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# taz.de -- Die Wahrheit: In der Bergschau
> Unlösbare Fälle wie der des transsylvanischen Kiefers müssen gebührend
> und ausgedehnt gefeiert werden, auch wenn die Folgen unabsehbar sind.
Der Fall des transsylvanischen Kiefers würde nie geklärt werden, so viel
stand fest. Kommissar Kleb und ich wollten diesen Umstand angemessen
feiern. Es war Hochsommer, der Himmel grüßte am Firmament. Wir hätten in
die Berge fahren können, doch das ging leider nicht, weil keine mehr übrig
waren.
Nachdem ein Bekannter von mir – versehentlich, wie er noch heute betont –
auch den Großglockner ruiniert hatte, galten Berge offiziell als
ausgestorben. In freier Natur kamen sie nicht länger vor, es gab bloß eine
kommerziell geführte Wanderbergschau, die das Land bereiste und die letzten
überlebenden Exemplare vorführte.
Kleb und ich beschlossen, die Unlösbarkeit des Falles mit einem Besuch der
Bergschau zu feiern. „Feiern“ ist aber wohl ein zu starker Begriff für das,
was wir taten. Eigentlich tranken wir pro Person nur ein irrsinnig teures
Glas Wein und schlichen missmutig zwischen den ausgestellten Bergen herum.
Es konnte kaum ausbleiben, dass sie uns an das seinerzeit noch gebirgige
Transsylvanien erinnerten. So kamen wir auf unseren dortigen Aufenthalt und
damit auch auf den Fall des berühmten transsylvanischen Kiefers zu
sprechen.
„Wir hatten eine gute Zeit in Transsylvanien“, stellte Kleb fest. Ich gab
zu bedenken: „Aber die Sprache! Das einzige, was ich verstand, war ’Tu
schnoist!‘“ – „Nicht ausgeschlossen, dass das Sprachproblem schuld an
unserem Scheitern war“, meinte Kleb.
Da entdeckte ich ein Zelt, in dem, wie ein Transparent verhieß, „Wunderbare
Erscheinungen in der Natur“ gezeigt wurden. Die Formulierung war unsinnig,
denn entweder ist etwas ein Wunder oder eine natürliche Erscheinung. Aus
purer Neugier betraten wir das Zelt. Auf einer Tafel stand in großen
Lettern: „Wunderbare Erscheinungen in der Natur sind entweder große Löcher
im Boden oder herumliegende Riesenklumpen (nicht selten vom Himmel
gefallen).“
Mit ernsten Mienen schritten wir weiter, um auf der nächsten Tafel zu
lesen: „Die Ameisen wissen nichts von der christlichen Heilslehre.“ Eins
der ausgestellten „Naturwunder“ hieß „Plattenspieler mit integriertem
Plattenspieler (hochfertig)“, ein anderes war ein Vogel, der die Stimmen
aller Personen, deren Abbildungen ihm vorgelegt werden, naturgetreu
wiedergab. Er behauptete, von der Schöpfung außerdem einige Kartentricks
gelernt zu haben. Wir wurden immer nachdenklicher.
„Was aber wenn der Mensch eine Scheibe wäre?“, sinnierte ich, als Kommissar
Kleb unvermittelt aufschrie. Er hatte ein Exponat entdeckt, das tatsächlich
als „Transsylvanischer Kiefer“ ausgewiesen wurde! Mit so etwas hatte
niemand rechnen können. „Transsylvanischer Käfer“ wäre schon erstaunlich
gewesen, doch es hieß ausdrücklich „Transsylvanischer Kiefer“! Vielleicht
konnte der Fall nun doch noch gelöst werden?
Kleb riss die Dienstmarke aus der Tasche und rannte los. Wohin, das weiß
ich heute noch nicht. Inzwischen bin ich längst in einem anderen Bereich
tätig und arbeite an einem realistischen Gegenentwurf zur Finanzkrise für
Mädchen und Jungen gleichermaßen.
28 Apr 2015
## AUTOREN
Eugen Egner
## TAGS
Kriminalität
Ermittlungen
Jugend
Katzen
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