| # taz.de -- Europäische Flüchtlingspolitik: Frontex ist startklar | |
| > Mehr „Triton“-Patrouillenboote, größeres Einsatzgebiet: Frontex weitet | |
| > nach dem EU-Sondergipfel seinen Mittelmeer-Einsatz aus. | |
| Bild: Eine andere Flüchtlingspoltik ist möglich. | |
| BRÜSSEL ap | Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex weitet nach dem | |
| EU-Sondergipfel zum Flüchtlingsexodus ihren Einsatz im Mittelmeer umgehend | |
| aus. Es würden künftig mehr Patrouillenboote eingesetzt und der | |
| Aktionsradius werde ausgeweitet, sagte eine Sprecherin des | |
| EU-Migrationskommissariats, Natasha Bertaud, am Freitag. Die | |
| „Triton“-Mission werde mit den italienischen Behörden abgesprochen und „… | |
| den kommenden Tagen startklar sein“. | |
| Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten unter dem Eindruck der jüngsten | |
| Flüchtlingstragödien mit Hunderten von Toten am Donnerstag beschlossen, den | |
| Umfang von „Triton“ zu verdoppeln und den Finanzrahmen dafür zu | |
| verdreifachen. Vermieden wurde allerdings, „Triton“ mit aktiven Such- und | |
| Rettungseinsätzen zu beauftragen. Bislang war der Frontex-Einsatz auf 30 | |
| Seemeilen von der Küste der EU-Mittelanrainer beschränkt. Fachleute hatten | |
| das als ineffektiv kritisiert. | |
| Neun Millionen Euro will die EU nun monatlich für „Triton“ zur Verfügung | |
| stellen. Zudem wurde die Basis für ein militärisches Vorgehen gegen | |
| Menschenschmuggler gelegt. Matteo Renzi, Ministerpräsident des am stärksten | |
| von den Flüchtlingsströmen betroffenen Landes Italien, bezeichnete die | |
| Beschlüsse als „einen Riesenschritt vorwärts“. | |
| Der Präsident des Europäischen Rats, Donald Tusk, sagte, die EU habe nun | |
| wie erwartet deutlich größere Unterstützung versprochen. Finnlands | |
| scheidender Ministerpräsident Alexander Stubb zeigte sich hoffnungsvoll, | |
| dass Europa diesmal Solidarität zeigen könne: „Ich hoffe, wir machen es | |
| diesmal richtig.“ | |
| Kritischer äußerte sich der Regierungschef Maltas, dem kleinsten, aber | |
| besonders stark in die Flüchtlingsrettung involvierten EU-Mitglied. Die | |
| Zusagen reichten angesichts des riesigen erwarteten Flüchtlingsstroms | |
| niemals aus, sagte Joseph Muscat. | |
| ## Boote sollen zerstört werden | |
| Der britische Premierminister David Cameron sagte, Großbritannien plane | |
| keine weitere Aufnahme von Migranten, die keinen Grund hätten, ins | |
| Vereinigte Königreich zu kommen. Britische Schiffe würden Flüchtlinge „in | |
| das nächste sichere Land, höchstwahrscheinlich Italien“ bringen, sagte der | |
| britische Premier. | |
| EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini wurde beauftragt, diplomatische | |
| Optionen aufzuzeigen, die der EU militärische Einsätze gegen Boote der | |
| Schlepperbanden ermöglichen könnten. Boote sollen zerstört werden, bevor | |
| sie von Schmugglern benutzt werden. Auf eine militärische Komponente dringt | |
| vor allem Italien. | |
| Der Krisengipfel war wegen der Flüchtlingskatastrophe am Wochenende mit | |
| vermutlich mehr als 800 Toten einberufen worden. Während sich die Zahl der | |
| Todesopfer bei der Überfahrt auf dem Mittelmeer in den vergangenen Jahren | |
| stetig erhöht hatte, wurde der EU vorgeworfen, zu wenig zur Rettung der | |
| Flüchtlinge zu unternehmen. | |
| Bisher nehmen fünf der 28 EU-Mitgliedsstaaten 70 Prozent der Flüchtlinge | |
| auf, darunter Deutschland. UN-Experten fordern einen EU-weiten Plan zur | |
| Verteilung der Menschen. Laut Entwurf der Abschlusserklärung soll es nun | |
| zumindest ein Pilotprojekt zur Umsiedlung von rund 5.000 Flüchtlingen | |
| geben. Die Bearbeitungszeit für Anträge auf Bleiberecht soll von heute bis | |
| zu einem Jahr auf zwei Monate gedrückt werden. | |
| Nach Angaben der UN-Flüchtlingsbehörde haben im vergangenen Jahr 219.000 | |
| Flüchtlinge und Migranten das Mittelmeer passiert. Mindestens 3.500 davon | |
| starben. Auch dieses Jahr dürften Hunderttausende kommen. Binnen einer | |
| Woche wurden mehr als 10.000 Migranten zwischen Italien und Libyen | |
| gerettet. | |
| 24 Apr 2015 | |
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