# taz.de -- Warnungen und Appelle: Tanz mit dem Teufel auf der Klimakonferenz | |
> Auf der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan präsentierten sich heute die | |
> Staatschefs. Der Gastgeber lobte fossile Energieträger als „Geschenk | |
> Gottes“. | |
Berlin taz | Bunte Drohnen-Aufnahmen aserbaidschanischer Landschaften, | |
Musik und Tänze, Videos von Kindern, die auf der Straße Fußball spielen: | |
Die Auftaktveranstaltung für die Reden der Staatschefs [1][auf der | |
UN-Klimakonferenz in Baku] sollte gute Stimmung verbreiten. | |
Die hielt nur, bis UN-Chef António Guterres zum Auftakt die Bühne betrat: | |
„Was Sie hier hören, ist das Ticken einer Uhr“, sagte Guterres. „Wir | |
befinden uns im letzten Countdown, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu | |
begrenzen. Und die Zeit ist nicht auf unserer Seite.“ | |
Die Geschichte der Klimakrise sei eine der vermeidbaren Ungerechtigkeit: | |
„Die Reichen verursachen die Probleme, die Armen zahlen den Preis.“ Es gebe | |
noch Hoffnung, die Klimakrise zu stoppen, aber dafür müssten alle Länder | |
ihren Teil tun – und die größten Volkswirtschaften müssten vorangehen, denn | |
sie seien die größten Treibhausgasemittenten und trügen die größte | |
Verantwortung, hätten aber auch die meisten Kapazitäten. | |
Die Präsidentin der Marshallinseln, Hilda Heine, betonte ebenfalls die | |
Verantwortung der reichen Staaten. Die Marshallinseln sind existenziell | |
vom Meeresspiegelanstieg bedroht, der durch die Erderhitzung ausgelöst | |
wird. „Es ist ein Irrglaube, dass die kurzfristigen Interessen der reichen | |
Länder die Zerstörung auf ihrer Türschwelle wert sind“, sagte die | |
Politikerin auf der Bühne. „Wer hier ist, [2][um zu verhindern und zu | |
verlangsamen], ist kein Freund von Inseln wie meiner.“ | |
## Großbritannien hat ein ehrgeiziges Klimaziel verkündet | |
Der britische Premierminister Keir Starmer kündigte in seiner Rede an, dass | |
Großbritannien seine Emissionen im Vergleich mit 1990 bis 2035 um 81 | |
Prozent reduzieren würde. Damit hat Großbritannien eines der ehrgeizigsten | |
Klimaziele der Welt, das sogar von Greenpeace gelobt wurde. „Wir fordern | |
alle Regierungen auf, mit ambitionierten Klimazielen nachzuziehen“, sagte | |
Starmer. | |
Ilham Alijew, Präsident [3][des Gastgeberlandes Aserbaidschan], nannte im | |
Vorhinein der offiziellen Reden fossile Brennstoffe wie Öl und Gas „ein | |
Geschenk Gottes“, das die rohstoffreichen Staaten nutzen und verkaufen | |
dürften. Allerdings: Um die Erderhitzung deutlich unter 2 Grad zu halten, | |
wie im Pariser Abkommen von allen Ländern der Welt vereinbart, muss ein | |
Großteil der verbleibenden Öl-, Gas- und Kohlevorkommen im Boden bleiben. | |
Dass einige Regierungen beim Klimaschutz zögern und bremsen, kritisierte | |
Spaniens Premierminister Pedro Sánchez in seiner Rede. „Die Bedrohung durch | |
den Klimawandel ist offensichtlich“, sagte er. In Spanien hatte Starkregen, | |
wie er durch die Erderhitzung wahrscheinlicher wird, zu starken | |
Überflutungen geführt. 220 Menschen starben. | |
Am Rande der Klimakonferenz stellte die Internationale | |
Kryosphären-Klimainitiative ihren Bericht zum Zustand des Eises und des | |
Schnees auf der Erde vor. Die Wissenschaftler*innen warnen, dass jede | |
Erderhitzung über 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau sehr | |
gefährlich sei, weil das Risiko von Kipppunkten dadurch wahrscheinlicher | |
werde. Kipppunkte bezeichnen Prozesse des Erdsystems, die, einmal | |
eingetreten, nicht aufzuhalten und auch nicht zu revidieren sind. | |
## Flüchtende leiden besonders unter dem Klimawandel | |
Bei über 1,5 Grad Erderhitzung sind den Forscher*innen zufolge die | |
Eisdecken in Antarktis und Arktis bedroht, viele Gletscher sowie die | |
Nordatlantische Umwälzströmung, zu der auch der Golfstrom gehört. Dadurch | |
könne der Meeresspiegel so weit ansteigen, dass eine Anpassung in | |
Küstenregionen unrealistisch wird. | |
Beim tauenden Permafrost und der Versauerung der Meere gibt es keinen | |
Kipppunkt. Die Wissenschaftler*innen schreiben, der Permafrost werde | |
aber mit steigender Erderhitzung immer mehr CO2 emittieren und die | |
Polarmeere immer saurer werden, wenn die Treibhausgasemissionen nicht | |
sinken. Durch die Versauerung der Meere ließen sich bereits jetzt Schäden | |
an Meereslebewesen mit Schalen beobachten. | |
Das UN-Flüchtlingshilfswerk veröffentlichte in Baku seinen Bericht zum | |
Zusammenhang zwischen Flucht und dem Klimawandel. 90 der 120 Millionen | |
Flüchtenden leben in Ländern, die stark oder extrem stark betroffen sind | |
von den Folgen der Erderhitzung. In den vergangenen zehn Jahren haben | |
Extremwetterereignisse, die häufig vom Klimawandel verstärkt werden, 220 | |
Millionen Menschen zur Flucht innerhalb ihres Herkunftslandes gezwungen, | |
schreiben die Autor*innen. | |
Ende 2023 kamen dem Hilfswerk zufolge 70 Prozent der Flüchtenden und | |
Asylsuchenden aus Ländern, die sehr anfällig für die Auswirkungen der | |
Erderhitzung sind. Diese Länder können sich aufgrund interner Instabilität | |
und fehlenden Geldes kaum an die Folgen des Klimawandels anpassen. | |
12 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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