| # taz.de -- Weiterführende Schulen in Bremen: Der Weg wird weit | |
| > Vier Prozent der künftigen Fünftklässler in Bremen kommen nicht auf eine | |
| > ihrer Wunschschulen. Wer in ärmeren Stadtteilen lebt, ist davon eher | |
| > betroffen. | |
| Bild: Weite Fahrten mit dem Bus nötig: Nicht alle Schüler:innen bekommen den … | |
| Bremen taz | So viele Fünftklässler gab es noch nie in Bremen: 4.409 | |
| Noch-Grundschüler*innen werden ab dem Sommer [1][eine weiterführende | |
| Schule besuchen.] Im Januar konnten sie mit Erst-, Zweit- und Drittwunsch | |
| wählen, wohin sie wollen: die Oberschule in direkter Nachbarschaft? Jene | |
| mit musischem Schwerpunkt? Oder ein Gymnasium? | |
| Jetzt steht fest: 187 Schüler*innen, gut vier Prozent also, haben in keiner | |
| der angewählten Schulen einen Platz bekommen. Sie müssen nehmen, was die | |
| Behörde ihnen zuweist. | |
| Dass nicht alle Wünsche erfüllt werden können, ist logisch: Einige Schulen | |
| sind beliebter als andere. Dass etwa jedes 23. Kind, also circa eines pro | |
| Klasse, keinen seiner Wunschplätze bekommt, muss aber nicht so sein – in | |
| Hamburg haben zuletzt 99 Prozent aller Schüler*innen eine ihrer drei | |
| Anwahlen erfüllt bekommen. | |
| Wer einen Platz erhält, das ist nicht gleichmäßig verteilt. Schon deshalb, | |
| weil ein großer Teil vorrangig nach Leistung vergeben wird: An Gymnasien | |
| gilt das für alle Plätze, an Oberschulen gehen 30 Prozent zuerst an Kinder | |
| mit überdurchschnittlichen Erfolgen in Deutsch und Mathe. Wer in der | |
| Grundschule mittelmäßig bewertet wurde, hat schlechtere Chancen. | |
| ## Nicht immer wohnortnah | |
| Die danach noch offenen Plätze werden zunächst an Kinder von regional | |
| zugeordneten Grundschulen vergeben; doch auch, wer eine zugeordnete Schule | |
| anwählt, braucht Glück – oder den richtigen Wohnort: Einige Stadtteile | |
| haben einfach zu wenig weiterführende Schulen für die Vielzahl an | |
| Schüler*innen. Das [2][Problem und die mangelhafte Planung] sind schon | |
| lange bekannt. So haben in Bremen Mitte nur 14 Kinder keinen Platz an ihrer | |
| Wunschschule bekommen. Im Bremer Westen mit seiner weit höheren Migrations- | |
| und Armutsquote sind es 60. | |
| Den betroffenen 187 Schüler*innen habe man, so schreibt die Behörde, | |
| einen „möglichst wohnortnahen Schulplatz“ zugewiesen; was wohnortnah im | |
| Einzelfall heißt, kann die Behörde bis Redaktionsschluss nicht mitteilen; | |
| der taz ist ein Fall bekannt, in dem ein Kind aus Walle im Westen nun in | |
| die Vahr im Osten fahren muss: ein Schulweg von etwa zehn Kilometern, etwa | |
| eine Dreiviertelstunde mit Bus und Bahn. | |
| Für Familie Berlinger (Name geändert) aus Walle hingegen hat „wohnortnah“ | |
| geklappt: Zwar gab es keine Zusage an einer der drei Wunschschulen im | |
| Stadtteil, aber die behördlich zugewiesene Schule ist gerade einmal 700 | |
| Meter von der Erstwunschschule entfernt. Perfekt, könnte man denken. | |
| Allerdings nicht passend für die Familie: Die Eltern sind berufstätig, | |
| haben vier Kinder, davon zwei mit Pflegegrad drei, und bräuchten eine | |
| Ganztagsbetreuung; die liefert die nun zugewiesene Schule nicht. | |
| Auch aus anderen Gründen passt die Schule nicht für den Zehnjährigen: Vor | |
| Kurzem wurde er mit ADHS und Asperger diagnostiziert. Die zugewiesene | |
| Schule wurde gerade erst eingerichtet, auf dem Grundstück eines | |
| Berufsgymnasiums – „Es gibt noch keine geregelten Abläufe, | |
| Differenzierungsräume, nicht mal ein eigenes Schulgebäude“, bemängelt die | |
| Mutter. „Unser Sohn braucht aber feste Strukturen.“ | |
| ## Schwierige Härtefallanträge | |
| In Zukunft zieht die neue Schule zudem in die Überseestadt um – mindestens | |
| eine Hauptverkehrsstraße muss dann überquert werden. „Unser Kind kann | |
| Risiken nicht abschätzen. So ein Schulweg ist für ihn allein nicht | |
| machbar.“ | |
| Für die Wunschschule hätte gesprochen, dass schon ein großer Bruder des | |
| Kindes dort hingeht; eigentlich ein klarer Fall für einen Härtefallantrag – | |
| der soll helfen, besondere Situationen aufzufangen. Doch den Antrag hat | |
| Berlinger an die Behörde gegeben – korrekterweise hätte sie ihn an die | |
| Wunschschule schicken müssen. Ein Fehler, der sich trotz Rücksprache nicht | |
| mehr beheben ließ. Persönliches Pech – aber auch ein Hinweis darauf, dass | |
| der Härtefallantrag wenig fehlertolerant ist. Gerade für | |
| Nichtmuttersprachler stellt das Hilfsmittel auch eine Hürde dar. | |
| Die Behörde versucht, mit Flyern zur Schulwahl in einfacher Sprache | |
| gegenzusteuern. [3][Doch strukturelle Ungerechtigkeiten sind damit nicht | |
| aus der Welt geschafft.] Einen Widerspruch einzureichen kostet 52 Euro; | |
| eine möglicherweise nötige Klage noch weit mehr. | |
| Auf einem Flyer der Bildungssenatorin wird versprochen, dass es vor einer | |
| Zuweisung eine Rücksprache mit den Eltern gibt. Besondere Bedingungen | |
| könnten so bedacht werden. Doch in der Praxis sieht die Vergabe anders aus: | |
| Familie Berlinger hat die Entscheidung der Behörde einfach per Brief | |
| mitgeteilt bekommen. | |
| 11 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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