# taz.de -- Aktivist über Atomwaffenverbotsvertrag: „Sehr starke Botschaften… | |
> Leo Hoffmann-Axthelm ist zufrieden: Bei der ersten Staatenkonferenz zu | |
> einem Atomwaffenverbot habe die Bundesregierung einen guten Auftritt | |
> hingelegt. | |
Bild: Atomwaffenfähige Interkontinentalraketen bei einer Militärparade in Pj�… | |
taz: Herr Hoffmann-Axthelm, als Mitglied von ICAN haben sie lange für den | |
Atomwaffenverbotsvertrag lobbyiert. Diese Woche fand [1][die erste | |
Konferenz der Vertragsstaaten] statt. Verlief sie in Ihren Augen | |
erfolgreich? | |
Leo Hoffmann-Axthelm: Absolut. Man hat gesehen, was für ein Game Changer | |
ein Vertrag ist, der eindeutig für nukleare Abrüstung eintritt. Er bietet | |
den atomwaffenfreien Staaten eine Plattform, auf der sie deutliche Worte | |
finden können, weil nicht alle Texte von Staaten verwässert wurden, die an | |
Atomwaffen festhalten wollen. Die Abschlusserklärung enthält dadurch sehr | |
starke Botschaften. | |
Im Vergleich zu dem, was im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrags oder in | |
der UN-Generalversammlung passiert, ist das sehr erfrischend. Dazu kommt | |
der Aktionsplan, auf den sich die Staaten geeinigt haben und der 50 sehr | |
konkrete und auch innovative Schritte zur Umsetzung des Vertrages vorsieht. | |
Welche davon sind Ihnen am wichtigsten? | |
Besonders erfreulich ist, dass man sich um Strahlenopfer und Umweltschäden | |
von nuklearen Tests kümmern will. Die betroffenen Communities wurden an | |
allen Ecken und Enden involviert und haben selbst auf der Konferenz | |
gesprochen. Sämtliche Atomwaffenstaaten haben ja über die ganze Welt | |
verteilt Tests durchgeführt. Jetzt kommen langsam die ganzen Geschichten | |
darüber zu Tage, was das mit den Menschen vor Ort gemacht hat. Die | |
Vertragsstaaten wollen einen Fonds einrichten, um ihnen zu helfen. | |
Die Bundesregierung hat den Vertrag nicht unterzeichnet, aber einen | |
Diplomaten aus dem Auswärtigen Amt als Beobachter zur Konferenz geschickt. | |
In einem Statement hat er bekräftigt, [2][dass Deutschland nicht beitreten | |
wird]. Enttäuscht? | |
Nein. Das war das konstruktivste Statement zum Vertrag, das wir bisher aus | |
der Nato gehört haben. Dass Deutschland den Vertrag nicht unterzeichnet, | |
weil ein Beitritt mit der nuklearen Abschreckung in der Nato nicht | |
kompatibel ist, stimmt erstmal. Dass die Bundesregierung so eine ehrliche | |
Haltung eingenommen und die Gründe offen beschrieben hat, finde ich gut. | |
Das ist ein klarer Kontrast zur Vergangenheit, bisher hat man immer | |
irgendwelche Scheinargumente gegen den Vertrag gesucht. Darauf hat | |
Deutschland jetzt komplett verzichtet – das hat die Debatte ungemein | |
versachlicht und das war noch nicht der einzige positive Punkt im | |
Statement. | |
Was noch? | |
Anstatt das Verbot von Atomwaffen zu kritisieren bietet die Bundesregierung | |
an, Schulter an Schulter mit den Vertragsstaaten an konkreten Problemen zu | |
arbeiten: nukleare Aufrüstung, die Stärkung der Rolle von Atomwaffen, | |
Proliferationsrisiken. Sie wollen sich mit den Hilfsplänen für | |
Strahlenopfer und Umweltschäden auseinanderzusetzen. Das ist eine gute Art | |
und Weise, die Ziele des Vertrags voranzubringen, auch ohne selbst | |
beizutreten. | |
Ob Deutschland beitritt, ist demnach gar nicht so entscheidend? | |
Deutschland sollte schnellstmöglich beitreten und dies innerhalb der Nato | |
vorbereiten, daran arbeiten wir weiter. Für einen Beitritt braucht es | |
Verhandlungen innerhalb der Nato, um eine Ausnahmeklausel von der nuklearen | |
Abschreckung zu erreichen. In Teilbereichen gibt es derlei Einschränkungen | |
für einzelne Staaten schon. Wenn der politische Wille da ist, wären solche | |
Verhandlungen kein Drama. | |
Solange die Bedrohung durch Russland akut bleibt, wird dieser politische | |
Wille aber kaum entstehen. | |
Mit Finnland und Schweden treten demnächst wohl zwei neue Staaten der Nato | |
bei, die für ihre Sicherheitspolitik bisher gänzlich ohne Atomwaffen | |
ausgekommen sind. Und positiv kann man anmerken, dass die Nato auf die | |
russischen Drohungen mit Atomwaffen nicht mit einer verbalen Eskalation und | |
Gegendrohungen reagiert hat, auch wenn die Praxis der nuklearen | |
Abschreckung an sich natürlich ebenfalls eine permanente Drohung darstellt. | |
Was erhoffen Sie sich in der Frage kurzfristig von der Nato? | |
Sie sollte darauf verzichten, wegen der russischen Drohungen die Rolle von | |
Atomwaffen in ihrem neuen Strategischen Konzept zu stärken, das nächste | |
Woche in Madrid angenommen werden soll. Sie verspricht schließlich seit | |
Jahren, und hat sich dazu auch innerhalb des Nichtverbreitungsvertrag | |
verpflichtet, die Rolle von Atomwaffen zu reduzieren. Jetzt das Gegenteil | |
zu tun, würde unsere Sicherheit nicht erhöhen und hätte Konsequenzen für | |
Nicht-Atomwaffen-Staaten weltweit: Sie könnten dazu animiert werden, sich | |
ebenfalls Massenvernichtungswaffen zuzulegen. | |
In der Abschlusserklärung erwähnen die Vertragsstaaten die russischen | |
Drohungen nicht explizit. Das spricht nicht für sie. | |
Viele Vertragsstaaten haben Russland in ihren Statements explizit | |
verurteilt. Gleichzeitig wäre es für ein UN-Dokument ungewöhnlich, | |
spezifische Staaten zu erwähnen und konkret an den Pranger zu stellen. Am | |
Ende der Verhandlungen gab es eine allgemeine, sehr starke Verurteilung von | |
nuklearen Drohungen, die im Präsens formuliert ist. Da ist klar, worauf | |
sich das bezieht. | |
Abgesehen davon: Hätte man sich explizit auf Russland konzentriert, hätte | |
das den Anschein erweckt, dass die anderen Atomwaffen in Ordnung sind. | |
Insofern war es schon wichtig, dass man sich nicht auf ein Land beschränkt. | |
Das Atomwaffenverbot gilt weltweit. | |
25 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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