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# taz.de -- Muslimisch-jüdische Solidarität: Ein bewegender Friedensring
> In Oslo haben rund 1.300 Menschen die Synagoge schützend umstellt. Die
> Initiative muslimischer Jugendlicher ist ein Zeichen gegen den Terror.
Bild: Wir schützen euch: Muslimas am Samstagabend in Oslo.
STOCKHOLM taz | „Ich habe das Gefühl, es wurde hier heute ein Stück
Weltgeschichte geschrieben“, meint Michael Gritzman, Vorstandsmitglied der
jüdischen Gemeinde in Oslo, tief berührt. Und der norwegische
Philosophieprofessor Lars Gule spricht von einer „einmaligen Aktion“. Am
Samstagabend hat eine Gruppe muslimischer Jugendlicher rund um Osloer
Synagoge einen „Friedensring“ geschlagen. Als symbolischen Schutz für
diesen jüdischen Versammlungsort angesichts des Anschlags in Kopenhagen
eine Woche zuvor und um ihren jüdischen MitbürgerInnen ihre Unterstützung
und Solidarität zu demonstrieren.
Rund 1.300 Menschen folgten dem Aufruf, Muslime und Juden gaben einander
die Hand, und es wurde ein Abend der Premieren: Erstmals wurde Hawdala, das
Ritual, mit dem die Sabbatfeier abgeschlossen wird, nicht in, sondern vor
der Synagoge abgehalten und Oberrabbiner Michael Melchior schloss die
Zeremonie mit der islamischen Formel „Allahu akbar!“ ab.
„Ich empfinde so viel Hoffnung und Dankbarkeit heute“, berichtete
anschließend Ervin Kohn, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Oslo: „Es
gibt ja nur rund 1.300 Juden in Norwegen, wir sind eine kleine und
verletzbare Minderheit. Und nun bekommen wir dieses starke Signal: Ihr seid
nicht allein.“ Er sei glücklich, dass Muslime in dieser Art und Weise ihre
Abscheu gegen Antisemitismus demonstrierten. Besonders freue ihn, dass
diese Initiative nicht von einer Partei oder Organisation ausgegangen sei,
sondern von muslimischen Jugendlichen.
Hajrah Arshad ist eine von ihnen. Die 17-Jährige wurde Sprecherin der
Initiative und hielt auch eine kurze Rede, in der sie betonte, dass Juden
keine Angst vor Muslimen zu haben bräuchten: „Für die meisten von uns ist
es gar keine Frage, für die Rechte der Juden einzutreten.“ Es gehe eben
nicht um einen „Religionskrieg“ und einen „Kampf des Islam gegen westliche
Werte“.
## „Es herrscht kein Krieg zwischen uns“
„Das ist Unsinn“, sagt sie: „Es herrscht kein Krieg zwischen uns.“ Obwo…
für sie ihr Glaube ein wichtiger Teil ihrer Identität sei, sie die Politik
Israels für grundfalsch halte und in ihrem Engagement für ein freies
Palästina nicht nachlassen werde: „Ich habe deshalb nichts gegen Juden.
Sowenig, wie wir wollen, dass man uns mit Terroristen in einen Topf wirft,
sollten wir den gleichen Fehler machen. Wir wissen nur zu gut, wie
verletzend das ist.“
„Ich bin gekommen, um den Terroristen das wahre Gesicht des Islam zu
zeigen“, begründete auch Fatima Fugan, warum sie im „Friedensring“ um die
Synagoge stand, auf die 2006 von einem norwegischen Islamisten ein Anschlag
verübt worden war.
Und Oberrabbiner Melchior hatte für die Anwesenden noch eine Botschaft aus
Kopenhagen: „Als ich dem Vater des vor der Synagoge ermordeten Dan Uzan vom
heutigen Abend erzählte, brach er in Tränen aus und bat mich: ’Sag den
jungen Muslimen in Norwegen, dass sie mir Hoffnung geben. Dass sie mir
einen Grund gegeben haben, weiterzuleben. Dass der Tod meines Sohnes
vielleicht einen Sinn hatte, vielleicht die Basis für etwas Neues gelegt
hat.‘“
22 Feb 2015
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Solidarität
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Synagoge
Oslo
Finnland
Israelkritik
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Kippa
Muslime
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Helle Thorning-Schmidt
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