# taz.de -- Weltweites UNO-Atomwaffenverbot: Gegen den Trend zur Aufrüstung | |
> Die Vertragsstaaten des UNO-Abkommens beschließen bei einer Konferenz | |
> Zusatzvereinbarungen. Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Nein. | |
Bild: Militärparade in Moskau zum 9. Mai, dem „Tag des Sieges“ | |
BERLIN taz | Nicht erst seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor | |
vier Monaten stehen die Zeichen auf atomare und konventionelle Aufrüstung. | |
Insbesondere in Europa, USA, Russland und China. Das belegen [1][die | |
jährlichen Berichte des Stockholmer Internationalen | |
Friedensforschungsinstituts (SIPRI)]. Der Ukraine-Krieg und die Drohung des | |
russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen haben | |
diesen Aufrüstungstrend noch einmal deutlich verstärkt. | |
Die Nato-Staaten bekräftigen ihre Politik der atomaren Abschreckung, | |
Deutschland und die anderen vier Stationierungsländer US-amerikanischer | |
Atombomben – die Niederlande, Belgien, Italien und die Türkei – ihr | |
Festhalten an der sogenannten „nuklearen Teilhabe“. | |
Deutschland hat zweistellige Milliarden-Ausgaben zur Anschaffung neuer | |
US-Kampflugzeuge beschlossen, damit die Bundesluftwaffe im Konfliktfall | |
auch künftig die auf einem Militärstützpunkt in Büchel in der Eifel | |
stationierten und in den vergangenen zwei Jahren modernisierten | |
US-Atombomben einsetzen kann. | |
Ganz gegen diesen Aufrüstungstrend stand in den vergangenen drei Tagen in | |
Wien die erste Konferenz von inzwischen 86 Unterzeichnerstaaten des | |
UNO-Abkommens zum vollständigen, weltweiten Verbot atomarer Waffen (Treaty | |
for the prohibition of nuclear weapons, TPNW). Dieses Abkommen hatten 122 | |
der 193 Mitgliedsländer der UNO-Generalsversammlung im Sommer 2017 | |
beschlossen. | |
## Zehnjährige Lobbyarbeit | |
Vorausgegangen war eine zehnjährige Lobbyarbeit der „Internationalen | |
Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen“ (ICAN), die für ihren Erfolg | |
den Friedensnobelpreis erhielt. Im Januar 2021 trat der TPNW nach erfolgter | |
Ratifizierung durch 60 Staaten (inzwischen 65) in Kraft. | |
Ausdrücklich abgelehnt wird der Verbotsvertrag von den neun | |
Atomwaffenmächten – Russland, China, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea | |
sowie den drei NATO-Mitgliedern USA, Großbritannien und Frankreich. Auch | |
keiner der übrigen 27 NATO-Staaten ist bereit, dem TPNW beizutreten. | |
Für Deutschland, das neben den Nato-Staaten Norwegen und Belgien sowie dem | |
Nato-Bewerber Schweden mit Beobachterstatus an der Wiener Konferenz | |
teilnahm, bekräftige Botschafter Rüdiger Hohn diese Haltung: „Als Mitglied | |
der Nato, die eine nukleare Allianz bleiben wird, solange Atomwaffen | |
existieren, [2][kann Deutschland dem Verbotsabkommen nicht beitreten]“, | |
erklärte er. | |
Allerdings wiederholte Hohn nicht mehr die seit Jahren von der | |
Bundesregierung vertretene Behauptung, der Verbotsvertrag stünde „im | |
Widerspruch“ zum Abkommen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen (NPT) | |
und würde zur „Schwächung“ und „Unterminierung“ des NPT führen. | |
## Behauptung widerlegt | |
Begründet hatte die Bundesregierung ihre frühere Position unter anderem mit | |
der Behauptung, im Verbotsvertrag TPNW seien die Verifikationsbestimmungen | |
zur Überprüfung seiner Einhaltung völkerrechtlich schwächer und | |
unverbindlicher als die entsprechenden Bestimmungen im NPT. Diese | |
Behauptung hatte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem | |
Gutachten widerlegt. | |
Die Wiener Konferenz legte in einer Zusatzvereinbarung zum TPNW die | |
zeitlichen Fristen fest, in denen Atomwaffenstaaten oder an einer | |
„nuklearen Teilhabe“ beteiligte Länder wie Deutschland ihre Atomwaffen | |
aufgeben beziehungsweise die Stationierung fremder Atomwaffen auf ihrem | |
Territorium beenden müssten, sollten sie sich eines Tages doch | |
entschließen, dem Verbotsvertrag beizutreten. | |
In zwei weiteren Zusatzvereinbarungen zum TPNW einigte sich die Konferenz | |
auf Umweltmaßnahmen in Gebieten, die durch atomare Testversuche verseucht | |
wurden sowie auf humanitäre Hilfe für Opfer etwaiger künftiger Einsätze von | |
Atomwaffen. Für diese beiden Vereinbarungen signalisierte Botschafter Hohn | |
die Unterstützung der Bundesregierung. | |
23 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bericht-des-Stockholmer-Sipri-Instituts/!5857853 | |
[2] /Vertrag-zum-Verbot-von-Atomwaffen/!5720670 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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