# taz.de -- Memorandum zur Wirtschaftspolitik: Die Arbeitslosigkeitslüge | |
> Die deutsche Wirtschaft wächst. Aber der Niedriglohnsektor bleibt laut | |
> der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein großes Problem. | |
Bild: Job-Boom oder nicht? Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. | |
BERLIN taz | Die Finanzkrise ist überwunden, und die Wirtschaft wächst. | |
Alles also bestens in Deutschland? Nein – davon ist jedenfalls die | |
„Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ überzeugt, die am Dienstag | |
in Berlin ihr diesjähriges Memorandum vorstellte. | |
Denn in Deutschland herrschten prekäre Beschäftigungsverhältnisse, | |
Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. „Die in der ersten Hälfte der | |
2000er Dekade mit den Hartz-Reformen eingeleitete massive Prekarisierung | |
des Arbeitsmarktes schreitet weiter voran“, sagte der Bremer Ökonom Rudolf | |
Hickel. Der Niedriglohnbereich habe mit fast 25 Prozent einen erschreckend | |
hohen Anteil in Deutschland. | |
Die Bundesregierung hat dennoch Grund zur Freude: Seit der wirtschaftlichen | |
Erholung ist die Arbeitslosenquote in Deutschland mit aktuell 6,8 Prozent | |
auf dem niedrigsten Stand seit 1995 gesunken. Zudem korrigierte | |
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erst letzte Woche das | |
Wirtschaftswachstum auf 1,8 Prozent nach oben. Trotzdem herrsche in | |
Deutschland nach wie vor Massenarbeitslosigkeit – auch wenn dies in der | |
Öffentlichkeit nicht mehr so wahrgenommen werde, stellte Hickel fest. | |
2014 waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 2,9 Millionen Menschen | |
arbeitslos gemeldet. Demgegenüber wird die Zahl von 3,8 Millionen | |
Unterbeschäftigten nur selten thematisiert. Hinzu kommt, dass jeder vierte | |
Beschäftigte im Niedriglohnsektor einer atypischen Beschäftigung nachgeht. | |
Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Jahr 2014 auf 1,01 Millionen | |
gestiegen. | |
Angesichts dieser Zahlen fordert die Arbeitsgruppe ein neues Konjunktur- | |
und Investitionsprogramm. Der Mindestlohn müsse erhöht, eine Vermögensteuer | |
eingeführt und öffentliche Investitionen getätigt werden. Ohne | |
Steuererhöhungen für die Superreichen sei das erforderliche | |
Investitionsprogramm aber letztlich nicht zu finanzieren. Es sei möglich | |
und notwendig, mit Steuererhöhungen die Einnahmen des Staates massiv zu | |
erhöhen, ohne entsprechende Nachfrageausfälle aus dem privaten Sektor zu | |
erzeugen. | |
Damit halten die alternativen Wirtschaftswissenschaftler an ihren | |
Forderungen und der Kritik der letzten Jahre weitgehend fest. Den Vorwurf, | |
sie forderten Jahr für Jahr immer das Gleiche, lässt der Gelsenkirchener | |
Wirtschaftswissenschaftler Heinz Bontrup nicht gelten. „Einige sagen, wir | |
seien langweilig, aber was ist denn mit der unverändert neoliberalen | |
Politik? Die langweilt uns auch.“ | |
28 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Alena Polth | |
## TAGS | |
Konjunktur | |
Niedriglohnsektor | |
Arbeitslosigkeit | |
Ökonomie | |
DIW | |
Agentur für Arbeit | |
Statistik | |
Rentenpolitik | |
Arbeitslosigkeit | |
Deflation | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Alternativer Wirtschaftsbericht: AfD! Nicht Vollbeschäftigung | |
Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat ihren Bericht 2018 | |
veröffentlicht. Die Erfolgstory der Bundesregierung stellen die Ökonomen | |
infrage. | |
Ökonom Gustav Horn über 90 Jahre DIW: „Die Prognosen sind nicht falsch“ | |
Das DIW wird 90 Jahre alt. Wirtschaftswissenschaftler Gustav Horn hat keine | |
guten Erinnerungen an seine letzte Zeit dort – und gratuliert trotzdem. | |
Zahlen zum Arbeitsmarkt: Niedrigster Stand seit 1991 | |
Erneut ist die Zahl der als arbeitssuchend gemeldeten Menschen gesunken. | |
Die Arbeitslosenquote liegt damit bei 6,5 Prozent. | |
Arbeitsmarkt in Deutschland: Einer geht noch | |
In Deutschland gibt es immer mehr Zweitjobs. Fünf Prozent der | |
Erwerbstätigen kommen mit einem einzigen Job nicht aus. Frauen sind | |
häufiger betroffen. | |
Arm und Reich in Deutschland: Die Kluft wird immer tiefer | |
Die soziale Spaltung in Deutschland nimmt zu. Das geht aus einer neuen | |
Studie hervor. Verantwortlich sei die Sozialpolitik der Regierung. | |
Arbeitssuchende in Deutschland: So wenige wie vor 24 Jahren | |
Erneut ist die Zahl der Arbeitslosen gesunken – auf nun weniger als 3 | |
Millionen. Die Agentur für Arbeit sieht die Ursache dafür in einer | |
anhaltend guten Konjunktur. | |
Eurozone steht vor Deflation: Alles wird billiger | |
Laut der aktuellen Prognose rutscht die Eurozone in diesem Jahr in die | |
Deflation. Die Verbraucherpreise sinken um 0,1 Prozent. Gleichzeitig wächst | |
die Wirtschaft um 1,3 Prozent. |