# taz.de -- BND-Affäre und Koalitionskrise: Ein tiefes Zerwürfnis | |
> Unionspolitiker reagieren sehr erbost auf Kritik der SPD am Kanzleramt. | |
> Auch darum hat die BND-Affäre ernste Konsequenzen für die | |
> Regierungskoalition. | |
Bild: Ein glücklicher Oppositionspolitiker: Hans-Christian Ströbele | |
BERLIN taz | Hans-Christian Ströbele kann sein Glück kaum fassen. Eine | |
Affäre, die ganz oben spielt, ist immer ein Geschenk für die Opposition. | |
Der Grüne zählt genüsslich auf: Frank-Walter Steinmeier, Peter Altmaier, | |
Thomas de Maizière, Ronald Pofalla. „Alle, die Rang und Namen hatten im | |
Bundeskanzleramt, wollen wir hören.“ | |
Seit zwei Wochen [1][sorgt die BND-Affäre für Schlagzeilen]. Der deutsche | |
Nachrichtendienst soll dem US-amerikanischen Geheimdienst NSA bei der | |
Ausspähung von europäischen Politikern und Unternehmen geholfen haben. | |
Wussten die zuständigen Akteure im Kanzleramt davon? Wenn dem so ist, wäre | |
das ein Skandal. Und wenn nicht, wäre das leider auch nicht viel besser. | |
Für Ströbele ist klar, dass die Affäre Konsequenzen haben muss. „Die | |
Bundesregierung hat ihre Verantwortung gegenüber der deutschen Bevölkerung | |
verraten.“ Wer aber welche Schuld trage, so Ströbele weiter, das müsse noch | |
geklärt werden. | |
Grüne und Linke beantragten für Freitag und den Mittwoch kommender Woche je | |
eine Sondersitzung des NSA-Untersuchungsausschusses. Der Ausschuss | |
beschäftigt sich seit gut einem Jahr mit den Abhörattacken der NSA. | |
Mittwochnachmittag trifft sich außerdem das Parlamentarische | |
Kontrollgremium. In dem geheim tagenden Gremium des Bundestages wird sich | |
de Maizière, früher Kanzleramtschef, heute Innenminister, gegen Vorwürfe | |
verteidigen. | |
## Kontrolle des BND | |
Er habe für die Befragungen in den Sondersitzungen ein Wortprotokoll | |
beantragt, sagte Ströbele. Jeder feine Widerspruch kann für Politprominenz | |
von CDU und SPD inzwischen zum Problem werden. Die Affäre ist äußerst | |
brisant, weil das Kanzleramt in der Kritik steht. Dort ist eine ganze | |
Abteilung für die Kontrolle des BND zuständig. Sie berichtet an einen | |
Beauftragten für die Nachrichtendienste. Jener wiederum ist direkt dem | |
Kanzleramtschef unterstellt – im Moment also dem CDU-Mann Peter Altmaier. | |
Zwischen den Koalitionspartnern hat die Affäre für tiefe Zerwürfnisse | |
gesorgt. Unionspolitiker reagierten wütend auf Äußerungen aus der SPD. | |
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die Kritik mehrerer | |
Sozialdemokraten am Kanzleramt und an Kanzlerin Merkel erkläre sich wohl | |
aus der Nervosität über schwache Umfragewerte. Durch ein solches Verhalten | |
werde das Vertrauen der Bürger in die SPD nicht gestärkt. | |
Das ist ein Seitenhieb auf SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er hatte am Montag | |
gefordert, das Kanzleramt müsse dem Bundestag interne Informationen | |
zugänglich machen. Dies sei ein „Geheimdienstskandal, der dazu geeignet | |
ist, eine sehr schwere Erschütterung auszulösen“. Gabriel sagte, er habe | |
Merkel zweimal gefragt, ob ihr Hinweise auf Wirtschaftsspionage gegen | |
deutsche Firmen vorlägen. „Beide Male ist das von der Kanzlerin verneint | |
worden.“ Gabriel sagte, er habe [2][keinen Zweifel, dass Merkel auf seine | |
Frage korrekt geantwortet] habe. | |
In der Union wurden diese Sätze als Affront interpretiert. Gabriel habe aus | |
einem vertraulichen Gespräch berichtet und die Kanzlerin ohne Not ins | |
Zentrum der Affäre gerückt, hieß es. | |
5 May 2015 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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