# taz.de -- Vorfall bei Pegida-Demo: Angriff unter Applaus | |
> In Dresden sollen Pegidisten migrantische Jugendliche angegriffen haben. | |
> Eine Strafanzeige wollte die Polizei jedoch nicht aufnehmen. | |
Bild: Aufmarsch am 22. Dezember 2014 in Dresden | |
HAMBURG taz | Dunkles Veilchen und geprellte Rippen – die Verletzungen von | |
Wadha (Nachname der taz bekannt) sind die sichtbaren Spuren des Angriffs in | |
Dresden. Er fand nach der letzten Kundgebung der Pegida am 22. Dezember | |
2014 statt, die 15-jährige Wadha gehörte zu einer Gruppe Jugendlicher mit | |
Migrationshintergrund. Der Übergriff geschah „unter dem Applaus von | |
Passanten“, sagt Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen. Eine Anzeige | |
wollte die Polizei nicht aufnehmen, berichtet er, „sie glaubten ihr nicht“. | |
Über 17.500 Demonstranten nahmen am 22. Dezember an dem zehnten | |
Abendspaziergang der Pegida teil. Die Aktion war gegen 20.30 Uhr gerade zu | |
Ende, als etwa 50 Männer und Frauen in die Centrum Galerie kamen. Hier im | |
Shoppingcenter war Wadha mit etwa 30 Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 | |
Jahren zum Weihnachtseinkauf verabredet. „Das Centrum ist als Treffpunkt | |
von jugendlichen Migranten bekannt“, sagt Starosta. | |
Im Gebäude vermummten sich die Pegida-Anhänger, die Schals und Bekleidung | |
vom Fußballverein Dynamo Dresden trugen, und griffen die Jugendlichen an. | |
„Scheißkanacken“, schimpften sie und riefen „Wir sind das Volk“. Die | |
Angreifer waren mit Messern, Schlagstöcken, Pfefferspray und Tasern | |
bewaffnet. | |
Die Jugendlichen sollen vor den Hools zwischen 25 und 40 Jahren versucht | |
haben zu fliehen. Sie rannten über die Rolltreppen und schlossen sich in | |
Klos ein. Zwei ältere Jungs sollen von den Tasern getroffen zu Boden | |
gegangen sein. Einigen Angegriffenen gelang es zu entkommen. Nicht so | |
Wadha. Das Mädchen hat Asthma und konnte nicht schnell genug weglaufen. Sie | |
stürzte. Die Angreifer schlugen auf ihren Kopf und Oberkörper ein. | |
## „Sie haben Angst“ | |
„Der Vorfall erinnert mich sehr an den Horror der 1990er Jahre“ sagt | |
Starosta. Denn die Jugendlichen erzählten, dass vor dem Einkaufszentrum | |
ganz normale Bürger gestanden hätten, die noch Beifall klatschten. Das | |
Mädchen musste im Krankenhaus behandelt werden. Weitere Betroffene erlitten | |
Schürfverletzungen. | |
Nach der Hetzjagd kam es vor dem Einkaufszentrum zu einem weiteren Angriff. | |
Ein 24-jähriger Mann wurde mit einem Messer am Oberschenkel verletzt. Er | |
soll an dem Pegida-Abendspaziergang teilgenommen haben. „Die Jugendlichen | |
waren nicht bewaffnet“, sagt Starosta, sie wollten shoppen. Der Mitarbeiter | |
des Kulturbüros kennt einen Großteil der betroffenen alevitischen | |
Jugendlichen gut. Im vergangenen Jahr hat er mit ihnen einen Film „Wenn wir | |
reden … Akzeptanz ist keine Pflicht, sondern selbstverständlich“ gedreht. | |
Am Vormittag des 24. Dezember fand Wadha mit ihrer Mutter den Mut, zur | |
Polizei zu gehen. Ein Beamter in der Dienststelle Schießgasse „fertigte sie | |
jedoch einfach ab“. Die Verletzungen, soll er gesagt haben, hätte sich das | |
Mädchen selbst zugefügt. Über das Kulturbüro hat Starosta nun Anzeige | |
erstattet. Die Polizei wollte sich auf Anfrage der taz am Mittwoch nicht zu | |
den Vorwürfen äußern. | |
Die betroffenen Familien der Hetzjagd sind erschüttert. Ihre Kinder würden | |
die Eltern nicht mehr allein weggehen lassen. „Sie haben Angst“, sagt | |
Starosta. | |
2 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Andrea Röpke | |
Andreas Speit | |
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