# taz.de -- Folgen des Fukushima-Desasters: Dünnpfiff im Pazifik | |
> An der amerikanischen Westküste sind Spuren radioaktiver Isotope der | |
> Fukushima-Katastrophe gemessen worden. Die Situation in Japan ist weiter | |
> kritisch. | |
Bild: Weiterhin gelangt Radioakivität in die Umwelt: Luftbild des havarierten … | |
BERLIN taz | Mehr als vier Jahre nach dem Atomunfall von Fukushima sind | |
radioaktive Partikel der Katastrophe im Meer vor der nordamerikanischen | |
Westküste gemessen worden. Wissenschaftler der Universität von Victoria | |
haben in einer Wasserprobe vom 19. Februar, etwa 200 Kilometer westlich von | |
Vancouver, die radioaktiven Isotope Cäsium 134 und 137 nachgewiesen. Beide | |
entstehen durch Kernspaltungen in Atomkraftwerken und können wegen ihrer | |
Halbwertzeit von zwei und 30 Jahren, so schreiben es die Wissenschaftler, | |
eindeutig der Kernschmelze in den japanischen Atomkraftwerken zugeordnet | |
werden. | |
Bereits in der Vergangenheit ist die Ausbreitung der Isotope im Pazifik | |
gemessen worden. Anfang 2014 hatten Strömungen die Stoffe bis zum | |
kanadischen Kontinentalschelf getrieben. Wenige Tage nach der Katastrophe | |
am 11. März 2011 hatten sich radioaktive Partikel über die Atmosphäre bis | |
nach Nordamerika ausgebreitet, auch in Europa wurden solche Stoffe in sehr | |
geringer Dosis nachgewiesen. | |
Die nun gemessenen Konzentrationen sind weit unter den Werten, die als | |
gesundheitsschädlich gelten. So liegt die Strahlendosis pro Liter für beide | |
gemessene Stoffe bei einem Bruchteil des Wertes, der in der EU im | |
Trinkwasser für unbedenklich gilt. Zwar sind rund 80 Prozent der in | |
Fukushima ausgetretenen Radioaktivität über den Pazifik niedergegangen, der | |
Ozean hat die Stoffe aber so weit verdünnt, dass von einer radioaktiven | |
Welle oder Ähnlichem keine Rede sein kann. Das an den Messungen beteiligte | |
Woods Hole Oceanographic Institution schreibt anschaulich: Wer täglich | |
sechs Stunden in einem mit der doppelten Strahlendosis belasteten Meer | |
schwimmt, hätte nach einem Jahr ein Tausendstel der Strahlendosis einer | |
durchschnittlichen Röntgenuntersuchung beim Zahnarzt. | |
Diese Entwarnung in Nordamerika sollte jedoch nicht von einem oft | |
unterschätzten Problem ablenken: Eine Röntgenuntersuchung ist eine | |
einmalige Belastung, radioaktive Isotope dagegen reichern sich langfristig | |
im Fettgewebe des menschlichen Körpers ab. Zwar gibt es in der japanischen | |
Zivilbevölkerung bis heute keine nachgewiesenen Todesopfer durch die | |
Strahlenbelastung in Fukushima, dennoch rechnet etwa die Organisation | |
„Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs“ mit langfristig | |
erhöhten Krebsraten und möglicherweise Tausenden von Todesfällen. Das | |
Wissenschaftskomitee der Vereinten Nationen für atomare Strahlung geht | |
dagegen von deutlich niedrigeren Opferzahlen aus. | |
In Japan selbst fallen in den zerstörten Atomkraftwerken nach wie vor | |
täglich 300 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser an, wie der Chef des | |
Betreibers Tepco, Naohiro Masuda, in einem Interview mit dem Fernsehsender | |
NHK kürzlich einräumte. Offen ließ er, ob dieses Wasser immer noch in den | |
Pazifik gelangt – mittlerweile bereitet eine Filteranlage es zumindest | |
teilweise auf. Eine Eiswand im Untergrund, die das Gelände abdichten | |
sollte, steht aber noch immer nicht. Erst im Jahr 2020 sollen die | |
Aufräumarbeiten in den Reaktoren beginnen. | |
8 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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