| # taz.de -- Finnland und Schweden wollen in die Nato: Zustimmung mit Tempo | |
| > Schweden und Finnland treten wohl der Nato bei. Die derzeitige Bedrohung | |
| > hat die Meinungen in den beiden Ländern verändert. | |
| Bild: Die Nato ist für den schwedischen Verteidigungsminister Hultqvist, seit … | |
| Stockholm taz | Die Frage des Nato-Beitritts von Finnland und Schweden ist | |
| auf der Zielgeraden. Die in dieser Woche veröffentlichten aktuellen | |
| Umfragen zeigen klare Nato-Mehrheiten in beiden Ländern. | |
| Am Donnerstag werden sich in Finnland Staatspräsident Sauli Niinistö und | |
| Ministerpräsidentin Sanna Marin endgültig zu ihrem Standpunkt in der | |
| Nato-Frage positionieren. Und bis zum Wochenende wollen in Helsinki und | |
| Stockholm auch die Sozialdemokraten offiziell ihre Haltung zu einer | |
| künftigen Mitgliedschaft in der westlichen Militärallianz bekannt geben. | |
| Intern scheint die Entscheidung allerdings bereits gefallen zu sein. | |
| Mit Verteidigungsminister [1][Peter Hultqvist] legte am Dienstag in einem | |
| Rundfunkinterview auch das Mitglied im Kabinett der schwedischen | |
| Minderheitsregierung, das sich in der Vergangenheit am entschiedensten | |
| gegen eine Nato-Mitgliedschaft ausgesprochen hatte, eine 180-Grad-Wende | |
| hin. Hatte Hultqvist sich auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im | |
| November letzten Jahres noch festgelegt, „es wird kein Nato-Mitgliedsgesuch | |
| geben, solange wir eine sozialdemokratische Regierung haben“, betonte er | |
| nun: „Ein Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens wird sich positiv für die | |
| Sicherheitslage in ganz Nordeuropa auswirken.“ | |
| Und hatte er seinerzeit mit dem Satz „Solange ich Verteidigungsminister | |
| bin, werde ich niemals an einem solchen Prozess mitwirken, das kann ich | |
| euch garantieren“ auch sein ganz persönliche Verbleiben im Kabinett an ein | |
| Nein geknüpft, äußerte er jetzt: „Ich habe nicht die Absicht | |
| zurückzutreten.“ Seine Begründung: „Es gibt eben eine Zeit vor und eine | |
| Zeit nach dem 24. Februar.“ | |
| ## Auch viele SozialdemokratInnen haben ihren Kurs geändert | |
| Andere führende schwedische SozialdemokratInnen, die sich durchaus auch | |
| noch mehrere Wochen nach dem 24. Februar, also nach dem Beginn der | |
| russischen Invasion in der Ukraine gegen einen Nato-Beitritt ausgesprochen | |
| hatten, sind in den letzten Tagen ebenfalls auf einen Ja-Kurs | |
| eingeschwenkt: Von den Ex-Regierungschefs Göran Persson und Stefan Löfven | |
| über die ehemalige Parteivorsitzende Mona Sahlin bis zu | |
| Ex-AußenministerInnen wie Margot Wallströn und [2][Jan Eliasson]. | |
| Letzterer, nun auch Vorsitzender des Stockholmer | |
| Friedensforschungsinstituts Sipri, tat dies mit dem Eingeständnis: „Es hat | |
| mir Qualen bereitet.“ Die Partei bemüht sich Einigkeit zu zeigen. Und sie | |
| möchte das Thema vor der Parlamentswahl im September vom Tisch haben. | |
| Für ein Ja zu einem Nato-Beitrittsantrag bedarf es im schwedischen | |
| Reichstag einer Dreiviertelmehrheit der Abgeordneten, weil das Land damit | |
| auf Teile seiner Souveränität verzichten würde. Linkspartei und Grüne haben | |
| schon klargemacht, dass sie als einzige Parteien an ihrem Nato-Nein | |
| festhalten wollen. | |
| Die Sozialdemokraten mit ihren 113 Abgeordneten hätten eigentlich eine | |
| Sperrminorität, mit der sie einen Beitritt tatsächlich blockieren könnten. | |
| Es spricht aber wenig dafür, dass sie es tatsächlich tun werden. Auch wenn | |
| es zahlreiche Appelle beispielsweise von ForscherInnen oder auch in einem | |
| Aufruf vieler Kulturschaffender gibt, sich doch zumindest mehr Zeit zu | |
| lassen, denn bekanntlich sei Angst ein schlechter Ratgeber. Und schließlich | |
| stehe man vor einer historischen Entscheidung, mit der Schweden sich von | |
| einer mehr als 200-jährigen Geschichte als neutrales beziehungsweise | |
| „allianzfreies“ Land verabschieden würde. | |
| Eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage zeigte, dass sich in Schweden | |
| erstmals auch 50 Prozent der sozialdemokratischen WählerInnen für ein Ja | |
| zur Nato aussprechen, in der Gesamtbevölkerung sind es nun 61 Prozent. Eine | |
| am Tag zuvor vom finnischen [3][Public-Service-Sender YLE veröffentliche] | |
| Umfrage über die Nato-Zustimmung in Finnland zeigt noch höhere Werte. Hier | |
| überwiegt ein Ja nun mit 76 Prozent, nur noch 12 Prozent sind gegen einen | |
| Beitritt des Landes. | |
| ## Unter Linken findet der Nato-Beitritt am wenigsten Zustimmung | |
| Am Dienstag sprach sich der sicherheitspolitische Ausschuss des finnischen | |
| Reichstags für einen Beitritt zur Allianz aus, weil dies die „beste | |
| Alternative“ sei, um die Sicherheit des Landes zu festigen. Der | |
| Ausschussvorsitzende Petteri Orpo begründete dieses Votum damit, „dass | |
| Finnland nicht, so wie wir bisher gedacht haben, in einer Kriegssituation | |
| nur Teil in einem breiten internationalen Konflikt sein könnte“. Es gebe | |
| jetzt ein klares Bedrohungsszenario gegenüber Finnland. | |
| Gegen das Votum reservierte sich nur der Vertreter der Linkspartei, der der | |
| Ausschussmehrheit vorwarf, sie nehme keine Rücksicht auf die negativen | |
| Folgen, die eine Nato-Mitgliedschaft für das Land haben könne. Die | |
| Linkspartei, die Teil der Regierungskoalition ist, hatte sich bis zuletzt | |
| gegen einen Beitrittsantrag ausgesprochen, gab nun aber ihren | |
| Kabinettsmitgliedern und Abgeordneten das Votum in dieser Frage frei, um | |
| ihre Regierungsbeteiligung nicht zu gefährden. Unter den WählerInnen und | |
| AnhängerInnen der Linkspartei findet ein Ja zur Nato am wenigsten | |
| Zustimmung. | |
| 12 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.government.se/government-of-sweden/ministry-of-defence/peter-hu… | |
| [2] https://www.sipri.org/about/bios/ambassador-jan-eliasson | |
| [3] https://yle.fi/news/3-12437506 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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| Anne Will | |
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