# taz.de -- Weltweite Rüstungsausgaben 2021: Goldene Jahre für Waffenproduzen… | |
> Die 100 größten Rüstungskonzerne haben 2021 laut Sipri-Bericht erneut | |
> steigende Umsätze verzeichnet. Die Branche kann sich auf fette Jahre | |
> freuen. | |
Bild: Defensiv fahren, aber trotzdem Stimmungskanone: slowakischer Soldat bei d… | |
STOCKHOLM taz | Der Markt für Waffen und militärische Dienstleistungen | |
boomt weiter. Dieses Fazit zieht nun bereits im siebten Jahr in Folge das | |
Stockholmer internationale [1][Friedensforschungsinstitut Sipri] in seinem | |
neuen Bericht über die Umsatzentwicklung der weltweit 100 größten | |
Rüstungskonzerne. Wobei sich diese Bilanz noch gar nicht auf das nun zu | |
Ende gehende Jahr 2022 bezieht, das vor allem wegen des Krieges in der | |
Ukraine den Unternehmen einen zusätzlichen Auftragsboom beschert hat. Der | |
Bericht umfasst das „Vorkriegsjahr“ 2021. | |
Auf dessen Top-100-Liste ist dabei Europa mit 27 Branchenriesen vertreten. | |
Für sie lief es besonders gut, mit einem Umsatz von 123 Milliarden | |
US-Dollar, was einem Plus von 4,2 Prozent entspricht. Global wuchs das | |
Rüstungsgeschäft 2021 um 1,9 Prozent, seit 2015 beträgt dieses Plus 19 | |
Prozent. Im regionalen Vergleich hatten 2021 nur die chinesischen | |
Rüstungsschmieden mit 6,3 Prozent eine höhere Wachstumsrate. Alle | |
Sipri-Zahlen sind inflationsbereinigt und sie berücksichtigen jeweils nur | |
Umsätze militärischer Güter und Dienstleistungen. | |
## Deutsche Rüstungskonzerne | |
In Deutschland verbuchte den größten Umsatzsprung mit 1,61 Milliarden | |
Dollar Umsatz und einem Plus von 19 Prozent der Elektronikspezialist | |
Hensholdt. Er kletterte damit auf der globalen Top 100 gleich um zehn | |
Plätze auf Rang 69. Bei ThyssenKrupp – Rang 55 – liefen die Geschäfte nic… | |
so gut, machten in diesem Sektor aber ein Plus von 11 Prozent auf 2,4 | |
Milliarden Dollar. Grund, so Sipri, sei vor allem die Lieferung einer | |
Fregatte an die deutsche Marine und vier Korvetten an die israelische. | |
Diehl kam mit einem Umsatzplus von 870 Millionen Dollar „aufgrund der | |
Nachfrage nach seiner Militärausrüstung seitens der EU- und Nato-Staaten | |
sowie Australiens, Japans, Neuseelands und der Schweiz“ neu auf Platz 99 | |
der Top-100-Liste. Auf der stehen allerdings wie in den Vorjahren nur vier | |
deutsche Konzerne. Der fünfte, Krauss-Maffei Wegmann, firmiert wegen seines | |
Zusammenschlusses mit der französischen Nexter zur KNDS-Holding nun nicht | |
mehr unter „Germany“, sondern ebenso wie Airbus und MBDA als | |
„transeuropäisch“. | |
## US-Rüstungskonzerne | |
NDS konnte mit einem Plus von 9,6 Prozent auf 3 Milliarden Dollar kräftig | |
zulegen und platziert sich damit auf Platz 44 der Top 100, dessen Rang 31 | |
der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall einnimmt. Als einziger | |
deutscher Branchenriese machte er ein Umsatzminus von 1,7 Prozent, auf 4,5 | |
Milliarden Dollar. Dafür macht Sipri vor allem die Auswirkungen der | |
Pandemie und Probleme mit den Lieferketten verantwortlich. Dies gilt laut | |
dem Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato für weite Teile der Waffenbranche. | |
[2][Lieferkettenprobleme], in deren Folge Aufträge entweder verloren gingen | |
oder ihre Erfüllung verschoben werden musste, belasteten auch die | |
US-amerikanischen Rüstungskonzerne. Diese dominieren mit einem Umsatz von | |
300 Milliarden wie gehabt den globalen Waffenhandel und belegen erneut wie | |
