# taz.de -- Fahrplan der Vorratsdatenspeicherung: Über den Kopf der Partei hin… | |
> Die Koalitionsfraktionen wollen noch vor der Sommerpause einen Beschluss | |
> fassen. Was die Bundes-SPD dazu sagt, ist der Fraktion relativ egal. | |
Bild: Als einziges noch sicher: Das Dosentelefon. | |
Die Große Koalition will die Vorratsdatenspeicherung im Eilverfahren | |
einführen. Bundestag und Bundesrat sollen die umstrittene Reform parallel | |
beraten. Das kündigte CDU-Fraktionsvize Thomas Strobl am Wochenende bei | |
einer Veranstaltung in Karlsruhe an. | |
Vorige Woche hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) [1][erste „Leitlinien“ | |
zur Vorratsdatenspeicherung präsentiert], auf die er sich mit Innenminister | |
Thomas de Maizière (CDU) geeinigt hatte. Die Telefon- und | |
Internetverbindungsdaten der gesamten Bevölkerung sollen demnach zehn | |
Wochen anlasslos gespeichert werden, die Standortdaten aller Handys vier | |
Wochen. Die Polizei soll die Daten dann zur Verfolgung schwerer Verbrechen | |
nutzen können. | |
Strobl kündigte an, dass das Justizministerium „in wenigen Wochen“ einen | |
Gesetzentwurf hierzu vorlegen werde. Da ein Regierungsentwurf zunächst dem | |
Bundesrat zugeleitet wird, wollen die Fraktionen von CDU/CSU und SPD | |
parallel dazu eine identische Fassung als eigenen Entwurf einbringen. | |
So kann im Bundestag bereits die erste Lesung stattfinden, während der | |
Bundesrat noch an seiner Stellungnahme arbeitet. Der Bundestag könne so | |
„noch vor der Sommerpause“ das Gesetz endgültig verabschieden, sagte | |
Strobl, der für Innen- und Rechtspolitik zuständig ist, bei der Tagung des | |
Bundesarbeitskreises christlich-demokratischer Juristen. | |
## Datenschutzbeauftrage ist überfordert | |
Das mit der SPD-Fraktion abgestimmte Eilverfahren könnte in der | |
SPD-Bundespartei jedoch zu Irritationen führen, da sie über die | |
Vorratsdatenspeicherung erst am 20. Juni bei einem Parteikonvent in Berlin | |
beraten möchte. Strobl sieht darin aber kein Problem. „Wir sind nicht von | |
Parteibeschlüssen abhängig“, sagte er zur taz, „bei uns läuft es nicht w… | |
in der Sowjetunion, wo erst die KPdSU entschieden hat und dann der Staat | |
handeln konnte.“ Im Übrigen gebe es in der SPD ja einen Parteitagsbeschluss | |
von 2011, der sich für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung | |
ausspreche. | |
Bei der Veranstaltung in Karlsruhe nahm erstmals auch Andrea Voßhoff, die | |
Bundesdatenschutzbeauftragte, Stellung zu den Koalitionsplänen. Sie | |
erinnerte daran, dass der [2][Europäische Gerichtshof vor einem Jahr | |
Zweifel an der Zulässigkeit anlassloser Datenspeicherungen geäußert] hatte, | |
wenn sie die gesamte Bevölkerung betreffen. „In den Leitlinien des | |
Ministeriums finde ich leider nichts dazu.“ Sollte die | |
Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden, müssten Telefon- und | |
Internetfirmen die Datenmassen speichern. | |
Für die Kontrolle des Datenschutzes wäre Voßhoff zuständig, die allerdings | |
Zweifel hat, ob sie mit dem bestehenden Personal dazu in der Lage ist. „Es | |
gibt in Deutschland 3.600 Anbieter von Telekommunikation, mit den jetzigen | |
Bordmitteln können wir statistisch gesehen jedes Unternehmen alle 360 Jahre | |
kontrollieren.“ | |
Ulrich Sieber, Direktor des Freiburger Max-Planck-Instituts für Strafrecht, | |
schlug die Einrichtung einer Sachverständigenkommission „Strafverfolgung im | |
digitalen Raum“ vor. Sie solle ein stimmiges und durchdachtes System | |
erarbeiten, statt kurzfristig mit Gesetzen auf aktuelle Anlässe zu | |
reagieren. Strobl antwortete, er könne sich das gut vorstellen: „Es würde | |
der Thematik gerecht werden, längere Linien zu entwickeln.“ | |
19 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] /!158209/ | |
[2] /!136415/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Datenschutz | |
Große Koalition | |
CDU | |
SPD | |
Vorratsdatenspeicherung | |
Schwerpunkt Überwachung | |
SPD-Basis | |
Datenschutz | |
Schwerpunkt Überwachung | |
SPD | |
Vorratsdatenspeicherung | |
FDP | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Pirat über Vorratsdatenspeicherung: „Natürlich werden wir klagen“ | |
Der „AK Vorrat“ will die anlasslose Speicherung von Telefon- und | |
Internetdaten stoppen: mit Demos, der SPD-Basis und notfalls über Richter. | |
Kritiker der Vorratsdatenspeicherung: „Heiko Maas hat gut verhandelt“ | |
Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, | |
rechnet mit der Zustimmung des SPD-Konvents zur Vorratsdatenspeicherung. | |
Kolumne Der rote Faden: Es. Ist. Alles. So. Mühsam. | |
Der Streit über die Vorratsdatenspeicherung dreht sich seit 2008 im Kreis. | |
Neue Argumente? Gibt es nicht. Dafür aber steile Forderungen nach | |
Schockereignissen. | |
SPD-Netzaktivist über Vorratsdaten: „Ein reines Placebo-Thema“ | |
Die Vorratsdatenspeicherung wird auch mit neuem Namen nicht besser. Dafür | |
gibt es in der SPD-Basis 2015 keine Mehrheit mehr, glaubt D64-Aktivist Nico | |
Lumma. | |
Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Der Sündenfall | |
Sigmar Gabriel verdonnert Justizminister Maas zur Vorratsdatenspeicherung. | |
Das ist erst der Anfang der anlasslosen Massenüberwachung. | |
Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung: Was die Polizei wissen darf | |
Der Innen- und der Justizminister stellen ihren Kompromiss für die | |
Vorratsdatenspeicherung vor. Nur Polizisten sollen an die Daten | |
herankommen. | |
Leutheusser-Schnarrenberger über Angst: „Na und?“ | |
Sie war die einzige Ministerin, die nach einem Rücktritt zurückkam. Die FDP | |
flog aus dem Parlament, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger macht weiter. |