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# taz.de -- Warnstreiks bei der Deutschen Post: Auftakt eines harten Arbeitskam…
> Nach zwei ergebnislosen Tarifverhandlungsrunden erhöht Verdi den Druck
> auf den Postkonzern. Die Gewerkschaft fordert viel – und kann viel
> verlieren.
Bild: Verdi-Warnstreik: Alle Räder stehen still – nicht nur am Zustellstütz…
Bislang folgt der Tarifkonflikt bei der Deutschen Post den gewohnten
Ritualen. Nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden, die sich darauf
beschränkten, dass die Gewerkschaft etwas fordert, was die Arbeitgeberseite
brüsk ablehnt, gibt es [1][erstmal einen kräftigen Warnstreik]. Und in der
dritten Runde wird dann endlich ernsthaft verhandelt. So war es bisher
stets. Es ist eine seit langem eingeübte enervierende Praxis.
Warum geht es nicht anders? Verdi hat schließlich [2][bereits Mitte
November] vergangenen Jahres die Tarifforderung für die rund 160.000
Postbeschäftigten gestellt. Die Konzernführung hätte also genug Zeit
gehabt, um vor dem jetzigen temporären Ausstand ein eigenes
verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Stattdessen spielt sie lieber die
üblichen Spielchen.
Wenn der Postvorstand nun Krokodilstränen vergießt, die Verdi-Warnstreiks
seien doch „unnötig, da sie letztlich nur zu Lasten unserer Kundinnen und
Kunden gehen“ würden, ist das wohlfeil und unredlich. Er trägt die
Verantwortung dafür, dass unzählige Briefe und Pakete erst mit tagelanger
Verzögerung ihr Ziel erreichen werden. Es ist ganz einfach: Wenn sich die
Arbeitgeberseite nicht bewegt, zwingt das die Arbeitnehmerseite, ihre
Muskeln spielen zu lassen.
Die wirklich spannende Frage ist allerdings, was daraus folgt. Denn einiges
spricht dafür, dass es diesmal nicht bei den üblichen Ritualen bleiben
wird: Es fehlt die Vorstellungskraft, wie in der dritten Verhandlungsrunde
am 8. und 9. Februar eine Einigung erreicht werden könnte. Das
Arbeitgeberangebot dürfte vielmehr so deutlich unter der Verdi-Forderung
bleiben, dass eine Annäherung nur sehr schwer denkbar erscheint.
## Verdi in Bringschuld
Mit ihrer auf den ersten Blick aberwitzig klingenden Forderung nach einer
Lohnsteigerung für die Postbeschäftigten von 15 Prozent liegt Verdi
deutlich über dem Anspruch eines Inflationsausgleiches, [3][der ansonsten
für die Gewerkschaften im Zentrum der Tarifauseinandersetzungen in diesem
Jahr steht]. Gleichwohl macht das die Forderung nicht falsch, sie ist
vielmehr durchaus gut begründet.
Immerhin ist die Deutsche Post eine klassische Krisengewinnerin, die
während der Coronapandemie massiv ihren Umsatz und ihre Gewinnmargen
steigern konnte. Das sieht in etlichen anderen Branchen anders aus. Zudem
wurden die Milliardengewinne des DAX-Konzerns in den vergangenen beiden
Jahren auch dadurch befördert, dass der letzte Tarifabschluss im Herbst
2020 ein äußerst bescheidener war.
Verdi steht bei den Beschäftigten in einer Bringschuld, es diesmal besser
zu machen. Schließlich handelt es sich hier nicht um Gutverdiener:innen,
wie den Vorstandsvorsitzenden Frank Appel, der bei einem Jahressalär von
rund 10 Millionen Euro eher weniger Probleme mit steigenden
Lebenshaltungskosten hat: 140.000 der 160.000 Post-Mitarbeiter:innen
erhalten ein Monatsgrundentgelt zwischen 2.108 und 3.090 Euro brutto. Die
Verdi-Forderung ist daher nicht verkehrt, aber sie ist riskant.
Die Erwartungshaltung der Beschäftigten ist hoch. Sie zu erfüllen, wird
jedoch schwer werden. Obwohl das vergangene Jahr das erfolgreichste in der
Unternehmensgeschichte war, ist bislang nicht zu erkennen, dass der
Postvorstand bereit ist, die eigenen hohen Renditeziele signifikant
zugunsten der Beschäftigten zurückzuschrauben. [4][]
[5][In der Vergangenheit] hat die Konzernführung um den
Vorstandsvorsitzenden Appel jedenfalls kaum Zweifel daran gelassen, dass
für sie Aktionärsinteressen und eigene Boni Vorrang haben. So dürften die
derzeitigen Warnstreiks nur ein kleiner Auftakt für einen weitaus härteren
Arbeitskampf sein. Noch ist jedoch nicht absehbar, wie kampffähig und
-willig Verdi tatsächlich ist. Wie weit reicht der Atem? Die Gefahr für
Verdi, ihre Mitglieder zu enttäuschen, ist groß.
20 Jan 2023
## LINKS
[1] /Arbeitskampf-in-Brief--und-Paketzentren/!5910056
[2] https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++f1c42edc-699a-11ed-bce…
[3] /Tarifauseinandersetzungen-2023/!5905820
[4] /Kommentar-Post-Streik/!5209956
[5] /Kommentar-Post-Streik/!5209956
## AUTOREN
Pascal Beucker
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