Plattform soll laut Greenpeace für den Energiekonzern Shell in das | |
Nordpolarmeer transportiert werden. Shell bestätigte, dass Aktivisten die | |
Polar Pioneer betreten hätten. | |
Die Umweltschützer sind mit Proviant für mehrere Tage ausgestattet und | |
berichten in sozialen Medien live von der Besetzung. Eine von ihnen ist die | |
23-jährige Österreicherin Miriam Friedrich. Zusammen mit ihren Mitstreitern | |
ist sie per Schlauchboot vom Greenpeace-Schiff „Esperanza“ zur Polar | |
Pioneer gelangt, wo sie ihr Basislager aufgeschlagen haben. „Die Arktis ist | |
ein Tabugebiet und No-go, wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen“, sagte | |
die Studentin der taz per Satellitentelefon. | |
Das Schiff transportiert die Ölplattform laut Greenpeace zuerst nach | |
Seattle, bevor es in die Tschuktschensee westlich von Alaska geht. Shell | |
hatte noch im Januar angekündigt, eine Milliarde Euro in das Arktisprojekt | |
zu stecken. Das Schmelzen des Polareises macht die Region attraktiv, denn | |
so könnten Unternehmen Rohstoffe bald leichter erschließen. Und die werden | |
in rauen Mengen unter dem Meeresboden vermutet: rund 13 Prozent der bislang | |
nicht entdeckten Erdölvorkommen und rund 30 Prozent der noch unbekannten | |
Gasvorkommen. | |
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kritisieren Ölbohrungen in der | |
ökologisch sensiblen Arktisregion seit Langem. Besonders bemängeln sie die | |
Gefahren eines möglichen Unfalls: Die extremen Wetterbedingungen machen | |
Rettungsmaßnahmen äußerst schwierig, eine Infrastruktur dafür besteht in | |
der Nähe der entlegenen Ölförderplattformen nicht. Laut Greenpeace gibt es | |
zudem kein wirksames Verfahren, um ausgelaufenes Öl im vereisten Wasser zu | |
bergen. Trotzdem habe die US-Regierung gerade erst entschieden, dass die | |
Vergabe von Öl- und Gasförderlizenzen für die Tschuktschensee an Shell aus | |
dem Jahr 2008 rechtmäßig war. | |
## Öffentlichkeitswirksame Aktion | |
„Wir sind alle von der Arktis abhängig“, sagt Umweltschützerin Friedrich. | |
„Die Arktis funktioniert als Klimaregulator für die ganze Welt.“ Angst vor | |
den Konsequenzen ihrer Kletteraktion habe sie nicht, sagt die 23-Jährige. | |
Dabei waren Aktivisten erst 2013 nach einer ähnlichen Aktion länger | |
inhaftiert worden. Damals hatte Russlands Küstenwache 30 | |
Greenpeace-Aktivisten und Journalisten an Bord des Eisbrechers Arctic | |
Sunrise festgenommen. Die Umweltschützer hatten in der Barentssee versucht, | |
eine Bohrinsel des russischen Staatskonzerns Gazprom zu entern. | |
Diesmal lief es anders. „Die Crew hat keinerlei Aggressionen gezeigt“, sagt | |
Friedrich. Die Besatzung habe die Aktivisten bei ihrem Eintreffen lediglich | |
gefilmt. In einem Statement teilte Greenpeace mit, dass die sechs Kletterer | |
nicht in die Navigation und die Arbeitsabläufe des Schiffs eingreifen | |
würden. | |
Dagegen teilte Shell mit: „Die Aktivisten gefährden nicht nur die | |
Sicherheit der Crew an Bord, sondern auch ihre eigene.“ Der Konzern schätze | |
den Dialog mit Gegnern der Ölförderung vor Alaska. „Wir billigen jedoch | |
nicht die gesetzwidrigen Praktiken von Greenpeace“, heißt es in einer | |
Stellungnahme. | |
Friedrich und ihre Mitstreiter hoffen darauf, dass die öffentliche | |
Aufmerksamkeit auf Konzerne und Politik wirkt. Eine starke Resonanz in | |
sozialen Netzwerken gibt es bereits – auch dank der vielen Fotos der | |
Kletteraktion. | |
7 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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