# taz.de -- Koalitionspoker in Israel: Knappe Mehrheit für Netanjahu | |
> Nur noch wenige Stunden läuft die Frist für die Regierungsbildung in | |
> Israel. Die neue Koalition ist konservativ, nationalistisch und religiös. | |
Bild: Ist von jedem einzelnen seiner Koalitionspartner abhängig: Benjamin Neta… | |
JERUSALEM taz | Benjamin Netanjahu wird Israel fortan mit einer nur knappen | |
Mehrheit im Parlament regieren. Bis wenige Stunden vor Ablauf der Frist für | |
die Koalitionsverhandlungen zog sich das Gerangel zwischen Naftali Bennett, | |
dem Chef der nationalreligiösen Partei Das jüdische Heim, und dem | |
Likud-Chef hin. Wie sich noch wenige Stunden vor Mittwoch Mitternacht | |
abzeichnete, gehören ganze 61 der insgesamt 120 Knesset-Abgeordneten zur | |
Koalition. | |
Netanjahu, dessen konservativer Likud die Wahlen Mitte März überraschend | |
deutlich mit 30 Mandaten gewann, muss sich auf zwei ultraorthodoxe Partner, | |
die Ein-Themen-Partei für soziale Gerechtigkeit Kulanu und die | |
nationalreligiöse Fraktion vom Jüdischen Heim, beschränken. Naftali | |
Bennett, Chef des Jüdischen Heims, stellte Netanjahu vor die Wahl: Entweder | |
das Justizministerium oder kein Koalitionsbeitritt – und damit keine | |
Koalition. | |
Die Verhandlungen sind ein Präludium zur bevorstehenden Regierungsperiode. | |
Netanjahu ist von jedem einzelnen seiner Koalitionspartner abhängig. Schon | |
jetzt sind weitere Erpressungen im Stil des Jüdischen Heims absehbar, es | |
sei denn, es gelingt dem Regierungschef, im Verlauf der kommenden Wochen | |
doch noch andere Partner aus dem Mitte-Links-Spektrum zu rekrutieren. Eine | |
Große Koalition mit dem Zionistischen Lager lehnte der sozialdemokratische | |
Parteichef Jizchak Herzog ab. Denkbar sind erneute Wahlen, die am | |
Gesamtbild indes kaum etwas verändern würden. | |
Netanjahu verdankt seine missliche Lage dem bisherigen Außenminister | |
Avigdor Lieberman. Beide Politiker sind seit 20 Jahren eng miteinander | |
vertraut. Zu den vorletzten Wahlen traten sie sogar mit gemeinsamer Liste | |
an, allerdings brach Lieberman mit Netanjahu im vergangenen Sommer und warf | |
ihm vor, der Regierungschef handhabe die Bedrohung Israels durch | |
palästinensische Extremisten schlecht. | |
## „Nicht nationalistisch genug“ | |
Während der Verhandlungen der vergangenen Tage plädierte Lieberman erneut | |
für die Zerschlagung der Hamas im Gazastreifen. Netanjahus Koalition sei | |
ihm „nicht nationalistisch genug“, begründete er seinen überraschenden | |
Rückzug aus den Verhandlungen am Montag, ganze zwei Tage vor Ablauf von | |
Netanjahus Frist für die Regierungsbildung. Dieser Vorwurf ist seltsam, da | |
Israels künftige Koalition nationalistischer ist als alle anderen vor ihr. | |
Zum ersten Mal wird es keinen Alibipolitiker mehr unter den Ministern | |
geben, wie es die frühere Justizministerin Zipi Livni war, die temporär | |
Friedensverhandlungen mit den Palästinensern führte. Die neue Koalition ist | |
durch und durch konservativ, nationalistisch und religiös. | |
Liebermans Partei, Israel, unser Heim, ist die einzige oppositionelle | |
Fraktion rechts von der Regierung. Zu den Forderungen des scheidenden | |
Außenministers gehörte, die Zahl der Kabinettsminister auf 18 zu | |
beschränken, wie es die letzte Regierung entschied. Außerdem sollte an der | |
ebenfalls von der scheidenden Koalition beschlossenen kriminellen | |
Verfolgung für ultraorthodoxe Wehrdienstverweigerer festgehalten werden. | |
Beide Reformen trieb der scheidende Finanzminister Jair Lapid von der | |
Zukunftspartei voran, und beide opferte Netanjahu für das Zusammengehen mit | |
seinen neuen ultraorthodoxen Partnern: Schass und das Vereinigte | |
Tora-Judentum, die sieben und sechs Sitze in der Knesset belegen. | |
6 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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