# taz.de -- Wiederholungswahl in Berlin: Der letzte Sieg der SPD | |
> Die SPD ist die große Wahlverliererin. Die Partei sucht vergeblich ihre | |
> Rolle in der polarisierten Gesellschaft. | |
Bild: Mehr Plakate als Wähler:innen | |
Am Karnevals-Wahlabend hatte sich [1][Franziska Giffey als Wahlsiegerin | |
verkleidet und von „guten Ergebnissen“ für die SPD gesprochen]. In diese | |
lustige Faschingserzählung passt, dass Ex-Bürgermeister Michael Müller und | |
Generalsekretär Kevin Kühnert die Vorsprünge in ihren Wahlkreisen über die | |
Ziellinie retten konnten. Vor allem aber, dass die Partei in der Summe aus | |
den soliden Ergebnissen von 2021 und denen der Nachwahl von Sonntag noch | |
knapp die Spitzenposition in der Stadt verteidigt hat. Doch viel spricht | |
dafür, dass es auf absehbare Zeit der letzte Wahlsieg der Sozialdemokraten | |
bleiben wird. | |
Schaut man nüchtern auf die Ergebnisse in den 455 Nachwahl-Stimmenbezirken, | |
entlarvt sich jede Siegespose als reine Kosmetik. Die SPD ist auf einem – | |
vorläufigen – Tiefpunkt angekommen. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 | |
verlor die Partei hier 7,8 Prozentpunkte. Übrig geblieben sind magere 14,6 | |
Prozent. Sie stehen dafür, dass kaum jemand mehr so richtig sagen kann, was | |
man inhaltlich von einer SPD bekommt, was es nicht auch anderswo gibt. | |
Weder an der Spitze der Bundesregierung noch als Juniorpartner im Berliner | |
Senat kann die Partei deutlich machen, warum es gerade sie braucht. Wenn | |
[2][Kanzler Olaf Scholz lautstark verkündet, mehr Menschen abschieben zu | |
wollen], ist die SPD nur die wenig überzeugende Kopie ihrer rechten | |
Konkurrenz. Und wenn Scholz kurz darauf auf Anti-AfD-Demos auftaucht, | |
überzeugt er auch niemanden mehr davon, dass nur die SPD für eine | |
menschenwürdige Zukunft sorgen könnte. 15 Prozent in Umfragen bundesweit | |
sind die Folge. | |
In Berlin steht die SPD inzwischen vor allem dafür, an der Macht zu kleben | |
und Volksbegehren zu ignorieren. Weil die CDU plötzlich wieder als ernst zu | |
nehmende Partei gilt, können die Sozialdemokraten mit ihrer Politik für | |
Vermieter und Autofahrer kaum einen konservativen Wähler überzeugen. | |
Gleichzeitig liefern sie damit genug Gründe für die oftmals links tickende | |
Wählerschaft, ihr Kreuz doch lieber bei der Konkurrenz zu setzen. Genau das | |
ist nun passiert: Rechts haben CDU und AfD massiv zugelegt, und auf der | |
linken Seite haben sich Grüne und Linke, immerhin mit leichten Zugewinnen, | |
behaupten können. | |
[3][In einer Gesellschaft, die sich zunehmend polarisiert], hat die SPD | |
kein Angebot, das verfängt, stattdessen irrlichtert sie ziellos in Richtung | |
Bedeutungslosigkeit. Sie teilt damit das Schicksal vieler | |
sozialdemokratischer Parteien in Europa, die dem Aufstieg der Rechten keine | |
glaubwürdigen Konzepte entgegenzusetzen haben und sich nicht als linke | |
Gegenspielerinnen behaupten können. | |
Selbst Franziska Giffey ging am Montag dann auf, dass die SPD „ihr Profil | |
mit klaren eigenen Positionen schärfen muss“. Welche das sein sollen, hat | |
die Wirtschaftssenatorin, [4][die ihre Partei zum Mehrheitsbeschaffer der | |
CDU degradiert ha]t, aber nicht gesagt. Und genau hier liegt das Problem: | |
Wenn die SPD selbst nicht weiß, wer sie eigentlich sein will, fehlt auch | |
jedes Argument für die Wähler:innen, warum sie ihr ihre Stimme geben | |
sollten. | |
12 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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