seit 2018 die fünf Spitzenplätze der Top-100-Liste. 25 der gelisteten 40 | |
US-Unternehmen meldeten aber ein Umsatzminus. Insgesamt belief sich das auf | |
0,9 Prozent. Bei den umsatzstärksten Konzernen konnte nur Raytheon | |
Technologies ein Plus verbuchen: 9,1 Prozent. | |
Ähnlich der Entwicklung hin zu transeuropäischen Unternehmen habe sich im | |
vergangenen Jahr auch in der US-Waffenbranche der Konzentrationsprozess | |
fortgesetzt, analysiert Sipri. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden | |
habe angedeutet, dass man eine „übermäßige Konsolidierung“ der | |
Rüstungsindustrie als Bedrohung für die nationale Sicherheit sehen könne. | |
Die USA würden damit nämlich von einer kleinen Gruppe von Lieferanten | |
abhängig werden, was sich in steigenden Beschaffungskosten und vermindertem | |
Innovationsanreiz niederschlagen könne. | |
## Russische Rüstungsindustrie | |
Die Daten für die russische Rüstungsindustrie sind unsicher. Die Zahl | |
russischer Unternehmen auf der Liste schrumpfte auf sechs, drei Unternehmen | |
nahm Sipri wegen mangelhafter Zahlengrundlage heraus. Insgesamt hatten sie | |
ein deutliches Plus in der Marine- und Raketenproduktion und ein deutliches | |
Minus in der Luftfahrt. Das sei vermutlich „eine Auswirkung der von der | |
russischen Regierung 2016 gegebenen Anweisung an den | |
militärisch-industriellen Komplex, die zivile Produktion zu erhöhen“, meint | |
Sipri und erwartet, dass „Russlands Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 | |
diesen Trend wahrscheinlich umkehren wird“. Wobei die gegen Russland | |
verhängten Sanktionen sich auch auf seine Rüstungsunternehmen auswirken | |
würden: „Alle sind mit eingeschränktem Zugang zu Halbleitern konfrontiert.�… | |
Für 2022 rechnet Sipri mit einem deutlichen Anstieg der weltweiten Umsätze | |
im Rüstungssektor. Die russische Invasion habe „zu einem Anstieg der | |
Waffennachfrage in Europa und den Vereinigten Staaten geführt“, so der | |
Bericht. Die Ukraine bekomme viel militärische Ausrüstung, „mit Fortgang | |
des Krieges schrumpfen die Lagerbestände“. | |
Die Steigerung der Rüstungsproduktion brauche Zeit, weshalb „es mehrere | |
Jahre dauern könnte, bis Rüstungsunternehmen in der Lage sind, sich an die | |
neue Nachfrage anzupassen“, schreibt Sipri und nennt Beispiele: „Bis | |
Oktober 2022 hatten die USA 8.500 Panzerabwehrraketen vom Typ Javelin an | |
die Ukraine geliefert, was einer Produktion von vier Jahren entspricht. | |
Die Javelin-Joint-Venture-Partnerschaft zwischen Lockheed Martin und | |
Raytheon Technologies plant, ihre derzeitige Produktion von 2.100 Raketen | |
pro Jahr auf fast 4.000 zu steigern. Aber die Verdopplung des | |
Produktionstempos könnte zwei Jahre dauern.“ Bei den Artilleriegeschossen | |
für die 155-Millimeter-Haubitzen werde es bei der aktuellen | |
Produktionsgeschwindigkeit fünf bis sechs Jahre dauern, um die | |
US-Lagerbestände wieder auf das frühere Niveau aufzufüllen. | |
Die Branche kann sich also auf fette Jahre freuen. [3][Rheinmetall] | |
beispielweise erwartet laut Sipri ein sprunghaftes Umsatzwachstum seiner | |
Defence-Sparte von 100 bis 150 Prozent in diesem Jahr und in Jahr 2023 | |
weitere 30 bis 40 Prozent. | |
5 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sipri.org/about/reports | |
[2] /Erdoeldrosselung-der-Opec-Plus/!5882647 | |
[3] /Ruestungsgeschaefte-in-Berlin/!5501021 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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