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# taz.de -- Arm und Reich in Deutschland: Die Kluft wird immer tiefer
> Die soziale Spaltung in Deutschland nimmt zu. Das geht aus einer neuen
> Studie hervor. Verantwortlich sei die Sozialpolitik der Regierung.
Bild: Kann sich nicht jeder leisten: Sekt.
BERLIN afp | Die soziale Spaltung in Deutschland nimmt einer aktuellen
Studie zufolge weiter zu. Am wachsenden Wohlstand hätten „immer weniger
Menschen teil“, mahnte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes,
Rolf Rosenbrock, am Dienstag bei Vorstellung der Untersuchung in Berlin.
Laut dem Jahresgutachten des Paritätischen zur sozialen Lage leben
mittlerweile 15,5 Prozent unter der Armutsgrenze. Der Bundesregierung
bescheinigt die Studie Defizite in der Sozialpolitik.
„Alle volkswirtschaftlichen Erfolgsmeldungen können nicht über die
fortschreitende Spaltung der Gesellschaft hinwegtäuschen“, unterstrich der
Verfasser des Gutachtens, Joachim Rock. Die Armutsquote sei erneut
gestiegen, die Langzeitarbeitslosigkeit verfestige sich oberhalb der
Millionengrenze, und die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer tiefer –
„und das alles trotz guter Konjunktur und wachsender Erwerbstätigkeit
insgesamt“.
Rosenbrock verwies in diesem Zusammenhang unter anderem darauf, dass es
mehr als sieben Billionen Euro Privatvermögen in Deutschland gebe.
Gleichzeitig gelte „jeder zehnte Erwachsene mittlerweile als überschuldet
und hat im Durchschnitt über 32.600 Euro Schulden“.
## Nicht faul, aber auf dem falschen Weg
Kern des Gutachtens ist dem Paritätischen zufolge eine ausführliche Analyse
und Bewertung der 2014 umgesetzten sozialpolitischen Gesetzesvorhaben – von
der Pflegereform über das Rentenpaket bis hin zu Veränderungen im
Staatsangehörigkeitsrecht. „Die Bundesregierung war sozialpolitisch nicht
faul, aber sie hat die falschen Prioritäten gesetzt“, kritisierte
Rosenbrock.
Zwar habe die große Koalition beispielsweise mit der Einführung des
Mindestlohns zum sozialen Zusammenhalt beigetragen. Andere politische
Entscheidungen wie „das sehr kostenintensive Gesetzespaket zur
Rentenreform“ hätten hingegen die soziale Spaltung sogar noch vertieft.
Zu den „großen Verlierern dieser Politik“ zählten insbesondere
Langzeitarbeitslose, Kinder in einkommensschwachen Familien und arme ältere
Menschen, betonte Rosenbrock. Besonders für diese Gruppen seien mehr
Unterstützung und durchgreifende Reformen unabdingbar – unter anderem der
Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, eine bedarfsgerechte Anhebung
der Hartz-IV-Regelsätze sowie eine durchgreifende Reform der
Altersgrundsicherung.
„Die Bundesregierung wird dabei nicht umhin kommen, auch ihr Tabu der
Steuererhöhungen zu überdenken“, erklärte Rosenbrock. „Der Verzicht auf
eine angemessene Besteuerung sehr hoher Einkommen, Vermögen und Erbschaften
ist und bleibt der Geburtsfehler dieser großen Koalition“.
28 Apr 2015
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