# taz.de -- Morde in der Ukraine: Prorussischer Journalist erschossen | |
> Erst am Vorabend wurde ein Ex-Abgeordneter vor seiner Wohnung | |
> niedergestreckt. Am Donnerstag trafen Olesja Busina tödliche Schüsse. | |
Bild: Im Hinterhof getötet: der Journalist Olesia Busina. | |
KIEW taz | Der ukrainische Journalist Olesja Busina ist tot. | |
Donnerstagnachmittag wurde er im Hof seines Hauses von Unbekannten | |
erschossen. Nach Angaben von Anton Geraschenko, Berater des ukrainischen | |
Innenministers, hatten die Täter den langjährigen Redakteur der Kiewer | |
Tageszeitung Segodnya aus einem fahrenden Ford mit vier Schüssen in Brust | |
und Kopf getroffen. Die Tageszeitung Vesti berichtete, dass der Tote im Hof | |
vor seinem Haus liege, neben ihm knieten seine weinende Frau und seine | |
Tochter. Die Kiewer Polizei, so die Tageszeitung, habe die Aufzeichnung | |
einer Überwachungskamera des Hofes sichergestellt. | |
Der Kiewer Journalist Busina, der aus seiner Nähe zu prorussischen | |
Positionen nie einen Hehl gemacht hatte und bei den letzten | |
Parlamentswahlen für die Partei „Russischer Block“ kandidiert hatte, hatte | |
mehrere Monate in einer eigenen Kolumne in der Segodnja regelmäßig den | |
Krieg im Osten des Landes beklagt. Vielen Lesern ist Businas Beschreibung | |
von zwei Freunden in Erinnerung, die beide an der Front gefallen sind. Der | |
eine auf der ukrainischen Seite, der andere auf der Seite der | |
Aufständischen. | |
Bereits am Mittwoch Abend war der Politiker Oleg Kalaschnikow mit mehreren | |
Schüssen vor seiner Wohnung niedergestreckt worden. Kalaschnikow, der ein | |
Jahr für Viktor Janukowitschs „Partei der Regionen“ im Parlament als | |
Abgeordneter gesessen hatte, war den Anhängern des Maidan besonders | |
verhasst, soll der 52-jährige doch der Organisator der Schlägertrupps des | |
„Antimaidan“ gewesen sein. | |
Boris Filatow, Dnipropetrowsker Parlamentsabgeordneter und Weggefährte des | |
Oligarchen Igor Kolomojskij, konnte kurz nach Bekanntwerden des Mordes an | |
Kalaschnikow seine Schadenfreude nicht verbergen und postete auf seiner | |
Facebook-Seite: „Man hat also wieder einen Ekel kaltgestellt. Ich kann mir | |
nur wünschen, dass es nicht um irgendwelche Schulden oder das Verwischen | |
von Spuren gegangen ist, hoffe, dass wir hier eines unserer klassischen | |
Bandera-Attentate hatten. Entschuldigt mich. Das ist sündhaft, aber ich | |
kann nicht anders.“ | |
## Vorherige Drohanrufe | |
Kalaschnikows letzte Wochen vor seinem Tod waren von zunehmenden | |
Schwierigkeiten geprägt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Politiker | |
wegen des Verdachts, Schlägertrupps gegen Maidan-Aktivisten organisiert zu | |
haben, Ermittlungen eingeleitet. Zusätzlich hatte auch der Geheimdienst | |
gegen Kalaschnikow ein Verfahren in die Wege geleitet. Dieser, so der | |
Vorwurf, habe separatistisches Gedankengut geäußert. | |
Gleichzeitig sprachen Kalaschnikows Angehörige von zahlreichen | |
Morddrohungen in der jüngsten Zeit. In Drohanrufen habe man ihm seine | |
Aufrufe, den 70. Jahrestag des Kriegsendes in großem Rahmen zu begehen, | |
vorgeworfen, berichten die Verwandten gegenüber ukrainischen Medien. | |
Mit den Morden an Busina und Kalaschnikow sind bereits zehn Männer, die als | |
prorussisch gelten, seit Anfang des Jahres aus dem Leben geschieden. | |
Am 23. März war Viktor Janukowitsch jun., der Sohn des ehemaligen | |
Präsidenten Janukowitsch, bei einem Autounfall auf dem vereisten Baikalsee | |
ums Leben gekommen. | |
16 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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